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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gehen jetzt!« rief der Knabe.
    Es war Mr. Clemens, der ihn mit einer sanften Berührung beschwichtigte. »Warum müssen wir jetzt gehen?« fragte er.
    Halemanu deutete zum Fenster. »Vögel. Kleine Vögel.«
    Ich sah zu dem schwarzen Quadrat hinüber. Die Vögel waren verschwunden. Ich mußte unwillkürlich schmunzeln ob der Angst des Knaben vor Gottes sanftmütigsten Geschöpfen.
    »Vögel sind Brüder von Pana-ewa!« sagte der Knabe, und seine Stimme hob sich wieder. »Vögel fort. Pana-ewa kommen!«
     
    Eleanor riß trotz des Drucks der Hände auf ihrem Rücken ihren Kopf und ihre Schultern aus dem Loch und wich eilig zurück, gerade als der Geysir aus der Felsspalte hochschoß. Völlig durchnäßt, aber nicht von der vollen Wucht des Wasserschwalls getroffen, wirbelte sie zu dem Mann neben ihr herum. Es war Paul Kukali, die Gläser seiner Sonnenbrille mit feinen Tropfen gesprenkelt.
    »Verflucht noch mal«, donnerte Eleanor und hob unwillkürlich die Fäuste. »Was, zum Teufel, sollte das?« Hinter ihr brüllte der Geysir, erreichte seinen Höhepunkt und fiel wieder in sich zusammen.
    Paul nahm seine Sonnenbrille ab und sah Eleanor hilflos an. »Es tut mir leid, Dr. Perry... ich habe Sie gesehen, dachte, Sie wären in Schwierigkeiten, und habe versucht, Ihnen zu helfen...«
    »Indem Sie mich hineinschubsen wollten?« fauchte Eleanor. Sie bemerkte, daß ihre Hände noch immer erhoben waren, die Fäuste geballt. Ihr Herz hämmerte, und sie konnte das Adrenalin in ihren Adern spüren. Wenn es hart auf hart gekommen wäre und sie Paul Kukali geschlagen hätte, dann hätte sie ihm nicht nur kraftlos gegen die Brust getippt wie irgendein blödes Weibchen im Film. Vor Jahren war Eleanor einmal in Port-au-Prince überfallen worden. Es war ein schlichter Straßenraub gewesen — die Schläge, die sie hatte einstecken müssen, waren nicht schlimm, und sie war nicht vergewaltigt worden —, aber die Erfahrung hatte genügt, um sie noch im selben Sommer einige Selbstverteidigungskurse besuchen zu lassen, und seither machte sie wenigstens einmal pro Jahr einen Auffrischer mit. Wenn sie mit ihren Fäusten gegen Paul vorgegangen wäre, dann hätte sie auf die Kehle, den Nasenrücken und verschiedene andere empfindliche Stellen gezielt.
    »Ich habe Sie nicht geschubst, Dr. Perry«, erwiderte Paul leise. Er wischte seine Sonnenbrille ab. Wassertropfen glitzerten in seinem lockigen Haar. »Ich habe versucht, Sie auf mich aufmerksam zu machen. Haben Sie mich denn nicht Ihren Namen rufen hören?«
    Habe ich? überlegte Eleanor. Sie war so gebannt von dem Lichtschein und den Bewegungen in der Höhle gewesen. Das und dann das Geräusch des auf sie zuschießenden Wassers. Sie sagte nichts.
    »Es tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe«, erklärte Paul und setzte seine Sonnenbrille wieder auf. »Diese Lavatunnelöffnungen sind gefährlich. Ich fürchtete, Sie wüßten nicht, daß die Brandung dort hinaufschießt.«
    »Das wußte ich«, gab Eleanor kühl zurück. Sie senkte ihre Hände. Ich brauche seine Hilfe. »Es tut mir leid, daß ich Sie angeschrien habe. Sie haben mich erschreckt.«
    Paul nickte. »Das verstehe ich. Und ich entschuldige mich nochmals dafür.«
    Ein mächtiges Rauschen erscholl, und beide traten vom Loch zurück, bevor der Geysir abermals in die Höhe schoß. »Was machen Sie hier so weit draußen?« fragte Eleanor und wrang im Gehen den Saum ihres durchnäßten T-Shirts aus.
    Paul lächelte. »Nun, ehrlich gesagt, habe ich Sie gesucht. Mein Freund Sheriff Ventura war hier, um uns einige Fragen zu stellen über den... ähm... den Hund. Ich habe Mrs. Stumpf gefunden, aber Sie konnten wir nicht aufspüren. Ein Gärtner hat mir erzählt, er hätte eine Frau auf dem Pfad joggen sehen, und ich bin hier rausgekommen, um nachzusehen, ob Sie es wären. Ich entdeckte die Turnschuhabdrücke im Sand, wo der gepflasterte Weg zu Ende ist, und dann habe ich Sie von den Klippen der Landzunge aus erspäht.«
    Eleanor musterte ihn einen Moment lang. »Es tut mir leid, daß ich nicht da war.«
    Paul zuckte die Achseln. »Es spielt keine Rolle. Charlie ist vermutlich schon wieder weg. Wenn ich es richtig verstanden habe, war es von seiner Seite sowieso eine inoffizielle Befragung. Wir können ihn nachher anrufen. Um ehrlich zu sein, hatte ich noch einen anderen Grund, um Sie zu suchen.«
    Eleanor wartete. Sie gingen an den Klippen entlang. Sie dachte an das, was sie in der Höhle gesehen hatte, und fragte sich, ob Paul darüber

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