Die Feuer von Eden
Wirklichkeit von Tausenden von Rissen und Ritzen und Spalten durchzogen war, durch welche man die rote Oberfläche der noch immer flüssigen Lava darunter sehen konnte. Reverend Haymark brüllte, daß er sich an den Weg erinnerte, und nachdem er im Schein seiner suchenden Laterne vor sich ein ebenes Stück Lava entdeckt hatte, setzten wir uns in Marsch.
Obschon »abgekühlt«, war die Lava unter unseren Stiefeln noch immer heiß genug, um durch das feste Schuhleder hindurch meine Fußsohlen zu wärmen. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, welche Temperatur die Lava haben mußte, die gerade in diesem Moment kochend nur sechzig, siebzig Meter entfernt rechts und links von uns aus brodelnden Kesseln hochschoß. Wenn einer dieser Kessel übergelaufen wäre, wie die Führer befürchtet hatten...
»Es sind, glaube ich, nur noch wenige hundert Meter über dieses schwierige Terrain«, brüllte der Reverend und marschierte eilig über das heiße Gestein. Ich folgte ihm, während meine wallenden Röcke die Hitze gegen meine Beine zurückwarfen und der Lichtkegel meiner Laterne kaum mit dem Tempo des Geistlichen mithalten konnte. Mr. Clemens hastete hinter uns her, noch immer seine unausweichliche Zigarre im Mund, obgleich sie in diesem Höllenpfuhl ein wenig überflüssig schien. Wenigstens überdeckte der Gestank des Schwefels den Geruch seiner Zigarre.
Selbst so kurze Zeit nach diesem Erlebnis ist es mir unmöglich, mit angemessenen Worten die Wunder eines speienden Vulkans zu beschreiben. Während es zuerst schien, daß wir uns in einer roterleuchteten Leere befänden, einer Felswüste ohne Form oder Gestalt, lernten wir schon bald, unsere Augen mehr an die feurige Beleuchtung um uns herum denn an die festumgrenzten Lichtkegel unserer Laternen anzupassen, und im selben Moment offenbarte sich der Grund des Vulkans als ein wahrliches Märchenparadies: Terrassen aus schwarzem Stein, Flammenseen, Grate, steile Abbrüche, Schlackekegel, Ströme aus geschmolzenem Feuer, Berghänge aus Asche, gewaltige Kelche brodelnder Lava, Abgründe, gefüllt mit Rauch und Schwefeldämpfen. Der Kilauea jubilierte und tollte und atmete und keuchte und spuckte allüberall um uns herum sein feuriges Gift, so ungerührt von unserem Eindringen, wie es ein mächtiger Vulkangott von der Anwesenheit dreier furchtsamer Flöhe in seinem lodernden Hochofen wäre.
Und ein lodernder Hochofen war es in der Tat. Ich glaube, daß selbst Mr. Clemens die Torheit unserer unbedachten Entscheidung erkannte, denn als Reverend Haymark eine Rast einlegte, um sich des weiteren Verlaufs des Pfads zu vergewissern und sich sein schweißnasses Gesicht abzuwischen, rief der Korrespondent über das Knacken und Knistern des abkühlenden Gesteins hinweg: »Sind Sie sicher, daß Sie den Weg kennen?«
»Es war bei Tageslicht leichter«, gab der Pastor zu, die Augen groß und weiß in dem höllischen Licht. »Und mit einem Führer.«
Uns beiden muß die Besorgnis im Gesicht gestanden haben, denn der Geistliche fuhr eilig fort: »Aber wir haben bald den schlimmsten Teil hinter uns. Und dann ist es nur noch ein gewöhnlicher Marsch über Felsgestein.«
Wie sich herausstellte, lag noch eine weitere Viertelmeile des »schlimmsten Teils« vor uns, der uns abverlangte, über schmale Schluchten zu springen, in denen weit unter uns die Lava strömte. Über die Folgen nachzudenken, die es gehabt hätte, einen dieser Sprünge nicht zu schaffen, hätte mich gelähmt, also verdrängte ich solche Überlegungen und sprang einfach. Die Hitze der drückenden Luft versengte meine Röcke. Einmal fiel ich in ein verborgenes Loch und konnte spüren, wie die Flammen an meinen Stiefeln leckten, und so wartete ich nicht erst lange darauf, bis die erschrockenen Gentlemen ihre Laternen abgestellt hatten, um mich herauszuangeln, sondern preßte meine Hände gegen den Fels und zog mich selbst zurück auf den festen Boden. Der Stein unter meinen Händen war so warm, daß meine robusten hundsledernen Handschuhe fast durchgesengt wurden und meine Hände Blasen warfen, als hätte ich sie nackt auf eine glühende Herdplatte gelegt.
Den Männern gegenüber erwähnte ich davon kein Wort, sondern hob nur meine Laterne wieder auf und folgte dem Reverend in seinem langsamen, vorsichtigen Vorantasten über den holprigen Kratergrund.
Unser Marsch durch den Krater des Kilauea muß ein wenig mehr als eine Stunde gedauert haben, aber aufgrund des Feuerscheins, der beständigen Gefahr und der Anstrengung,
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