Die Feuer von Córdoba
Grundstück befinden sich mehrere alte Zisternen, in denen während des Frühlings das Regenwasser gesammelt wird. Von einer von ihnen führt ein Geheimgang direkt in die Berge. So konnte ich fliehen. Ich weiß nicht genau , was mit meinen Eltern und Geschwistern geschehen ist, aber ich bin mir sicher, dass sie alle tot sind.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Mutter Maddalena hat mich ein paar Tage später in den Bergen gefunden und sich meiner angenommen. Sie hat ein gutes Herz.«
»Ja, Mutter Maddalena ist eine bemerkenswerte Frau. Ihr solltet sie kennen lernen, Señora Anne. Seit ihrer Flucht lebt Teresa bei ihr und ihren Nonnen in der Einsiedelei. Sie ist etwa eine Wegstunde entfernt. Von unserem Hof aus kann man die Kirche zwischen den Bäumen erkennen«, sagte Anselmo und küsste liebevoll Teresas Haar. »Täglich danke ich Gott für diesen geheimen Gang, der dir die Flucht ermöglicht hat.«
»Wer hat ihn denn angelegt?«, fragte Anne.
»Mein Urgroßvater«, antwortete Teresa und wischte sich mit einem Zipfel ihres Kleides die Tränen aus den Augenwinkeln . »Er war ebenfalls Apotheker wie mein Vater und ein großer Gelehrter noch dazu. Vor vielen, vielen Jahren wurden die Zeiten für uns Morisken schlecht. Damals lebte ein Großinquisitor – seinen Namen habe ich vergessen …«
»Torquemada«, unterbrach Anselmo sie. Er biss die Zähne zusammen und seine Augen wurden schmal. Seine Stimme zitterte vor unterdrücktem Zorn. »Sein Name war Tomás de Torquemada. Er war gewiss eine der abscheulichsten Gestalten , die dieses Land je hervorgebracht hat.«
Teresa nickte. »Ja, den meine ich. Dieser Mann mochte Menschen wie uns nicht, Menschen maurischer Abstammung . Deshalb legte mein Urgroßvater den geheimen Gang an. Er wollte sich und seine Familie in Sicherheit bringen können, falls die Inquisition eines Tages auch an seine Tür klopfen würde. Und mein Urgroßvater schaffte auch seine Gerätschaften, seine Bücher und alle Ingredienzien, die er für seine Forschungen brauchte, fort. Er wollte diesem Torquemada keinen Grund geben, ihn der Ketzerei anzuklagen. Er brachte sie durch den Gang in eine tief im Inneren der Berge verborgene Höhle und legte sich dort ein Labor an, in dem er ungestört weiterarbeiten konnte.«
»Ein Labor?« Annes Herz machte vor Aufregung einen Sprung. »Existiert dieses Labor noch?«
»Ja«, antwortete Teresa. »Mein Vater hat dort oft gearbeitet , um ungestört neue Salben und Pulver für seine Apotheke zu erfinden. Er war immer sehr stolz darauf. Er sagte oft, dass es das beste Laboratorium im Umkreis von mehreren Tagesritten sei. Meine Mutter wusste davon natürlich nichts. Es hätte sie nur aufgeregt. Aber Vater sprach oft mit meinem Bruder darüber, nachts, wenn er glaubte, dass wir anderen alle schliefen.« Sie errötete. »Ich … ich habe ihm immer heimlich zugehört, wenn er meinen Bruder in der Kunst unterrichtete, Kräuter und andere Ingredienzien zu erkennen, Salben herzustellen und Pulver zu mischen. Mein Vater hätte es bestimmt nicht gern gesehen, dass ich mich so sehr für seine Arbeit interessierte. Das schickt sich nicht für ein Mädchen.«
»Und was ist mit dem Labor geschehen, als deine Familie verschleppt wurde?«, fragte Anselmo. Äußerlich schien er ganz ruhig zu sein, doch Anne ahnte, dass es in seinem Inneren ganz anders aussah. »Haben es die Häscher des Inquisitors zerstört?«
Teresa schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie, »sie haben es ebenso wenig gefunden wie den Geheimgang. Sie haben nicht einmal danach gesucht. Wahrscheinlich wissen sie gar nicht, dass es existiert.«
Anselmo schloss die Augen und schluckte.
»Woher weißt du, dass die Inquisition das Labor nicht doch gefunden hat?«, fragte Anne. Sie wollte erst sichergehen , bevor sie sich zu freuen begann. »Seither sind einige Wochen verstrichen. Sie hatten viel Zeit, um danach zu suchen. Die Folter hat schon so manchen …«
Bei diesen Worten riss sich Teresa von Anselmo los und stürmte auf Anne zu.
»Wenn Ihr damit andeuten wollt, mein Vater hätte das Labor an die Inquisition verraten, so täuscht Ihr Euch!« Ihre Augen funkelten vor Empörung, und ihr Atem ging schnell. Wieder fiel Anne auf, wie schön das Mädchen war, selbst jetzt, mit zornig gerunzelten Augenbrauen. »Ihr habt kein Recht, über meinen Vater zu urteilen, denn Ihr kanntet ihn nicht. Er war ein ehrenwerter Mann. Sowohl er als auch mein Bruder hätten dieses Geheimnis nie preisgegeben. Niemals!
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