Die Feuer des Himmels
müssen. Allerdings hatten die Andoraner das eine Ufer des Alguenya bis weit jenseits der Stadt besetzt. So, wie sich sein Glück in letzter Zeit entwickelt hatte, würde das Schiff vermutlich am westlichen Ufer direkt vor der Nase des halben andoranischen Heeres auf Grund laufen.
So blieb nur übrig, das zu tun, was Rand wollte. Das wurde ihm immer klarer.
»Guten Morgen, Hochlord Weiramon und all ihr anderen Hochlords und Ladies. Ich bin ein Spieler, ein Bauernjunge, und ich bin hier, um das Kommando Eures verdammten Heeres zu übernehmen! Der verfluchte Wiedergeborene Drache wird zu uns kommen, sobald er sich um eine idiotische kleine Angelegenheit gekümmert hat!«
Er schnappte sich den Speer mit dem schwarzen Schaft aus einer Ecke und schleuderte ihn der Länge nach durch den Raum. Er durchschlug einen Wandbehang mit einer Jagdszene und krachte wuchtig und dumpf gegen die Steinwand dahinter. Dann fiel er zu Boden. Die Jäger auf dem Gobelin hatte er ganz sauber entzweigeschnitten. Fluchend eilte er hin, um ihn wieder aufzuheben. Die zwei Fuß lange Schwertklinge war weder gesprungen, noch wies sie auch nur eine Scharte auf. Natürlich nicht. Sie war ja ein Werk von Aes Sedai.
Er tastete nach den Raben auf der Klinge. »Werde ich jemals ganz von allen Werken der Aes Sedai befreit sein?«
»Wie war das?« fragte Melindhra von der Tür her.
Er musterte sie, während er den Speer an die Wand lehnte, und zur Abwechslung einmal war es weder ihr wie gesponnenes Gold wirkendes Haar, noch die klaren, blauen Augen oder der feste Körper, an die er dabei dachte. Wie es schien, wanderte jeder Aiel früher oder später zum Fluß hinunter und blickte schweigend auf diese große Wasserfläche. Doch Melindhra ging so ungefähr jeden Tag hin. »Hat Kadere bereits Schiffe aufgetrieben?« Kadere würde wohl kaum auf Getreidekähnen nach Tar Valon fahren.
»Die Wagen des Händlers stehen noch immer da. Ich weiß nichts von ... Schiffen.« Sie sprach dieses für sie fremdartige Wort ungeschickt aus. »Warum willst du das wissen?«
»Ich gehe eine Zeitlang fort. Im Auftrag Rands«, fügte er hastig hinzu. Ihr Gesicht wirkte allzu unbewegt. »Ich würde dich mitnehmen, wenn es ginge, aber du verläßt ja wohl die Töchter des Speers nicht.« Ein Schiff, oder sein eigenes Pferd? Und wohin? Das war die Frage. Er konnte Tear auf einem schnellen Flußschiff eher erreichen als auf Pips. Falls er wirklich ein solcher Narr war und sich dafür entschied. Falls er überhaupt eine Wahl hatte.
Melindhras Mundpartie spannte sich kurz an. Zu seiner Überraschung allerdings nicht, weil er weggehen würde. »Also schlüpfst du zurück in den Schatten Rand al'Thors. Du hast soviel Ehre für dich selbst gewonnen, sowohl unter den Aiel wie unter den Feuchtländern. Deine Ehre, und nicht die des Car'a'carn, die auf dich zurückfiele.«
»Er kann seine Ehre behalten und nach Caemlyn oder auch zum Krater des Verderbens mitschleppen, was mich betrifft. Mach dir nur keine Sorgen. Ich werde eine ganze Menge Ehre gewinnen. Ich werde dir schreiben und berichten. Von Tear aus.« Tear? Wenn er sich dafür entschied, würde er Rand oder den Aes Sedai niemals entkommen.
»Er geht nach Caemlyn?«
Mat unterdrückte ein Stöhnen. Er hätte doch darüber absolut nichts sagen dürfen. Wie er sich auch ansonsten entschied, wenigstens das konnte er zurechtbiegen. »Nur einfach der erste Name, der mir einfiel. Wegen dieser Andoraner im Süden, schätze ich. Ich habe keine Ahnung, wohin er... «
Es kam ohne Vorwarnung. Im einen Augenblick stand sie einfach da, und im nächsten traf ihr Fuß ihn in die Magengrube. Er schnappte nach Luft und krümmte sich vor Schmerz. Mit herausquellenden Augen quälte er sich ab, versuchte, auf den Beinen zu bleiben, sich aufzurichten, klar zu denken. Warum? Sie wirbelte nach rückwärts wie eine Tänzerin und knallte ihm aus der Bewegung heraus den anderen Fuß an die Seite seines Kopfes, so daß er zurücktaumelte. Ohne innezuhalten sprang sie fast senkrecht empor und trat aus. Die weiche Sohle ihres Stiefels traf ihn voll ins Gesicht.
Als seine Augen wieder funktionierten, lag er den halben Raum von ihr entfernt auf dem Rücken am Fußboden. Er spürte, wie Blut über sein Gesicht rann. Sein Kopf schien mit Wolle ausgestopft, und der Raum schien zu schwanken. In dem Moment sah er, wie sie ein Messer aus ihrer Gürteltasche zog, eine schmale Klinge, nicht viel länger als ihre Hand, die im Schein der Lampen glänzte. Mit
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