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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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war zum vertraulichen Du übergegangen, ein Zeichen, wie erbittert er über die dreiste Weigerung war und dass er bereit war, zu schießen. Zwei der Soldaten, offenbar Gleichgestellte, packten den Alten an den Armen, ohne Befehle abzuwarten, zogen ihn hoch und zwangen ihn, sich hinzuknien. »Wer bist du?«, herrschte ihn der Erste an, immer noch auf ihn zielend.
    Der Alte begriff, dass der Tod zurückgekehrt war, um ihn zu besuchen, und mit der Geistesgegenwart, die ihn so oft schon gerettet hatte, krümmte er sich zusammen, schaukelte mit gefalteten Händen und gesenktem Kopf vor und zurück, als wäre er in der Moschee während der Korangebete, und flehte unter Tränen: » Lütfen beni öldürmeyn! Lütfen beni öldürmeyn !«
    Bei diesen fremdländischen, aber bekannten Worten, wechselten die Fanti da Mar überraschte Blicke. Dann wurde der Erste, der gesprochen hatte, wieder ernst, drehte seine Arkebuse um, ergriff den Lauf mit beiden Händen und versetzte dem Alten mit dem Griff einen heftigen Schlag in den Nacken. Der fiel zur Seite wie ein Sack Getreide, der vom Karren fällt.
    »Elender Türkenhund   …«, sagte der Soldat. Seine Augen blitzten vor Stolz, weil er den Erzfeind niedergeschlagen hatte.

18
    Venedig dehnte sich auf dem geschliffenen Blau der Lagune aus, und die hundert Campanili über den roten Dächern wirkten wie Pfeiler, die den Himmel trugen.
    Venedig gibt es noch, dachte Andrea, als er zum Campanile von San Francesco blickte. Ein Sonnenstrahl durchschnitt die Luft und ließ den oberen Teil aufleuchten, wo die von der Explosion weggerissene Spitze fehlte. Darunter, weniger als hundert Schritt von der Apsis der Celestia entfernt, hatte der Bug der Galeere sich in das morastige Ufer gebohrt, und nachdem sie eine Leiter angebracht hatten, waren Matrosen und Arsenalotti eifrig damit beschäftigt, dem Dogen mit der Signoria und zahlreichen Mitgliedern des Pien Collegio beim Aussteigen zu helfen.
    Andrea, der sich seit langem in den Sälen der Regierung Venedigs bewegte, erkannte zwar nicht alle Gesichter, erriet die Identität der Männer jedoch an ihrer Haltung, ihrer Art zu gehen und sich zu Gruppen zusammenzuschließen. Erleichtert wurde das durch die Farben ihrer Gewänder, die je nach dem Amt von Schwarz bis in dunkle Rottöne spielten. Er blieb noch einen Augenblick stehen, weil zwei Arsenalotti seinen Vater, den Dogen, hochgehoben hatten und ans trockene Ufer trugen. Bei diesem Anblick verspürte Andrea Mitleid, fast Rührung. Er hatte seinen Vater nicht so alt und gebrechlich in Erinnerung. Und es war noch nicht lange her, dass er den Palazzo verlassen hatte.
    Andrea ließ noch einmal den Blick über die Verwüstung schweifen, die so schwer zu ertragen war. Ein weiterer Sonnenstrahl hatte eine andere Ecke des Campanile erfasst und streifte nun das Dach der Kirche. Ja, eines Tages werden wir uns an den 13.   September 1569 erinnern, dachte er. Und ohne länger zu warten, ging er schnellen Schrittes hinter den beiden Fanti her, die sich mit dem toten Kind zwischen den Trümmern entfernten.

WASSER

1
    Venedig, 19. Oktober 1569
    Pietro Loredan, der vierundachtzigste Doge der Serenissima Repubblica , hasste Gewalt und liebte den Geruch von Siegellack mit seinem sauren Grund aus Lärche, der typisch ist für das venezianische Terpentinöl. Vielleicht weil dieser Geruch ihn an die glänzend polierten, duftenden Nussbaumhölzer in der Offiziersmesse seiner Schiffe erinnerte, wohin der menschliche Gestank der Kielräume und Ruderbänke nicht gelangte. Immer wenn er durch die Flure und Säle des Palazzo Ducale schritt, genoss Loredan diesen Duft. Ließ er sich dann auf einem der Dogensessel aus lackiertem Holz nieder, die jeder Ratssaal für ihn bereithielt, strich er gerne mit den Fingerspitzen über die intarsierten Armlehnen, um sodann Zeigefinger und Daumen an die gerade, scharf geschnittene Nase zu führen. Ein tiefer Atemzug, und der Duft des Siegellacks beruhigte und ermutigte ihn.
    Denn Spannung hatte sich an diesem Oktobernachmittag im Saal des Rates der Zehn, mit seiner vergoldeten Kassettendecke und den Deckenmalereien zur Verherrlichung der Macht und der Regierung Venedigs, beim Anhören des nüchternen, detaillierten Berichts über die Explosion des Arsenale wahrhaftig aufgebaut. Mindestens ebenso viel, wie Siegellack auf dem Sessel aufgetragen war. Doch obwohl der Doge Loredan unaufhörlich darüberstrich und den Duft einatmete, wollte seine Unruhe nicht abnehmen.
    »Unter diesen

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