Die Feuer von Eden
Humuhumu-nukunuku-a-pua’a
verwandelt
18. Juni 1866, in einem namenlosen Dorf an der Kona-Küste
Obgleich das Gewitter vorbei war, schien es doch blanker Irrsinn, unsere trockene Hütte und den hellen Lichtkreis der Kerzen zu verlassen, um in die Nacht hinauszugehen, und das einzig auf den Ratschlag eines verletzten Heidenknaben hin, der darauf beharrte, daß zwei harmlose Vögel die Brüder und Spione des Dämonengottes Pana-ewa gewesen wären. Dennoch zogen wir weiter.
Wir beratschlagten lange darüber, und sowohl Reverend Haymark als auch Mr. Clemens wurden immer hitziger in ihren Argumenten. Unser Geistlicher tat die Behauptung des Kindes als blanken Unsinn ab. Unser Korrespondent hielt dagegen, daß die Nacht voller Geheimnisse gewesen sei und daß die Ängste des Knaben auch nicht unsinniger seien als wohl die Hälfte der Dinge, die wir seit Sonnenuntergang mit eigenen Augen gesehen hätten. Ich hielt wohlweislich den Mund.
Schließlich wandten sich die beiden Männer zu mir. Reverend Haymark sagte: »Miss Stewart, würden Sie bitte diesen... diesen... Literaten... wieder zu Verstand bringen.«
Mr. Clemens schnaubte und sagte: »Miss Stewart, wenn wir in einer Demokratie leben... und ich gehe davon aus, daß unser Reverend Haymark noch immer an die Demokratie glaubt... dann scheint es mir, daß in Ihren Händen die entscheidende Stimme liegt.«
Ich verharrte einen Moment lang schweigend. Halemanu sah mich mit angstgeweiteten Augen an. Die beiden Männer beobachteten mich mit geistlicher Verärgerung und schriftstellerischem Amüsement unterschiedlich starker Ausprägung. Schließlich sagte ich: »Wir werden weiterreiten. Auf der Stelle. Heute nacht.«
»Aber, Miss Stewart, zweifellos...«, rief Reverend Haymark aus, sein rotes Gesicht noch röter im flackernden Kerzenschein.
»Ich stimme dafür, daß wir gehen«, erklärte ich und schnitt jeden weiteren Protest mit der Entschlossenheit meines Tonfalls ab, »nicht aus Furcht vor irgendeinem Schreckgespenst der Sandwich-Inseln, sondern weil wir ein verletztes Kind bei uns haben, das unserer Hilfe bedarf und... was immer Mr. Clemens heute nacht auch gesehen haben mag... wir befinden uns auf geheiligtem Boden, oder sollte ich sagen — auf unheiligem Boden —, während Heere umgehen, die Böses im Schilde führen.«
Reverend Haymark wollte mich offenkundig gerade wortstark dazu auffordern, meine Beweggründe noch einmal zu überdenken, doch er hielt mit offenstehendem Mund inne.
»Der Junge sagt, daß er den Weg zu einem Dorf vielleicht eine Meile nordöstlich von hier kennt«, fuhr ich fort. »Es ist das Dorf, zu dem die Gruppe seines Onkels unterwegs war. Das Kind hat dort Verwandte, und die Pele-kahuna -Frauen könnten über eine Kräutermedizin verfügen, die ihm hilft. Wenn es an mir ist, die entscheidende Stimme abzugeben, dann stimme ich dafür, daß wir stante pede zu diesem Dorf aufbrechen.«
»Hört, hört«, rief Mr. Clemens.
Ich bedachte ihn mit einem tadelnden Blick, während ich meine wenigen Habseligkeiten zusammenklaubte. »Ich möchte wiederholen, daß ich mich vor keinem Mann fürchte«, erklärte ich. »Schon gar nicht vor einem gottlosen Mann, der aus Nebel gemacht ist.«
Mr. Clemens errötete und biß auf seine kalte Zigarre.
Wir brachen eilig, aber ohne Panik auf. Die Pferde waren noch immer verängstigt, wie sie es gewesen waren, als das Heer der Nacht in der Nähe war, und es brauchte beide Männer, um mir beim Satteln meines ansonsten so friedlichen lio zu helfen. Mr. Clemens setzte den Knaben vor sich in den Sattel, und das Kind schien sich recht wohl zu fühlen, trotz seiner Kopfwunde.
Ich muß gestehen, daß mir der Atem stockte, während wir den schlammigen Pfad zwischen jenen verderbten Steinmauern entlangritten. Halb erwartete ich, daß unvermittelt einer der Götter oder Dämonen oder toten Krieger aus Mr. Clemens’ Schilderung aus einem Versteck hervorspringen würde. Es war dunkel genug, daß ganze Nationen von kannibalistischen Heiden hinter jenen blutgetränkten, uralten Steinen lauern konnten.
Nichts überfiel uns. Halemanu zeigte uns einen schwach erkennbaren Pfad, der östlich des Wegs verlief, dem wir nach Norden gefolgt waren, und in der sternenlosen Dunkelheit ritten wir abermals die vulkanischen Hänge hinauf — Mr. Clemens und der Knabe voran, mein nervöser Leo dichtauf, und Reverend Haymark als schaukelnde Nachhut. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich über meine Schulter spähte,
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