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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Blätter vor sich. »Die Schrift ist vollständig. Hier steht alles genau beschrieben – welche Zutaten man braucht, wie man bei der Zubereitung vorzugehen hat bis hin zu den Auswirkungen des Öls. Natürlich müssen die Maße und Gewichte noch umgerechnet werden , aber auch das dürfte kein Problem sein. Es kostet eben nur ein bisschen Mühe.«
    »Was ist dann das Problem?« Anselmo ließ Cosimo nicht aus den Augen. Sein Gesicht war angespannt, und seine schlanken Hände umklammerten die Tischkante so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. »Ist es die Wirkung des Drachenöls?«
    Cosimo schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist eigentlich für den äußerlichen Gebrauch vorgesehen und vermag dann selbst schwerste Hauterkrankungen zu heilen. Eingenommen zeigt es keine Wirkung, es sei denn, der Konsument würde sich in einem durch künstliche Hilfsmittel herbeigeführten Zustand befinden. Dann stellt das Drachenöl innerhalb kurzer Zeit den natürlichen Zustand wieder her. So steht es hier.«
    »Das Drachenöl hebt also die Wirkung des Elixiers der Ewigkeit auf?«, fragte Anselmo. »Verstehe ich das richtig?«
    »Ja, das Elixier der Ewigkeit wird sogar besonders in diesem Zusammenhang erwähnt. Das Drachenöl ist das einzige Mittel, welches die lebensverlängernde Wirkung aufzuheben vermag, ohne dass es als Gift wirkt. Es führt einfach zu einem dem Alter entsprechenden natürlichen Tod.«
    »Und was um Himmels willen bereitet Euch dann noch Kopfzerbrechen, Cosimo? Das ist doch genau das, was Ihr wolltet. Mit dem Drachenöl werden wir Giacomo nicht vergiften . Es ist wie …« Er sah sich um auf der Suche nach einem passenden Vergleich. »Es ist, als ob man Tafelbesteck reinigen würde, damit es wieder glänzt. Wir werden unser Gewissen nicht mit einem Mord belasten. Wir stellen nur seinen ursprünglichen Zustand wieder her.«
    »Ja«, sagte Cosimo und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. »Du hast vollkommen Recht.«
    Anselmo schlug mit der Hand auf den Tisch. »Dann, bei allen Heiligen, sprecht doch endlich aus, was an der Sache nicht stimmt!«
    Cosimo schloss die Augen und holte tief Luft. »Wir werden das Drachenöl niemals herstellen können«, sagte er, und beim Klang seiner Stimme dachte Anne an einen Kelch aus Kristall, der gerade am Boden zerschellte. Für einen Augenblick glaubte sie, ihr Herz würde einfach aufhören zu schlagen . Anselmo wurde kreidebleich und begann zu zittern. Seine Lippen formten Worte, ohne dass auch nur ein Ton zu hören war.
    »Warum nicht?«, fragte Anne leise an seiner Stelle.
    »Allein die Liste der Zutaten ist eine Herausforderung, der wir nicht gewachsen sind«, erwiderte Cosimo so heftig, als würde er ihnen die Schuld dafür geben. Er ergriff eines der Blätter und klopfte mit dem Finger auf Zeilen und Worte, die Anne ohnehin nicht lesen konnte. »Ein zu Staub gemahlener Drachenzahn. Ein Stück von der Leber eines Wals. Ein Tropfen Schlangengift – nur um ein paar Beispiele zu nennen . Und dann wären da noch die Kräuter, die für das Drachenöl benötigt werden. Viele davon wachsen nicht hier, sondern in Frankreich, Italien oder in England. Selbst wenn wir diese Kräuter beschaffen könnten, würden wir sie wohl nur getrocknet oder als Pulver bekommen. Dabei werden einige von ihnen in frischem Zustand gebraucht. Und manche der hier erwähnten Pflanzen kenne ich nicht einmal.« Cosimo sprang auf und ging mit langen Schritten durch den Raum. »Und selbst wenn es uns gelingen sollte, die Zutaten zu beschaffen, wo um alles in der Welt sollen wir das Drachenöl herstellen? Die Prozedur ist langwierig und kompliziert . Viel komplizierter als die Herstellung des Elixiers der Ewigkeit. Vorsichtig geschätzt dauert sie etwa zwei Monate. Während dieser Zeit muss der Absud ständig überwacht werden, denn sobald auch nur eine Zutat nicht zum richtigen Zeitpunkt zugegeben wird oder zu lange kocht, ist das Ganze nicht mehr wert als ein Glas Kuhpisse.«
    Er trat gegen einen Schemel, der mit lautem Getöse umstürzte und quer durch den Raum schlitterte.
    »Cosimo, wir könnten es doch umschichtig überwachen. Wir sind zu dritt, jeder übernimmt eine Schicht und …«
    »Und wo sollen wir das machen, Anselmo? In deiner Küche ? Denk doch mal nach!« Cosimo schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Es handelt sich bei dem Drachenöl nicht um eine Suppe, die wir in einem deiner Töpfe anrühren könnten. Wir brauchen spezielle Gerätschaften, Glaskolben,

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