Die Feuer des Himmels
wird«, sagte Morvrin. Sie ließ den Ring auf ihrer Handfläche auf- und abhüpfen und tastete gleichzeitig nach den anderen Ter'Angreal auf ihrem Schoß. Diese Frau würde ohne Beweis nicht einmal glauben, daß der Himmel blau sei.
Sheriam nickte. »Ja. Das wird Eure erste Aufgabe sein, Elayne, Nynaeve. Ihr werdet eine Gelegenheit bekommen, Aes Sedai in ihrem Gebrauch zu unterweisen.«
Nynaeve knickste und fletschte die Zähne. Sie konnten es ja als Lächeln betrachten, wenn es ihnen gefiel. Sie unterweisen? Ja, und hinterher würden sie den Ring oder die anderen niemals mehr zurückbekommen. Elaynes Knicks fiel noch dürftiger aus, und ihr Gesicht war wie eine kühle Maske. Ihr Blick wanderte beinahe sehnsuchtsvoll zu diesem idiotischen A'dam hinüber.
»Die Kreditbriefe sind nützlich«, sagte Carlinya. Bei aller für die Weißen Ajah typischen Kühle und Logik zeigte sich doch an der Art, wie sie knapp und abgehackt sprach, eine gewisse Nervosität. »Gareth Bryne verlangt mehr Gold, als wir besitzen, aber damit könnten wir fast alles auftreiben, um ihn zufriedenzustellen.«
»Ja«, pflichtete Sheriam ihr bei. »Und wir müssen auch das meiste an Bargeld zurückbehalten. Es gibt zu viele hungrige Mäuler zu stopfen und von Tag zu Tag - hier wie anderswo - mehr Menschen zu bekleiden.«
Elayne nickte gnädig und tat so, als wollten sie das Geld auf keinen Fall zurückhaben, was immer Sheriam auch sagte. Nynaeve wartete ab, was noch kommen würde. Gold und Kreditbriefe und sogar die Ter'Angreal waren nur ein Teil des Ganzen.
»Was alles andere angeht«, fuhr Sheriam fort, »sind wir uns einig, daß Ihr die Burg auf Befehl verlassen habt, wenn es auch falsch war, und dafür kann man Euch nicht zur Rechenschaft ziehen. Jetzt, da Ihr euch wieder bei uns und in Sicherheit befindet, werdet Ihr eure Studien wieder aufnehmen.«
Nynaeve atmete ganz langsam aus, nachdem sie die Luft angehalten hatte. Sie hatte nichts anderes erwartet, seit ihr Verhör begonnen hatte. Nicht, daß es ihr paßte, aber ausnahmsweise einmal würde niemand in der Lage sein, ihr vorzuwerfen, sie könne sich nicht beherrschen. Nicht jetzt, wo ihr das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht helfen könnte.
Elayne allerdings platzte mit einem scharfen: »Aber...!« heraus, was Sheriam jedoch sofort mit gleicher Schärfe unterband.
»Ihr werdet Eure Studien wieder aufnehmen. Ihr seid wohl beide sehr stark, aber eben noch keine Aes Sedai.« Diese grünen Augen hielten sie fest, bis sie sicher war, voll und ganz verstanden worden zu sein, und dann sprach sie mit milderer Stimme weiter. Milder, doch fest und energisch. »Ihr seid zu uns zurückgekehrt, und auch wenn Salidar nicht die Weiße Burg ist, sollt Ihr es dennoch als solche betrachten. Ihr habt uns in der letzten Stunde sehr viel berichtet, und es ist klar, daß Ihr noch um ein Beträchtliches mehr zu berichten habt.« Nynaeve stockte der Atem, doch Sheriams Blick wanderte zu dem A'dam zurück. »Wie schade, daß Ihr diese Seanchanfrau nicht mitgebracht habt. Das hättet Ihr wirklich tun sollen.« Aus irgendeinem Grund lief Elayne puterrot an und wirkte ärgerlich zugleich. Was sie selbst betraf, war Nynaeve nur deshalb erleichtert, weil die Frau lediglich von der Seanchan gesprochen hatte. »Aber man kann Aufgenommenen nicht vorwerfen, daß sie noch nicht wie Aes Sedai denken«, fuhr Sheriam fort. »Siuan und Leane werden ebenfalls viele Fragen an Euch haben. Ihr werdet mit ihnen zusammenarbeiten und alles nach bestem Wissen beantworten. Ich denke, ich muß Euch nicht daran erinnern, daß Ihr ihren augenblicklichen Zustand nicht ausnützt. Einige Aufgenommene und sogar ein paar Novizinnen wollten sie für die Ereignisse verantwortlich machen und sogar eigenhändig bestrafen.« Aus dem milden Tonfall wurde blanker Stahl. »Diese jungen Frauen tun sich jetzt selbst sehr, sehr leid. Muß ich noch mehr hinzufügen?«
Nynaeve hatte es keineswegs eiliger als Elayne, ihr zu versichern, daß sie nichts hinzufügen müsse, und das hieß, sie überschlugen sich beinahe, um ihre Beteuerungen schnell herauszubekommen. Nynaeve hatte erst gar nicht daran gedacht, Schuldzuweisungen vorzunehmen, denn ihrer Meinung nach lag die Schuld für alles sowieso bei allen Aes Sedai, aber sie wollte auch nicht, daß Sheriam böse auf sie war. Als ihr das selbst klar wurde, stieß ihr die Wirklichkeit sauer auf: Die Tage ihrer Freiheit waren wohl endgültig vorüber.
»Gut, nun mögt Ihr die Juwelen an Euch nehmen,
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