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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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vermißten Typen aus New Jersey. Der Astronom, der in Strömen von Blut verschwand. Matthew Dillon grinste und eilte den Servicetunnel entlang, während er im Gehen das Halfter an seiner Hüfte tätschelte. Das war ganz nach seinem Geschmack.
    Das Büro des Astronomen war nicht abgeschlossen. Dillon zog die 9-mm-Glock aus dem Halfter und stieß sachte die Tür auf.
    Pete Briggs stand in der Mitte des Raums, einen großen Vorschlaghammer in der Hand, und rieb sich sein fleischiges Kinn. Dillon steckte die Halbautomatik zurück ins Halfter. »Wollen Sie wirklich die Wand einreißen?«
    Briggs drehte sich nicht um. Dillon wußte, daß der bärenhafte Mann wie ein leicht beschränkter Football-Verteidiger aussah, aber in Wahrheit recht gerissen war. Und ein guter Leibwächter. Dillon kannte eine Menge schlechterer Profis, wenn es darum ging, jemandem den Rücken zu decken.
    »Ja«, sagte Briggs.
    »Die örtlichen Cops werden mächtig sauer sein.«
    »Ja«, gab Briggs abermals zurück, offensichtlich nicht interessiert daran, wie die örtlichen Cops reagieren würden. Er wechselte den Vorschlaghammer von seiner linken Schulter auf die rechte und sah zu Dillon. »Ich habe auf Sie gewartet.«
    Dillon zog eine buschige Augenbraue hoch.
    Briggs deutete mit einem Nicken auf eine große Taschenlampe. »Ich dachte mir, es wird das beste sein, wenn einer von uns die Lampe hält, während der andere die Wand einreißt.«
    Dillon griff sich die Taschenlampe. »Okay.«
    Briggs nahm eine Plastikschutzbrille vom Schreibtisch, setzte sie auf, schob den Schreibtisch beiseite, hielt den Vorschlaghammer abschätzend gegen die breiteste Stelle des Spalts und sagte: »Sie sollten besser zurücktreten.«
    Es war nicht viel Platz, um zurückzutreten, aber Dillon stellte sich an die gegenüberliegende Wand und hielt die Taschenlampe hoch.
    »Ziehen Sie auch Ihre Knarre«, sagte Briggs.
    Dillon starrte den anderen Mann an. »Warum? Denken Sie, was immer sich Wills geschnappt hat, würde plötzlich aus dem Spalt da kommen und auch Sie holen?«
    Briggs schmunzelte nicht. »Halten Sie die Taschenlampe und Ihre Glock auf das Loch gerichtet, während ich es größer mache«, sagte er.
    Dillon nahm nicht gern Befehle entgegen, aber jetzt zuckte er nur die Achseln und zog die 9-Millimeter aus dem Halfter. Die Deckenbeleuchtung war hell genug für den kleinen Raum, aber er richtete die Taschenlampe auf das Loch, hielt sie in der linken Hand direkt über der Pistole in seiner rechten, so wie er es gelernt hatte, damit Taschenlampenstrahl und Pistolenmündung immer in dieselbe Richtung zielten. »Fertig«, sagte er.
    Pete Briggs holte mit dem Vorschlaghammer aus und ließ ihn mit aller Kraft gegen die Wand sausen.
     
    Eleanor schaute sich vom Strand in der Nähe ihrer hale aus den Sonnenuntergang über dem Meer an und ging dann auf einen Drink zur Shipwreck-Bar. Eine Handvoll Gäste hatte sich hier eingefunden, aber sie besetzten nur ein paar der vielen Tische, die unter dem Bambusdach der Bar oder auf der Terrasse mit Strandblick aufgestellt waren. Eleanor setzte sich etwas abseits an einen leeren Tisch am Rand der Terrasse, bestellte einen Gin-Tonic und trank ihn, während der Himmel im Westen von Rosa über Purpur zu einem matter werdenden Violett wechselte. Die Palmen zeichneten sich als zackige Silhouetten gegen den Himmel ab. Eleanor konnte den Feuerschimmer im Osten sehen, als der Lichtschein des Vulkans die Aschewolke beleuchtete, die abermals die Richtung geändert hatte und der Kona-Küste einen bedeckten Himmel bescherte. Der Strand und die Fußwege waren verlassen, bis auf einen einzelnen hawaiischen Läufer, bekleidet nur mit einem traditionellen Lendenschurz, der den Pfad entlanglief und mit einer Fackel die vielen Gasleuchten und -fackeln anzündete, die die Wege säumten. Die Flammen tanzten und zischten im auffrischenden Wind.
    Eleanor saß versunken da und dachte nach — über den Tag, über den Hund und sein grausiges Spielzeug und über ihre seltsame Suche hier —, als etwas sie aufblicken ließ. Vor ihr stand Cordie Stumpf, in der Hand eine Flasche Bier und ein Glas. »He, Nell, darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    »Aber gerne doch«, sagte Eleanor und dachte: Nell? Es gefiel ihr irgendwie. Jede Generation ihrer Familie hatte eine alte Jungfer hervorgebracht, und jede dieser Frauen hatte im Lauf der Jahre einen Spitznamen erworben, unter dem sie dann allgemein bekannt war — Tante Kidder, Tante Mittie, Tante Tarn, Tante Beanie —

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