Die Feuer von Córdoba
Eurem untertänigen Diener …«
»Nur unter der Bedingung, dass Er endlich sagt, weshalb Er mich gestört hat.«
Der Diener war so verblüfft, dass er sich aufrichtete. »Wie meinen, Sire?«
»Ich vergebe Ihm«, sagte Karl V., »aber komm Er endlich zur Sache.«
»Gewiss, Majestät, bitte um Vergebung.« Wieder verbeugte sich der Diener, und Karl V. verdrehte die Augen. »Ein Bote wartet. Er bringt Nachricht vom Inquisitor.«
Karl V. legte den Kopf in den Nacken und blickte zur Decke , als würde er ein Stoßgebet zum Himmel schicken. Dann sah er den Diener wieder an und nickte. »Gut, ich bin gewillt, ihn zu empfangen.«
Unter zahllosen Verbeugungen entfernte sich der Lakai. Karl V. wandte sich Anne zu. Er wirkte besorgt.
»Was kann der Inquisitor jetzt schon wieder wollen? Vielleicht …« Er brach ab, denn die Tür öffnete sich, und herein trat ein Mönch in der Ordenskleidung der Dominikaner. Als Anne ihn sah, erstarrte sie vor Schreck.
»Der Friede des Herrn sei mit Euch, Eure Majestät!«, sagte der Mönch und verneigte sich leicht vor dem Kaiser.
»Amen. Mit Euch ebenso, Pater Stefano«, erwiderte Karl V. Seinem Gesicht war deutlich die Anspannung anzusehen. »Man hatte mir einen gewöhnlichen Boten avisiert. Dass der Gehilfe Seiner Exzellenz des Inquisitors von Córdoba selbst zu mir kommt, hat man mir schändlicherweise verschwiegen .« Der Mönch neigte seinen Kopf, um anzuzeigen, dass er deswegen keinen Groll hegte. »Der Grund für Euer Erscheinen muss allerdings wichtig sein, wenn Pater Giacomo Euch persönlich damit betraut.«
»In der Tat, Sire«, sagte Pater Stefano. »Es ist so wichtig, dass es keinerlei Aufschub duldet und wir jetzt sofort darüber sprechen und eine Entscheidung treffen müssen. Es geht um …«
»Nehmt doch bitte erst einmal Platz, Pater, sofern ein Gelübde es Euch nicht verbietet«, unterbrach ihn Karl V. und deutete auf einen der Stühle, die im Raum verstreut waren. »Im Sitzen spricht es sich leichter. Auch über ernste Angelegenheiten .«
Während Anne überlegte, ob Stefano wohl den sarkastischen Ton des Kaisers bemerkt hatte, konnte sie den Blick nicht von ihm abwenden. Es war unvorstellbar, dass dieser junge, schlanke, hochgewachsene Mann mit dem ausgeprägten Profil und den braunen Augen wirklich ihr Sohn war. Ihr Sohn Stefano! Der Klang seiner Stimme ließ eine Welle der Wärme und der Erinnerungen durch ihr Herz fluten. Es war die Stimme von Giuliano de Medici. Kein Wunder, dachte sie, er ist schließlich sein Vater.
Pater Stefano schaute sich nach den Stühlen um. Dabei fiel sein Blick zufällig auf Anne. Sie sah, wie er zusammenfuhr, als wäre er gestochen worden. Wie ein Kaninchen eine Schlange starrte er sie an, reglos, als wäre sie ein Geist, ein Bote aus einer anderen Welt. Sein Gesicht wurde bleich.
»Pater, so setzt Euch doch!«, forderte Karl V. ihn erneut auf. Gleichzeitig warf er Anne einen prüfenden Blick zu. Ihm war Stefanos Reaktion ebenfalls nicht entgangen. »Darf ich Euch Señora Anne vorstellen? Sie ist meine persönliche Schreiberin, Übersetzerin sowie Beraterin in den meisten Angelegenheiten meines Amtes. Ich hoffe, ihre Anwesenheit ist für Euch kein Hindernis, frei zu sprechen.«
»Nein, nein, keineswegs«, stammelte Stefano und setzte sich auf die äußerste Kante eines Stuhls, ohne Anne dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
»Nun, was führt Euch zu mir?«, fragte Karl V.
»Ich …« Stefano zwang sich, seinen Blick nun endlich von Anne abzuwenden und sich auf den Kaiser zu konzentrieren. »Verzeiht«, murmelte er und wischte sich kleine Schweißperlen von der Stirn. »Es geht um die Angeklagte Maddalena de la Cruz, die sich selbst Mutter Maddalena nennt. Sie wurde vor zehn Tagen in den Bergen festgenommen. Das Verhör ist nun abgeschlossen, wenigstens so gut wie beendet, und …« Er brach ab.
»Und?«
»Leider ohne Erfolg«, fuhr Stefano leise fort. »Es wurden …« Er schluckte, und Anne hatte den Eindruck, dass ihm Tränen in die Augen traten. »Es wurden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die der Inquisition zur Verfügung stehen, aber sie hat kein Geständnis abgelegt. Außerdem ließen sich bisher noch keine Zeugen auftreiben, die die Anklage bestätigen könnten.« Er fuhr sich durchs Haar, eine Bewegung, die Anne unwillkürlich an Giuliano erinnerte. »Vielleicht gibt es wirklich keine Zeugen, aber Pater Giacomo sagt, dass die Leute wahrscheinlich zu große Angst vor Mutter Maddalenas
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