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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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Hospiz für arme Seeleute, und kam gerade noch rechtzeitig zurück, um zu sehen, wie rings um San Domenico Fanti da Mar aufmarschierten und drei Boote der Zehn mit Hauptmännern und Sbirren ankamen. In seiner Eigenschaft als Anwalt konnte er bis zum Ausgang des Klosters vordringen, wo Bernardo gerade in Ketten von vier Sbirren herausgezerrt wurde.
    »Macht Ihr meinen Anwalt?«, rief der Arsenalotto ihm dreist zu. Sein Hemd war zerrissen, das Gesicht zerschlagen, ein Held, der sich nicht einmal vor dem Henker beugt.
    »Großartig, was Ihr erreicht habt!«, erwiderte Andrea, dem Bernardos prahlerisches Auftreten zuwider war.
    »Und Ihr, was habt Ihr gemacht? Wenigstens wissen wir jetzt, dass Sofia wirklich in diesem Scheißgefängnis gewesen ist und man sie gestern weggebracht hat!«, konnte der Arsenalotto ihm noch zurufen, bevor er auf ein Boot der Zehn verfrachtet wurde. Doch auch das wusste Andrea bereits.

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    Der erste Schlag weckte ihn. Der zweite machte Bepo klar, dass sie gekommen waren. Unter Schmerzen setzte er sich auf. Durch das Fenster fiel das rötliche Licht des ausgehenden Tages. Die Wunde pulsierte, als klopfte ihm ein Antreiber in der Galeere den Rhythmus des Ruderns auf die Schulter.
    »Die Sbirren sind da!« Annina stürzte ins Zimmer.
    »Geh aufmachen.«
    Sie starrte ihn erschrocken und unschlüssig an.
    »Geh!«, wiederholte er und stand auf.
    Annina beeilte sich.
    »Ich komme!«, hörte er sie rufen, während sie die Treppe hinunterlief.
    Bepo packte das Bett und schob es zur Seite. Dann steckte er die Spitze des Dolches zwischen die Bohlen am Boden, drückte und hob eine der Bohlen an. Darunter war eine Aushöhlung, und sie war voller Golddukaten, die glänzten, als kämen sie frisch aus der Münze.
    »Was wollt Ihr?«, hörte er Annina unten fragen.
    »Wir suchen den Werkmeister Rosso.«
    »Meinem Mann geht es nicht gut!«, sagte sie bestimmt.
    »Lasst uns herein!«, kam die ebenso bestimmte Antwort.
    Bepo wühlte in der weiten Tasche seiner Hose, zog das Büchlein heraus und legte es zu den Münzen. Er fügte die Bohle wieder ein, drückte sie mit der Ferse fest und schob das Bett darüber. Schwere Tritte erklangen auf der Treppe. Er ging zum Fenster und wartete dort, die rote Sonne im Gesicht und den Rücken zur Tür. Deutlich hörte er, wie Schwerter aus der Scheide gezogen wurden. Er beschloss, sich umzudrehen, aber langsam, wie auf den Zuruf eines Freundes. Was er sah, erstaunte ihn nicht: Zwei Sbirren und der Hauptmann in schwarzer Dienstuniform standen reglos mit gezückten Schwertern in der Tür und blickten ihn streng an.

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    An der Sitzung des Senats nahmen alle teil, außer dem Dogen Pietro Loredan. Das lange Sendschreiben des Botschafters Barbaro wurde von einem der Sekretäre des Senats, Jacopo Ragazzoni, verlesen. Im Kern kündigte es die Ankunft eines neuen, von Sultan Selim II. gesandten Emissärs an, eines Chaus namensCubat, der ein hochrangiger Botschafter, Mitglied des Hofes des Sultans und bereits wohlbekannt war, da er sich Ende 1567 schon einmal über längere Zeit in Venedig aufgehalten hatte. Barbaro hatte Kenntnis vom vollständigen Wortlaut der Briefe erlangt, die Cubat mit sich führte. Darin ging es um die offizielle, endgültige Forderung, das Königreich Zypern an die Osmanen abzutreten. Andernfalls würde es Krieg geben.
    Mit diesem Befehl wurde die im Großen Rat noch ungelöste Frage der Aufrüstung natürlich abermals brennend aktuell.
    Erbost über das ständige Aufschieben einer Entscheidung, hatte Alvise Mocenigo sich einen letzten Schachzug vorbehalten: Wenn die Partei, die für Verhandlung mit dem Türken eintrat, auch hier im Senat überwog, würden seine Getreuen in der Signoria angesichts des Ernstes der Lage das Problem direkt vor den Rat der Zehn bringen, der im Notfall exekutive Gewalt hatte und dessen Mehrheit Mocenigo auf seiner Seite wusste.
    Die Diskussion war in vollem Gange, als Andrea Frizier, ein anderer hochangesehener Sekretär, plötzlich vor dreihundert Senatoren auf die Tribüne stieg und dem Vizedogen Nicolò Gritti etwas zuflüsterte. Stille senkte sich über den Saal, und Mocenigo begriff sofort, dass etwas Ernstes passiert sein musste, was bedeutete, dass die Entscheidung auch dieses Mal wieder aufgeschoben werden würde. Er irrte sich nicht: der alte Gritti, der mit seiner Stimmgewalt nicht geizte, erhob sich und informierte die Versammlung über die Unruhen, die im Kloster San Domenico ausgebrochen waren, und dass es Verhaftungen

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