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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Witwe, deren Trauer anscheinend noch frisch war, denn Stefano hörte ihr herzzerreißendes Schluchzen, während sie vor der Statue der Muttergottes niederkniete; vier oder fünf Männer , in warme Mäntel aus teuren Tuchen gehüllt. Vielleicht waren es Kaufleute, die auf einen erfolgreichen Geschäftsabschluss hofften, oder Handwerker, die um Gottes Segen bitten wollten, bevor sie ihr Tagewerk begannen. Und natürlich waren da die Bettler. Etwa ein halbes Dutzend schmutziger, zerlumpter Gestalten, die sich wie jeden Morgen im hinteren Teil der Kirche aneinander kauerten, teils, um sich während des Gottesdienstes aufzuwärmen, teils, weil sie von den anderen Gläubigen nach der Messe Almosen erwarteten.
    Die Glocken verstummten. In den nächsten Augenblicken sollte die Messe beginnen. Stefanos Hände wurden feucht vor Aufregung. Was sollte er jetzt tun? Sollte er noch warten? Die Gläubigen, die es gewohnt waren, dass der Priester erschien, sobald der letzte Glockenschlag verklungen war, würden gewiss unruhig werden. Aber er konnte doch nicht ohne Pater Giacomo beginnen.
    Noch während er hin und her überlegte, wurde die Tür aufgestoßen, und Pater Giacomo kam hereingestürmt. Sein hageres, vom Fasten gezeichnetes Gesicht war rot, und er keuchte, als wäre er gelaufen. Seine Augen aber schleuderten Blitze. Die Bibel und das Gefäß mit dem Weihwasser, die er in den Händen gehalten hatte, warf er zur Seite, sodass das Weihwasser quer durch die Sakristei spritzte.
    Stefano war zu entsetzt, um etwas zu sagen. War Pater Giacomo etwa in einen Kampf der Mächte verwickelt worden ? Kam er deshalb zu spät? Stumm nahm er ihm den Mantel ab und reichte ihm das Schultertuch, sodass er es sich nur noch umzulegen brauchte.
    »Ich war mit Pedro bei dem Goldschmied«, sagte Pater Giacomo, und seine Stimme klang, als hätte er Sand zwischen den Zähnen, während er sich die Albe überstreifte und den Strick um die Hüften band. »Stell dir vor, das Haus war leer! Dieses verfluchte Judenpack ist weg! Einfach fort!«
    Stefano sah ihn verwirrt an. »Pater, ich bitte um Vergebung , aber ich verstehe nicht …«
    Pater Giacomo riss ihm ungeduldig die Stola aus der Hand und legte sie sich um die Schultern.
    »Ich spreche natürlich von diesem Goldschmied und seiner Familie, die der Zauberei angeklagt werden sollten. Eigentlich hätte auch jeder andere sie abholen können, aber weil mir die Anklage so schwer wiegend und der Mann mitsamt seiner Brut so gefährlich erschien, wollte ich das lieber selbst erledigen. Vergeblich. Sie sind aus der Stadt verschwunden , ohne auch nur die geringste Spur zu hinterlassen.«
    »Aber wie ist das möglich? Glaubt Ihr etwa, dass … dass …« Er wagte es nicht, seine Gedanken auszusprechen. Zumindest nicht hier in der Sakristei. Stattdessen reichte er Pater Giacomo das Messgewand.
    »Du meinst, ob der Teufel sie beschützt und sie vor unseren Augen verborgen hat? Oder dass dieser Nichtsnutz auf einem Besen davongeritten ist?« Pater Giacomo lachte auf und zog sich das Messgewand über den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Natürlich wäre es diesem Gesindel niemals gelungen zu fliehen, wenn sie nicht Hilfe bekommen hätten. Allerdings denke ich nicht, dass es der Teufel war. Nein. Ich würde meine unsterbliche Seele darauf verwetten, dass diese Hilfe so irdisch und menschlich gewesen ist wie du und ich.«
    Stefano hielt bestürzt den Atem an. Der Zorn musste Pater Giacomo die Sinne getrübt haben, denn wie war es sonst zu erklären, dass er sich versündigte, indem er seine eigene Seele wie einen Einsatz beim Würfelspiel betrachtete?
    Doch Pater Giacomo schien es nicht einmal zu merken. Er knirschte vor Wut mit den Zähnen.
    »Dies ist schließlich nicht das erste Mal, dass es einem dieser Hurensöhne gelungen ist zu fliehen. Irgendjemand in dieser Stadt arbeitet gegen uns. Irgendjemand widersetzt sich den Anordnungen der heiligen Inquisition und somit dem Willen Gottes. Aber ich werde dafür sorgen, dass diesem Treiben ein Ende bereitet wird.«
    Er hatte sich fertig angekleidet. Angetan mit dem Messgewand , dem erhobenen Zeigefinger und den zornig funkelnden Augen hatte Pater Giacomo große Ähnlichkeit mit einem Racheengel.
    »Habt Ihr einen Verdacht, Pater, wer dahinterstecken könnte?«
    »Nein, aber es muss ein Mann mit Einfluss und Vermögen, vielleicht sogar mit Bildung sein. Vielleicht ist es ein Mann des Adels. Auf alle Fälle ist er ein Rattenfänger, wie er im Buche steht. Ich

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