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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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Pizzamano.
    »Allenfalls gegenüber der Äbtissin«, hub Rosso wieder an, um sich sofort zu verbessern. »Ach nein, die Ärmste lag im Sterben, sie suchte Trost!«
    »Was Euch überflüssig vorkommen mag, Signor Rosso, kann für uns sehr wichtig sein«, wies Zuàne Formento ihn eilig zurecht. Und Rosso, der die Kommission natürlich weder verärgern noch misstrauisch machen wollte, fuhr fort zu erzählen:
    »Nun gut, hochverehrte Signori, kurz bevor diese heilige Frau ihren letzten Atemzug tat, hat sie ihre Hand zu Messer Loredan ausgestreckt, als würde sie ihn kennen   …«
    »Suor Lucia?« Catanio sah ihn erstaunt an.
    »Suor Lucia Vivarini. Ich war es, der Messer Loredan, als ich die Geste dieser armen Frau sah, aufgefordert hat, ihre Hand zu nehmen wie ein Sohn es bei seiner Mutter tut, und die Arme schien mir in dieser Berührung endlich Frieden zu finden.«
    »Was ist dann passiert?«, fragte Catanio.
    Bepo Rosso überlegte und schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Ich bin eine Trage suchen gegangen, mit der wir Suor Lucia ins Ospedaletto bringen konnten. Als ich zurückkam, tagte es, und die Äbtissin war verstorben.«
    »Und Messer Loredan?«
    Die Frage schien Bepo Rosso aus unendlich weiten Fernen zu erreichen, denn er wandte sich nicht einmal dem Fragenden zu. Er antwortete nur: »Er war sehr erschüttert.«
    »Könnt Ihr Euch das erklären?«
    Einen Augenblick lang war der Werkmeister versucht, sich über diese äußerst banale Frage lustig zu machen.
    »Wir alle waren erschüttert, Eccellenza«, sagte er jedoch nur, zu Melchiorre Michiel gewandt, der ihn mit einem zweideutigen, unverschämten Lächeln musterte, »angesichts all dieser Toten, dieser Verletzten in Venedig   … das dort nur noch eine Ruine war.«
    »Aber Ihr werdet Euch über dieses Verhalten doch Gedanken gemacht haben, oder nicht?«, insistierte Michiel säuerlich.
    Der Werkmeister hielt seinem Blick stand und wandte sich dann zu Pizzamano, um bei dem betagten Edelmann nach einem Ausweg vor einer Antwort zu suchen, die er nicht geben konnte. Doch das Haupt der Zehn deutete nur ein nutzloses Lächeln an. Rossos Blick glitt weiter hinüber zu Catanio, der erneut in ihn drang: »Signor Rosso, nun antwortet schon, die Frage scheint mir nicht sonderlich schwierig.«
    Wieder hob der Werkmeister bedauernd die Arme. »Was soll ich sagen, Euer Hochwohlgeboren   … Ja, es ist möglich, dass die Äbtissin Ser Loredan kannte, aber der Avvocato ist ja immerhin eine bekannte Person in Venedig, und er schien mir wirklich erstaunt, als Suor Lucia sich auf diese Weise an ihn wandte.«
    »Und nach dem Tod der Äbtissin«, drängte Michiel wieder, »habt Ihr da irgendeine Annäherung, einen Kontakt, was weiß ich, einen Blick zwischen Loredan und Anna Tagliapietra bemerkt?«
    »Nein.«
    »Seid Ihr ganz sicher?«
    »Ja.«
    »Es herrschte ein großes Durcheinander, das habt Ihr selbstgesagt. Wie könnt Ihr so sicher sein, dass es keine weiteren Kontakte zwischen der Novizin und Loredan gab?«
    Bepo Rosso erwiderte die Frage des Beamten zunächst mit einem verwirrten Blick. Dann antwortete der an die Auseinandersetzung mit Admirälen, Inspektoren und Mächtigen aller Art gewöhnte Mann entschlossen: »Ich habe Euch das gesagt, was ich gesehen habe!«
    »Ihr könnt Euch also nicht sicher sein!«
    »Sicherheit gibt es nur bei Gott, Messere.«
    »Lästert nicht!«, stieß der andere hervor.
    »Durchaus nicht.«
    »Werkmeister Rosso, zeigt Respekt!«
    Pietro Pizzamano, der höchststehende an Alter und Rang, klatschte dreimal in die Hände, was den verbalen Schlagabtausch abrupt beendete.
    »Beruhigt Euch, Signori, überlassen wir die Raufereien den Wirtshäusern.«
    Bepo Rosso löste seinen Blick von Melchiorre Michiel und verbeugte sich vor dem alten Ratsherren.
    »Ihr habt recht, bitte vergebt mir, hochverehrter Messere.«
    Sein Kontrahent tat das Gleiche, doch nur andeutungsweise und ohne die Verbeugung mit Worten zu begleiten.
    »Gut«, bemerkte Pizzamano knapp. »Wenn die Signori keine weiteren Fragen an den Werkmeister Rosso haben, können wir die Anhörung beenden.«
    Es folgte ein intensiver Austausch von Blicken und beredtem Schweigen.
    »Waltet Eures Amtes«, sagte Pizzamano zu dem Notar. Gleich darauf fasste das Mitglied der Zehn sich unwillkürlich an die Stirn und betrachtete sodann seine Fingerspitzen: Sie waren nass. Der nächste Tropfen erwischte ihn an der Nase und glitt wie eine Träne hinab, als ein weiterer schon das Pergament

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