Die Feuer von Eden
Pana-ewa hat Hi’iaka, Peles Schwester, mit seinem Nebelkörper überfallen.«
»Nun«, sagte Mr. Clemens und hielt lange genug in seiner Schilderung inne, um ein Schwefelhölzchen anzureißen und sich eine seiner Zigarren anzustecken, »die Gestalt, die ich heute nacht sah, hatte einen Körper aus Nebel. Wallender Nebel. Ich konnte den Lichtschein der hohen Gestalten durch diesen wallenden Nebel sehen. Und er war nicht allein. Im Gefolge, das ihn aus dem Meer begleitete, befand sich auch ein recht normal aussehender Mann — ein Eingeborener —, der eine Art Umhang um seine Schultern trug. Als die Ereignisse fortschritten, brachten jene am Strand unten einen blökenden Ziegenbock zu diesem Mann, der ihn zu dem Nebelwesen oben hochhob...«
»Pana-ewa!« hauchte Halemanu.
»Ja«, sagte Mr. Clemens und zog paffend an seiner Zigarre, um die Glut zu entfachen. »Nennen wir ihn Pana-ewa. Dieser bemäntelte Bursche reckte Pana-ewa den lebendigen Ziegenbock wie eine Opfergabe entgegen, dann streifte er seinen Umhang ab und hob sich den Ziegenbock auf seinen Rücken, wie ich es bei Schäfern gesehen habe, wenn sie ein Tier ihrer Herde tragen. Doch was als nächstes geschah...« Mr. Clemens hielt inne und räusperte sich, als würde ihn die Erinnerung übermannen.
»Das Blöken des Ziegenbocks wurde immer jämmerlicher, ganz schrecklich, und mit diesem verzweifelten Laut kam ein anderes Geräusch... ein Knacken und Reißen wie von Knochen und Muskeln. Und dann konnte ich, selbst von meinem entfernten Versteck aus, sehen, daß der Ziegenbock... verschwand.«
»Verschwand?« wiederholte Reverend Haymark. Der Geistliche hielt noch immer die kleine silberne Taschenflasche, die Mr. Clemens ihm zurückgegeben hatte.
»Verschwand«, bestätigte Mr. Clemens mit festerer Stimme und zog wieder an seiner Zigarre. »Er wurde verschluckt von irgendeiner Art... Schlund... am Rücken des Mannes. Ich konnte jetzt sehen, daß der gewebte Umhang einen großen Buckel verhüllt hatte, genau dort, wo das Rückgrat des Mannes hätte sein sollen, und auf diesem Buckel war... eine Öffnung.«
»Ein Maul«, sagte Halemanu leise. »Das ist Nanaue. Er ist Haimann. Manchmal er dienen Pana-ewa.«
Alle drei starrten wir das Kind an. Schließlich sagte Mr. Clemens: »Da waren noch andere im Gefolge... kleine Männer, verhutzelt und verwachsen in Antlitz wie Statur...«
»Eepas und kapuas «, sagte Halemanu. »Sie sehr heimtückisch. Sehr heimtückisch. Dienen auch Pana-ewa.«
Mr. Clemens nahm die Zigarre aus dem Mund, trat dichter an den Knaben und blickte ihn nachdenklich an. »Es war noch eine andere Gestalt aus dem Meer gekommen«, sagte er leise. »Ein Hund. Ein großer schwarzer Hund, der sich zur Rechten des Nebelmannes hielt.«
»Ku«, erklärte Halemanu schlicht.
»Ku«, wiederholte Mr. Clemens und ließ sich schwer auf den Boden sinken. Er sah mich an. »Dann, als der Ziegenbock verschlungen war, verstummte der Gesang. Der Nebelmann reckte seine widernatürlich langen Arme hoch und... ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll... er wurde... etwas anderes. Ich sah einen Schwanz. Ich konnte Schuppen ausmachen. Ich erinnere mich an gelbe Augen. Das Reptiliending hatte noch immer Arme, und sie blieben erhoben. Dann flammte ein Blitz auf, der mich einen Moment lang blendete...« Mr. Clemens schien die Zigarre in seiner Hand zu bemerken. Er schob sie sich wieder in den Mund, runzelte die Stirn, zündete sie abermals mit einem neuen Streichholz an und sagte: »Als ich wieder sehen konnte, waren die Götter verschwunden, die Häuptlinge waren verschwunden, die Fackeln waren verschwunden, der Hund war verschwunden, die seltsamen kleinen Gnome waren verschwunden, und der Nebel-Reptilien-Mann war verschwunden.«
Ich räusperte mich. »Und der heiau war verschwunden?«
»Nein«, erwiderte Mr. Clemens. »Der Steintempel war noch dort. Ich sah auf meine Uhr. Nach meinen Sinnen waren viele Stunden vergangen... vielleicht gar ein ganzer Tag. Nach meiner Uhr waren nicht einmal dreißig Minuten verstrichen. Ich kam hierher zurück.«
Einen Moment lang starrten wir einander nur an. Schließlich fragte ich: »Was sollen wir nun tun?«
Halemanu zupfte an meinem Ärmel.
»Gleich, mein Kind«, sagte ich, mein Blick noch immer ratsuchend zu den Männern erhoben. Das Zupfen ließ nicht nach. Verärgert löste ich meinen Arm aus dem Griff des Knaben und sagte: »Was ist denn?«
»Wir gehen jetzt!«
»Wir werden beratschlagen...«, begann ich.
»Wir
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