Die Feuer von Eden
verzichten.«
Eleanor schmunzelte unwillkürlich. Die Hänge erhoben sich steil im Osten, die Silhouette des Mauna Loa fast nur zu ahnen. Ein fahler, orangefarbener Schimmer der fernen Eruption war trotz der niedrigen Wolkendecke sichtbar. Abgesehen von einigen vereinzelten Häusern und geschlossenen Geschäften südlich von Kona, schien es entlang dieses Straßenabschnitts nur Lavafelder und Klippen zu geben. Selbst die aus weißem Korallenkalk gelegten Botschaften am Straßenrand fehlten, so daß die a‘a- Lavafelder noch dunkler und abweisender wirkten.
Eleanor hatte an der Tankstelle auf den Kilometerzähler gesehen, und nach knapp achtzehn Meilen zog die Straße sich von den Klippen zurück und verlief nun ein oder zwei Meilen weiter landeinwärts. Bis auf den weißen Mittelstreifen und die Katzenaugen an den Pfosten am Straßenrand war der schwarze Asphalt des Highways im Lichtkegel der Scheinwerfer kaum noch von der schwarzen Lava zu unterscheiden. Das Gefühl, in eine versteinerte Wildnis einzudringen, wurde stärker.
»Es sieht hier nicht gerade wie im Mittleren Westen aus, was?« bemerkte Eleanor zu ihrer Beifahrerin. Sie wünschte sich mehr als alles andere, wieder das Geräusch von Stimmen zu hören. Erschöpfung und Anspannung von der langen Fahrt hatten Kopfschmerzen heraufbeschworen, die nun irgendwo zwischen ihrem Nacken und ihrem Hinterkopf nisteten.
»Jedenfalls nicht wie der Teil von Illinois, den ich kenne«, pflichtete Cordie Stumpf ihr bei. »Auch nicht wie Ohio. Ihre Ecke da um Oberlin herum ist wirklich hübsch.«
»Sie waren schon mal dort?«
»Der Gentleman, mit dem ich vor dem verstorbenen Mr. Stumpf verheiratet war, hatte geschäftlich mit dem College zu tun. Nachdem er mit der Tanzmaus aus Las Vegas durchgebrannt ist — Lester, meine ich, Mr. Stumpf war zu fromm, um auch nur nach Las Vegas zu fahren —, hab ich das Ohio-Geschäft übernommen und das College in Oberlin besucht.«
»Was für ein Geschäft ist das?« fragte Eleanor. Sie hatte angenommen, Mrs. Stumpf wäre »nur« Hausfrau.
»Müll«, erwiderte Cordie. »He, da vorn ist etwas.«
Das »Etwas« entpuppte sich als ein Tor, eine Steinmauer und ein Wachhäuschen in der Form einer Bambushütte, alles beleuchtet von ein paar gasgespeisten Fackeln. Die großen Kupferlettern auf der Steinmauer — stilistisch irgendwo zwischen Jurassic Park und Familie Feuerstein — bildeten den Schriftzug mauna pele.
Eleanor ertappte sich dabei, daß sie unwillkürlich erleichtert aufatmete.
»Da wären wir endlich«, sagte Cordie. Sie setzte sich auf und strich sich ihr strähniges Haar wieder hinter die Ohren.
Als sie vorfuhren, trat ein verschlafen aussehender Mann in einer Wachdienstuniform aus dem erleuchteten Häuschen. Eine dicke Kette führte vom Wachhäuschen zur Steinmauer. »Aloha«, begrüßte er die beiden Frauen, offenkundig überrascht. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Wir haben Zimmer im Mauna Pele gebucht«, erklärte Eleanor und blickte auf ihre Uhr. Es war halb eins.
Der Wachmann nickte und warf einen Blick auf ein Klemmbrett. »Ihre Namen, bitte.«
Eleanor nannte ihm beide Namen und wurde für einen Moment von einem sonderbaren Gefühl übermannt, so als ob sie und diese seltsame Frau — die mondgesichtige Mrs. Cordie Stumpf mit ihrem geblümten Hauskleid und den schwieligen Händen — alte Freundinnen und Reisegefährtinnen wären. Sie schrieb das Gefühl einer Mischung aus déjà vu und schlichter Erschöpfung zu. Eleanor reiste für ihr Leben gern, aber in der Nacht vor einer Reise schlief sie immer schlecht.
»Willkommen im Mauna Pele«, sagte der Wachmann. »Wir hatten angenommen, die Gäste, die heute abend eingetroffen sind, wären alle in Hilo geblieben.« Er hakte die Kette ab und ließ sie auf den Boden fallen. »Folgen Sie einfach etwa zwei Meilen der Straße. Sie ist ein wenig holprig von den Baufahrzeugen, aber wenn Sie näher zur Big Hale kommen, wird’s besser. Biegen Sie nicht in einen der ungepflasterten Wege ab, die durch die Lava führen... dann enden Sie nur an einer Baubude. Sie können den Wagen einfach unter der Porte-Cochère abstellen und den Schlüssel stecken lassen, man wird ihn dann für Sie parken. Okay?«
Cordie beugte sich herüber. »Was ist eine Big Hale?«
Der Wachmann grinste, seine Züge vom flackernden Lichtschein der Fackeln beleuchtet. »Hale bedeutet einfach nur Haus oder Hütte. Das Mauna Pele hat über zweihundert kleine hales — wie Bambushütten, nur komfortabler
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