Die Feuer von Eden
für die Eleanor keine Worte fand.
»Biegen Sie in die Straße, die parallel zum Strand verläuft«, sagte Paul Kukali.
Die »Straße« war ein kaum auszumachendes Paar Reifenfurchen, die durch die tropische Vegetation und dann über Farnwiesen führten.
»Die Leute hier fischen tatsächlich noch«, erklärte Paul. »Es ist eins der letzten echten Fischerdörfer auf Hawaii. Aber sie verdienen sich mit dem Züchten von Orchideen und Farnen etwas nebenbei. Den Humusboden hier mußten sie mit Lastwagen herschaffen. Wie Sie sehen können, wächst auf den Lavafeldern nicht viel.«
Eleanor konnte es sehen. Die unwegsame Straße hatte die fruchtbaren Felder verlassen und zog sich nun über zermalmte Felsen entlang der schwarzen Lavaströme, die sich in alle Richtungen erstreckten. Gischt stob auf, wo sich der Ozean hundert Meter zu ihrer Rechten an den Felsen brach. Weniger als eine Meile vor ihnen stieg der Dampf der Lavaströme in die Stratosphäre. Der Rauch war hier dichter und waberte wie die Ausläufer einer Nebelbank über den schwarzen Basalt. Eleanor fuhr weiter Richtung Süden, immer parallel zur Küste, achtsam darauf bedacht, nicht an der a’a, die den gefurchten Pfad säumte, ihre Reifen aufzuschlitzen. Nach einigen Minuten, als der Rauch beinahe zu dicht war, um weiterzufahren, sagte Paul schließlich: »Halt!«
Sie stiegen aus dem Jeep und gingen zu Fuß weiter. Hier war derselbe Lavastrom, der sich auch über den Highway wälzte, doch er schien zweimal so hoch, während er zäh über die alte a’a und pahoehoe floß. Eleanor blickte an der Wand aus aufbrechender, abblätternder, zischender, noch erkaltender Lava hoch, die sich gut vier Meter über den Boden erhob und nach Osten und Westen im Rauch verschwand. In einem Umkreis von zehn, fünfzehn Metern vom Lavastrom waren alle Büsche und kleinen Bäume entweder schon verbrannt oder standen gerade in Flammen. Das Gras glimmte. Frische Lava quoll aus einem halben Dutzend flacher Spalten und wälzte sich über die Erde, wo sie noch mehr Gras entzündete. Der Geruch erinnerte Eleanor an den Herbst im Mittelwesten, als sie noch klein war und es noch erlaubt gewesen war, Laub zu verbrennen. Aber unter dem angenehmen Geruch von verbranntem Laub lag der Gestank von Schwefel und anderen giftigen Gasen.
»Ich vermute, da kommen wir wohl nicht durch«, bemerkte Eleanor.
Paul trat zurück und band sich eine rote Bandanna über Mund und Nase. Seine Augen tränten. »Die Herren, mit denen Sie sprechen wollten, leben etwa eine Viertelmeile jenseits dieses Lavastroms.«
Eleanor sah ihn an. »Und Sie meinen, sie sind immer noch dort? Bei allem, was hier los ist?«
Paul zuckte mit den Achseln. »Die sind stur.«
»Das bin ich auch«, erklärte Eleanor. Sie ging am Rand des Lavastroms auf und ab, versuchte eine Stelle zu finden, wo der orangeglühende Feuerschein und die Hitze weniger stark waren. Schließlich trat sie dicht an die Lava heran, hielt sich die Hand vors Gesicht, um sich vor der Hitze zu schützen, und hob ihren Fuß über eine niedrige Blase aus grauem Fels. Splitter blätterten vor der erkaltenden Lava und flogen davon, als Eleanor ihren Fuß aufsetzte.
Es war sehr heiß. Eleanor wünschte sich, sie hätte etwas anderes als Turnschuhe angezogen. Aber die Sohlen schmolzen nicht, und die Lavakruste brach nicht, als sie sich mit ihrem ganzen Gewicht auf die Terrasse aus neuem Gestein stellte. Eleanor schaute sich nach der nächsten Stufe um. »Ich werde versuchen, da rüberzuklettern«, erklärte sie, während sie vorsichtig auf eine feste Gesteinskante einen halben Meter höher stieg.
Paul Kukali stieß einen ungläubigen Laut aus, folgte ihr aber.
Eleanor kletterte ganz langsam und bedächtig über den Lavastrom, trat vorsichtig auf, als würde sie auf schlüpfrigen Steinen einen reißenden Bach durchqueren. Hier waren überall Risse, durch die die ungeminderte Hitze des noch geschmolzenen Felsgesteins darunter sie mit ganzer Wucht traf. Rauch, Dampf und Schwefelgase quollen aus Spalten und Ritzen, vermischten sich mit der allgemeinen Rauchwolke, die nun die Sonne verhüllte. Eleanor konnte spüren, daß die Sohlen und Seiten ihrer Turnschuhe weich wurden, daher bewegte sie sich, so schnell sie konnte, blieb niemals länger als nötig auf einer Stelle stehen. Sie versuchte, nicht darüber nachzudenken, was passieren würde, wenn sie durch die Kruste einbrach.
»Irgendwo hier drunter strömt die echte Lava wie ein Fluß«, sagte Paul Kukali etwa
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