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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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wäre ihr kalt. Eleanor wurde bewußt, daß es in dieser Höhenlage, im Dunkeln, im Regen, tatsächlich kalt war.
    »Welches?« fragte Eleanor und drehte die Heizung auf. »Ich fahre zum Mauna Pele.«
    »Das ist es«, sagte Cordie.
    Eleanor blickte neugierig zu ihr hinüber. Es war schwer zu glauben, daß diese Frau in ihrem geblümten Hauskleid und mit ihren ramponierten alten Koffern zu einem der teuersten Ferienhotels von Hawaii unterwegs war. Ich hab gut reden, schoß es Eleanor durch den Sinn, ich gebe mein Gespartes der letzten fünf Jahre dafür her, um eine Woche lang einer dummen Idee nachzulaufen.
    »Ja, genau da will ich auch hin«, sagte Cordie. »Waren Sie in der United-Maschine, die sie nach Hilo umgeleitet haben?«
    »Ja«, bestätigte Eleanor. Sie hatte die andere Frau auf dem Flug nicht bemerkt, aber schließlich waren in der Maschine auch über zweihundert Leiber im Zwischendeck zusammengepfercht gewesen. Eleanor hielt sich gern für einen aufmerksamen Menschen, aber sie hätte wenig Anlaß gehabt, die Frau zu bemerken — es war nichts Auffälliges an ihr, einmal abgesehen von ihrem hausbackenen Aussehen.
    »Ich war in der ersten Klasse«, sagte Cordie, als könnte sie Eleanors Gedanken lesen. »Ich vermute, Sie haben hinten gesessen.« Es lag keine Arroganz in dieser Feststellung.
    Wieder nickte Eleanor und schmunzelte. »Ich habe nur selten Gelegenheit, erster Klasse zu fliegen.«
    Cordie stimmte abermals ihr kehliges Lachen an. »Ich bin vorher auch noch nie vorn geflogen. Es ist wirklich nichts weiter als Geldverschwendung. Aber mein Flugticket gehörte zum Gewinn.«
    »Gewinn?«
    »Urlaub mit den Millionären«, erklärte Cordie und kicherte. »Dieses Preisausschreiben in People, erinnern Sie sich?«
    »Das habe ich wohl übersehen«, sagte Eleanor. Sie las die Zeitschrift genau einmal im Jahr, während ihres jährlichen Besuchs beim Gynäkologen.
    »Hätte ich auch fast«, fuhr Cordie fort. »Aber mein Howie hat’s entdeckt. Er hat meinen Namen eingeschickt, und ich habe gewonnen. Zumindest für Illinois.«
    »Für Illinois?« fragte Eleanor, während ihr durch den Sinn schoß: Ich wußte es. Irgendwo aus der Gegend um Chicago.
    »Ja, die Idee war, daß ein Glücklicher aus jedem Bundesstaat eine Woche mit den Millionären in diesem Mauna-Pele-Ding verbringen würde. Dieser brillante Einfall ist auf Byron Trumbos Mist gewachsen. Er hat den Schuppen gebaut, stand zumindest in People. Also bin ich so ‘ne Art Miss Illinois, nur daß ich schon seit 1965 keine ›Miss‹ mehr bin. Aber egal, das wirklich Komische ist, daß die Leute von dem Preisausschreiben es mir zwar nicht sagen wollten, aber ich bin die einzige von den fünfzig Gewinnern, die da jetzt tatsächlich hinfährt. Alle anderen haben abgelehnt und sich das Geld in bar geben lassen, oder sie wollen ihren Gewinn später einlösen.«
    »Warum?« fragte Eleanor, obgleich sie es sich denken konnte.
    Cordie Stumpf neigte den Kopf zur Seite. »Haben Sie denn nichts von den sechs Leuten gehört, die da verschwunden sind? Es geht das Gerücht um, daß noch andere umgebracht wurden, aber Trumbos Leute kehren die Sache unter den Teppich. Hat im Enquirer gestanden. ›Luxusferienhotel auf alter hawaiischer Grabstätte erbaut — Touristen sterben und verschwinden‹ war die Schlagzeile.«
    Die Straße verlief nun gerade und stieg noch steiler an. Die Westhänge des Mauna Kea und des Mauna Loa ragten zu beiden Seiten der Straße als düstere Silhouetten am Rand des Blickfelds in der Dunkelheit auf, als sich das Tal öffnete. »Darüber habe ich etwas gelesen«, sagte Eleanor und kam sich ob der Untertreibung wie eine Lügnerin vor. Sie hatte alles ausgeschnitten, was sie über die verschwundenen Gäste des Ferienhotels finden konnte, selbst den Artikel im National Enquirer. »Ist Ihnen denn nicht unwohl bei dem Gedanken, gerade dorthin zu fahren?«
    Cordie antwortete mit einem leisen Lachen. »Warum, weil das Hotel auf einem indianischen Begräbnisplatz gebaut wurde und die Geister jetzt kommen, um die Touristen zu holen? Mann, die Handlung kenn ich schon aus diesem Film vor ein paar Jahren, Poltergeht, und aus hundert anderen Filmen. Meine Jungs konnten von diesen Horrorvideos gar nicht genug kriegen.«
    Eleanor beschloß, das Thema zu wechseln. »Sie haben sechs Söhne? Wie alt?«
    »Der älteste ist neunundzwanzig«, sagte Cordie. »Wird im September dreißig. Der jüngste ist neunzehn. Wie alt sind Ihre Kinder?«
    Gewöhnlich sträubten

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