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Die Feuer von Córdoba

Die Feuer von Córdoba

Titel: Die Feuer von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Aber wer war sie? War sie etwa auch eine Zigeunerin? Gehörte sie zu Bartolomé?
    »Kennt Ihr diese Frau?«, fragte er zögernd.
    »Ja.«
    »Wer ist sie?«
    Der Zigeuner neigte den Kopf zur Seite, seine Augen wurden schmal. Sein pockennarbiges Gesicht war undurchschaubar .
    »Sie hat Euch ihren Namen nicht genannt, also werde ich mich hüten, ihn Euch zu verraten. Aber seid gewiss, sie lügt nicht. Was auch immer sie Euch gesagt hat, Ihr tut gut daran, Euch an jedes ihrer Worte zu halten. Diese Frau hat Visionen. Sie spricht mit den Engeln. Und sie sieht in die Zukunft.«
    Juan lief ein Schauer über den Rücken. Er biss sich auf die Lippe, während er nachdachte. Sollte er wirklich mit Bartolomé über seine Sorgen und Befürchtungen reden? Was hast du denn zu verlieren?, fragte er sich. Dieser Zigeuner arbeitete mit Sicherheit nicht mit der Inquisition zusammen. Schlimmstenfalls erleichterte er ihn um seine Barschaft. Und wenn das sein Ansinnen gewesen wäre, hätte er es schon längst tun können. Also …
    »Ich möchte die Stadt verlassen«, sagte Juan und hob den Kopf. »Mit meiner Familie. So schnell wie möglich.«
    Bartolomé sah ihn an, und um seine Mundwinkel zuckte es. »Wenn es so schnell gehen soll, vermute ich, dass es nicht nur eine Frage Eures Wollens ist, Señor Martinez. Doch wenn ich Euch wirklich helfen soll, müsst Ihr mir schon die ganze Wahrheit sagen.«
    Juan wurde rot. Er hatte nicht die Absicht, sein ganzes Leben vor diesem Zigeuner auszubreiten, angefangen mit José und seiner Familie bis hin zu der Tatsache, dass er jüdischer Herkunft war und befürchtete, bald selbst ein Opfer der Inquisition zu werden. Nein, das ging zu weit.
    Bartolomé lachte leise, und dieses Lachen klang keineswegs freundlich.
    »Helfen soll ich Euch, aber vertrauen wollt Ihr mir nicht, Juan Martinez, Spross einer jüdischen Familie.«
    Juan schnappte nach Luft. »Woher … wer hat Euch das gesagt?«
    »Haltet Ihr mich wirklich für so dumm? Meint Ihr, ich hätte keine Ohren und wüsste nicht, was in der Stadt vor sich geht? Glaubt Ihr, ich wäre blind? O nein, mein Freund. Eure Herkunft steht Euch im Gesicht geschrieben, deutlich für jeden, der sich dafür interessiert. Ebenso deutlich wie mir meine.«
    Juan spürte, wie Zorn in ihm aufwallte. »Ihr wagt es, mich mit Euch zu vergleichen, Zigeuner?«
    »Warum nicht, Jude?«
    »Weil mein Volk das auserwählte Volk Gottes ist.«
    »Meines ebenfalls.«
    »Aber ich bin ein Christ.«
    »Ich auch.«
    Juan schüttelte wütend den Kopf. »Nein, Ihr seid kein Christ. Ihr seid ein Sünder wie alle Zigeuner. Ihr gebt euch mit Hexenkünsten und Zauberei ab. Und ihr seid Diebe, ihr stehlt und betrügt ehrbare Bürger.«
    Bartolomé hob eine Augenbraue und legte die Spitzen seiner Finger aneinander.
    »Es ist noch gar nicht lange her, da habe ich auf der Straße gehört, wie genau dieselben Worte über einen wohlhabenden Kaufmann gesagt wurden, der gerade sein Leben auf dem Scheiterhaufen ließ. Allerdings hörte ich außerdem noch die Worte Wucherer und Halsabschneider. Wenn ich mich recht erinnere, so war dieser Mann ein Jude.« Er lächelte. »Wie Ihr seht, mein Freund, sind wir uns doch recht ähnlich. Das Einzige , was uns zurzeit voneinander unterscheidet, ist eine winzige Kleinigkeit. Denn ich weiß, wie man den Häschern der Inquisition entkommen und unbemerkt die Stadt verlassen kann, und Ihr nicht.« Seine schwarzen Augen glitzerten mit den Juwelen an seinen Fingern um die Wette. »Ich fürchte, Sohn Isaaks und Jakobs, Ihr werdet Euch entscheiden müssen . Wollt Ihr Euch und Eure Familie der Gefahr aussetzen, in den Kellern der Inquisition zu verrotten und auf dem Scheiterhaufen gebraten zu werden? Oder wollt Ihr Euch doch lieber mit einem Zigeuner einlassen und Eure kostbare Haut retten?«
    Juan biss sich auf die Lippe, während er nach Alternativen suchte. Es hatte schon immer wilde Zeiten gegeben, in denen die Inquisition gewütet hatte. Doch sie waren immer wieder von Phasen des friedlichen Zusammenlebens abgelöst worden . Sollte er versuchen mit seiner Familie die jetzige Periode in Córdoba zu überstehen? Nein, das war viel zu gefährlich. Natürlich konnte er die Flucht auch auf eigene Faust planen. Aber er kannte sich mit diesen Dingen nicht aus und würde wahrscheinlich hunderte von Fehlern begehen, sodass die Häscher der Inquisition und die Wächter an den Stadttoren erst recht auf ihn und seine Familie aufmerksam würden. Und jemand anderen, an den er

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