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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Kathedrale, sondern in San Tomás, wo …«
    Er brach ab und errötete bis unter die Haarwurzeln. Anne hatte den Eindruck, dass er beinahe ein Geheimnis ausgeplaudert hätte.
    Dabei dürfte es doch auch ihm nicht entgangen sein, dass die ganze Stadt über die unterirdischen Kerker und Folterkammern Bescheid wusste.
    »Gut«, sagte sie und nickte. »Also heute Abend. Ich erwarte dich in der Kathedrale vor der Muttergottes.«
    In entgegengesetzte Richtungen gingen sie davon. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie ihn am Ende des Gesprächs vertraulich geduzt und dass er auch dagegen keine Einwände erhoben hatte. Keinen Gedanken verschwendete sie jedoch auf die Frage, ob er ihr wohl – ähnlich wie damals in der Grabeskirche – eine Falle stellen wollte.
    Die Sonne war als blutroter Ball untergegangen, und ihr war, wie in südlichen Ländern üblich, fast augenblicklich die Dunkelheit gefolgt. Anne betrat die Mezquita, die ehemalige Moschee , in deren Mitte die Kathedrale errichtet worden war, durch einen Seiteneingang. Bei Tage, wenn das Licht durch die zahllosen Fenster im Deckengewölbe des imposanten Gebäudes fiel, sahen die unzähligen Säulen aus wie Palmen, die aus dem fruchtbaren Boden einer Oase emporwuchsen, um zur Verherrlichung Allahs bis in alle Ewigkeit das Dach zu tragen. Doch jetzt, nach Einbruch der Dunkelheit, war es finster in der Moschee. Nur vereinzelt waren an einigen Säulen Halter angebracht, in denen brennende Fackeln steckten. Anne war unbehaglich zumute. Hinter jeder der zahllosen Säulen konnte ein Häscher der Inquisition auf sie lauern. Doch bevor der Mut sie verlassen wollte, ging sie weiter. Einen Vorteil hatte das düstere Zwielicht. Die Kathedrale, ein Bau von geringem architektonischen Wert, der mitten zwischen die zierlichen Säulen und prachtvollen Bögen gesetzt worden war, als hätte man in das Herz der Moschee einen tödlichen Speer gerammt, war ebenfalls kaum sichtbar.
    Auf Zehenspitzen schlich Anne von Säule zu Säule, bis sie die Kathedrale erreicht hatte. Sie betrat die Kirche, tauchte ihre Hand in das Weihwasserbecken und bekreuzigte sich. Dank der zahlreichen brennenden Opferkerzen vor den Seitenaltären und den Statuen diverser Heiliger herrschte hier ein sanftes Dämmerlicht, sodass Anne ohne Schwierigkeiten ihren Weg zur Statue der Muttergottes finden konnte. Sie hatte schon oft mit dem Gefolge des Kaisers den Gottesdienst hier besucht, auch wenn Karl V., wie er immer wieder betonte , »die Kathedrale nur mit schlechtem Gewissen« betreten konnte. Offenbar hatte ihn vor etlichen Jahren der damalige Bischof um die Genehmigung zum Bau der Kathedrale in der ehemaligen Moschee gebeten. Er hatte – trotz der vehementen Einsprüche des Stadtrats – seine Zustimmung erteilt, ohne sich die Gegebenheiten vor Ort anzusehen. Als ihn nun der Bischof von Córdoba das erste Mal nach seiner Ankunft hierher gebracht und ihm voller Stolz die Kathedrale gezeigt hatte, hatte den armen Karl V. fast der Schlag getroffen. »Für solche Sünden muss man gewiss in der Hölle schmoren«, sagte er jedes Mal zu Anne, wenn sie zusammen zur Messe gingen. »Ich werde bis ans Ende meiner Tage Buße tun müssen , um diese Schuld abzutragen. Nie, niemals hätte ich meine Erlaubnis gegeben, wenn ich das gewusst hätte. Diese einfältigen Narren haben etwas Einmaliges zerstört und es durch etwas ersetzt, was man überall sehen kann.«
    Sie ging durch die menschenleere Kirche zur Statue der Muttergottes. Wie immer brannten hier besonders viele Kerzen, und Anne fügte eine weitere hinzu. Bei dem, was sie vorhatte , konnte himmlischer Beistand nicht schaden. Sie kniete nieder und betete, als sie plötzlich leise Schritte und das Rascheln von Kleidern hörte. Sie wandte leicht den Kopf und sah eine Gestalt näher huschen. Sie war dunkel gekleidet. Annes Herz klopfte schneller. Das Gewand der Dominikaner war hell. Sollte Stefano ihr etwa doch eine Falle gestellt haben ? Aber noch bevor sie sich rühren und hinter einer Säule verstecken konnte, war die Gestalt auch schon bei ihr. Sie kniete neben ihr nieder, faltete die Hände zum Gebet, und im Schein der Kerzen erkannte sie Stefanos Gesicht unter der weiten Kapuze. Sie wartete noch ein paar Minuten, um ihm Gelegenheit zu geben, sein Gebet zu beenden, dann sprach sie ihn an.
    »Ich danke Euch, dass Ihr gekommen seid, Pater«, flüsterte sie ihm zu.
    Er schlug die Kapuze zurück und lächelte leicht. »Nennt mich ruhig weiter Stefano«, erwiderte er.

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