Die Feuer von Eden
Bescheid wußte.
»Ich habe endlich meinen Freund erreicht — den Hubschrauberpiloten«, sagte Paul. »Wie ich schon vermutete, hat er den ganzen Tag über in Maui zu tun, aber er könnte gegen Sonnenuntergang rüberkommen und uns zum Vulkan fliegen.«
»Oh«, sagte Eleanor. »Gut.« Sie hatte den Ausflug zum Vulkan fast vergessen. Sie zögerte einen Moment. »Paul...«
»Ja?«
»Ich muß Sie um einen Gefallen bitten...« Sie verstummte, als wäre ihr die Bitte etwas peinlich.
Der Kurator für Kunst und Archäologie hob seine Hände, Handteller nach außen, und sagte: »Nachdem ich Ihnen einen solchen Schrecken versetzt habe, würde ich Ihnen jeden Gefallen tun. Was immer Sie wollen.«
»Ich würde gern einige ortsansässige kahuna besuchen«, sagte Eleanor. »Vorzugsweise welche, die mit Pele zu tun haben.«
Paul Kukali blieb stehen. Sein Lächeln erlosch. »Kahuna? Priester? Warum, Eleanor?«
Sie blieb ebenfalls stehen und sah ihn an. »Es sind persönliche Gründe. Aber es wäre mir sehr wichtig. Ich muß mit ihnen reden.«
Der Kurator lächelte wieder. »Überlegen Sie, vom Rationalismus zu konvertieren?«
Eleanor hob die Hand und hätte fast seinen Arm berührt. »Paul, ich weiß, daß es ein großer Gefallen ist, wo Sie mir doch sonst schon so geholfen haben... mir und Cordie... aber es würde mir wirklich viel bedeuten.« In der Stille beobachtete Eleanor, wie ihr eigenes Spiegelbild sie von Pauls Sonnenbrille aus ansah.
»Warum glauben Sie, ich würde kahuna kennen?« fragte Paul schließlich.
Eleanor kicherte. »Ich vermute, ich glaube, Sie würden Gott und die Welt kennen. Wenn Sie mir nicht weiterhelfen können, dann geht es eben nicht. Ich verstehe das. Es war die Frage wert.«
Paul seufzte. »Es gibt da welche... sie leben einige Meilen von hier entfernt... nach Süden hin, wo die Lavaströme fließen. Vielleicht sind sie schon vor der Eruption geflohen. Wann würden Sie gern hinfahren?«
Eleanor stemmte die Fäuste in die Hüften und grinste. »Sobald ich mich umgezogen habe.«
Cordie hätte Tante Kidders Tagebuch glatt in einem Rutsch durchlesen können, wenn das schreiende Kind sie nicht aus ihrer Versenkung gerissen hätte. Das Gebrüll kam vom Strand. Die Sicht wurde teilweise von Palmen und einer grasbewachsenen Böschung versperrt, aber Cordie konnte einen kleinen Jungen sehen — vielleicht sieben Jahre alt —, der schreiend am Strand auf und ab lief. Es schienen keine Erwachsenen in der Nähe zu sein. Cordie erinnerte sich vage daran, daß vor vielleicht einer halben Stunde zwei Kinder vorbeigekommen waren; das eine davon hatte eine Luftmatratze getragen, eins von den aufblasbaren Dingern, mit denen man im Swimmingpool herumdümpeln konnte.
Cordie steckte das Tagebuch in ihre Strohtasche, schob sich den Riemen der Tasche über die Schulter und hievte sich aus dem Liegestuhl. Das Geschrei des Kindes hatte nicht aufgehört, war, wenn überhaupt, noch lauter und durchdringender geworden. Cordie ging eilig zum Strand.
Der Junge kam auf sie zugelaufen, ganz verzweifelt, die kleinen Hände zu Fäusten geballt. Sein Gesicht war vom Schreien rot angelaufen und tränenüberströmt. Cordie sah sich kurz nach den Eltern oder einem Rettungsschwimmer um, entdeckte niemanden und packte das schreiende Kind an seinen Unterarmen. »Na, na«, sagte sie. »Beruhige dich, Kleiner.«
Das Kind plärrte weiter. Er deutete auf das gleißende Wasser der Lagune. »Mein Bru... Bru... Bruder«, stotterte er zwischen seinen Schluchzern. »Ich ha... hab ihm gesagt... er soll nicht so weit rauspaddeln.«
Cordie hielt sich die Hand über die Augen und spähte in die grelle Mittagssonne. Dort draußen war ein Junge auf der kleinen Luftmatratze. Das Kind hatte seine Knie auf der Matratze, so daß das Ding beinahe zusammenklappte und Kopf- und Fußende aus dem Wasser hochstanden. Er schien höchstens ein, zwei Jahre älter als sein Bruder und hatte eindeutig Todesangst. Vielleicht hatte er auch allen Grund dazu — die Luftmatratze war über hundert Meter weit hinausgetrieben und schien immer schneller auf das offene Meer zuzuhalten.
Cordie schaute sich auf dem Strand um. Es war nicht ein einziger anderer Hotelgast zu sehen, und der Turm der Strandwache war verlassen. Das gibt eine Klage, die sich gewaschen hat, wenn der Junge ertrinkt, schoß es ihr durch den Sinn. Sie konnte jemand hinter der Theke der Shipwreck-Bar ausmachen, aber die Bude war zu weit weg, um rüberzurufen, und der Barmixer stand mit
Weitere Kostenlose Bücher