Die Feuer von Eden
weißgetünchte Kirche der strikteren (»weniger freigeistig« waren Mrs. Stantons Worte) Lehre des Reverends Whister verhieß. Nach zehnmonatiger Schwerstarbeit in den Weinbergen der Taufe war es Reverend Whister und seinen Gefolgsleuten gerade mal gelungen, eine einzige hawaiische Seele zu retten — und selbst dieser Mann war anläßlich der Feier irgendeines heidnischen Festes wieder in die alten Bräuche zurückverfallen und mußte von dem enttäuschten Reverend exkommuniziert werden. Alles in allem schien die Whister-Mission in Kona ein Fehlschlag. Und so kam es, daß Reverend W. vor einem Monat seine erste Gemeinde aufgegeben hatte und mit seiner Gattin, seiner Tochter, seinem Schwiegersohn und zwei weiteren Familien weißer Christen entlang der Kona-Küste zu den weniger besuchten Regionen südlich der Kealakekua-Bucht gezogen war, wo Kapitän Cook 1779 niedergemetzelt worden war.
Mrs. Stanton klang verbittert, während sie uns all dies erzählte, so als hätte das Schicksal ihrem Vater und seiner Familie einen besonders üblen Streich gespielt. (Mr. Stanton, ihr Gatte, befand sich selbst in der Ausbildung zum Pastor, und es scheint, daß ihr Vater, Reverend Whister, sich in Amherst, Massachusetts, wo die glücklose Missionarstruppe herstammte, eines gewissen Ruhms erfreute.)
Zuerst schien der Umzug fruchtbar. Die Hawaiianer, die in Küstendörfern inmitten der trostlosen Lavafelder lebten, hatten nicht viel für Reverend Coan übrig und zeigten sich willens, zumindest jeden Sonntag zu erscheinen und sich Reverend Whislers Predigten über Hölle und Verdammnis, die schon bald mit Feuer und Schwefel über die Menschen hereinbrechen würden, anzuhören. In der Tat schien Reverend Whisters besondere Art feuriger Rhetorik diesen Heiden zu gefallen, die ja wortwörtlich im Schatten des zornigen Vulkans lebten. Ich würde die Vermutung wagen, daß die verstärkte Aktivität des Kilauea über den letzten Monat — eben jene Aktivität, die mich auf diese Insel gebracht hat — auch Reverend Whisters Anziehungskraft auf die verängstigten Einheimischen verstärkt hatte.
Dann, vor zwei Wochen, hatten die Drohungen begonnen. Mrs. Stanton erzählte, welchen Schikanen und Schrecken die Christenfamilien von seiten der einheimischen Anhänger von Pele — der Feuergöttin, die ich in diesen Aufzeichnungen bereits erwähnte — ausgesetzt waren, während sie gerade versuchten, sich ihr Leben in diesem Außenposten in South Kona einzurichten. Die Kirche — wie Miss Whister uns berichtete, nachdem sie ihren Tränen kurz Einhalt geboten hatten — befand sich gerade im Bau.
Wie es scheint, waren die örtlichen kahuna (oder Priester) ein riesenhaftes Geschwisterpaar — ich sage »riesenhaft«, da Mrs. Stanton schwor, daß jeder von ihnen wenigstens vierhundert Pfund wog —, die in dem Pastor und seiner Gemeinde schließlich ernsthafte Rivalen um die Gunst und Loyalität ihrer Pele-Verehrer sahen. Nach Aussage von Mrs. Stanton kamen die ersten Andeutungen des nahenden Schreckens in der Gestalt von »Warnungen« des Pele-Priesters gegenüber Rev. Whister. Der Priester warnte den Pastor offen, daß schon bald etwas Furchtbares geschehen würde, daß sich die Tore der Hölle selbst jüngst in dieser Gegend geöffnet hätten und daß die Christen — die »Ungläubigen, die nicht durch Peles Gnade geschützt werden« — sich in großer Gefahr befänden.
»Welche Art von Gefahr?« hatte Mr. Clemens gefragt, der in äußerst unmanierlicher Weise rittlings auf seinem Stuhl saß und sich mit jenem boshaften Funkeln in den Augen vorbeugte, welches Korrespondenten offenkundig bekommen, sobald sie vom Unglück anderer Menschen hören.
Mrs. Stanton berichtete, daß der Priester irgendwelchen Unsinn darüber fabuliert habe, daß sich in der Nähe die Öffnung zur hawaiischen Unterwelt befände, eine Öffnung, die Pele vor langer Zeit in einer furchtbaren Schlacht gegen die bösen Götter und Dämonen, die einst an dieser Küste gewandelt waren, verschlossen hatte. Es hatte Peles großzügiger Tat des Verschließens der Unterwelt bedurft, bevor Kamehamehas Volk in dieses Gebiet zurückkehren konnte. »Natürlich war das alles Unsinn«, hatte Mrs. Stanton zornig erklärt. »Fadenscheinige Phantastereien, um die wahren Schreckensabsichten des Schurken zu verbergen.«
An dieser Stelle hatte sich zu unser aller Überraschung unser Führer aus Hilo zu Wort gemeldet. »Nein, nein!« hatte er gerufen und dabei offenkundig für den
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