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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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erwiderte Mocenigo ebenso höflich.
    Der Nuntius neigte ein wenig den Kopf. »Wohl wahr. Doch Tiere folgen ihm bis aufs Blut. Die Menschen hat Gott Liebe gelehrt.«
    Mocenigos Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Es hatschwerwiegende Zwischenfälle gegeben, die zwei Klöster dieser Stadt betreffen«, sagte er leise.
    Facchinetti schien zu erlöschen wie eine Kerze, stellte sein Glas auf dem Tisch ab und verschränkte die Arme. »Ich habe in meinem Leben schon viele Sünden angehört. Sprecht   …«, seufzte er.
    »Diese sind so ernst, dass es mich schmerzt, Euch davon unterrichten zu müssen.«
    »Ich kann einiges ertragen. Zögert nicht.«
    Mocenigo musterte ihn, als schätzte er seine Kräfte ab, und ihm schien der Moment für den Angriff gekommen.
    »Bluttaten, Diebstahl, Gewalt, Machenschaften von Spionen.«
    Der Nuntius wich zurück und blickte sein Gegenüber überrascht an, doch ohne zu übertreiben, denn zu großes Erstaunen wäre nicht nur verlogen, sondern vor allem töricht gewesen.
    »Den Sünden der Menschen«, hub er im milden Ton des Predigers an, »steht die erhabene Größe der göttlichen Vergebung gegenüber.«
    »Gewiss, Hochwürden«, erwiderte Mocenigo prompt. »Doch auch die Strenge unserer Gerichte.«
    Der Prälat kassierte den Treffer, wiegte jedoch leicht den Kopf hin und her. »Sprecht. Worum handelt es sich?«
    Mocenigo spannte den Kiefer an. »Wir haben eine Verbindung zwischen der Celestia und San Giacomo auf der Giudecca mit der Explosion des Arsenale und dem Diebstahl der Lohngelder aus den Kassen der Patroni gefunden.«
    Ein Applaus, prasselnd wie salzhaltiges Holz, das ins Feuer geworfen wird, lenkte sie ab. Vor der Mauer des großen Gartens hatten Arsenalotti aus vielen nebeneinandergestellten Fässern ein Viereck gebildet und darauf ein großes Eichenbrett gelegt, so dass eine Bühne entstanden war. Gleich würde die erste Gruppe aus sechzehn Männern auf diese Bühne steigen, um eine menschliche Pyramide zu bilden.
    Jetzt wurden die Augen des Nuntius zu Schlitzen. »War die Explosion nicht das Werk des Türken?«
    Mocenigo seufzte und breitete niedergeschlagen die Arme aus. »Das hätte sie sein sollen. Leider scheint es nicht so zu sein.«
    Der Nuntius schüttelte den Kopf und gab sich misstrauisch. »Sind das Vermutungen oder Gewissheiten?«
    »In einigen Fällen haben wir Beweise. In anderen wird noch ermittelt, aber ich versichere Euch, dass man von Konstantinopel bis London über diese Ereignisse sprechen wird, wenn sie vor Gericht kommen.«
    »Der Schaden wäre sehr groß.«
    »Davon bin ich überzeugt. In diesen Klöstern gibt es Teufel, die morden und Simonie treiben, und es gibt einen Handel mit kostbaren, aus Kirchen gestohlenen Sakralgegenständen. Sogar der Prior von San Giacomo scheint ein gottloser Verbrecher zu sein.«
    »Maestro Dardano?«, fragte der Nuntius fassungslos.
    »So hat man mir berichtet«, antwortete Mocenigo ernst. »Und was noch schlimmer ist, auch Avvocato Loredan ermittelt in dieser Geschichte. Loredan ist ein Mann von großer Tugend, gewiss keiner, der schweigen oder Kompromisse akzeptieren wird.«
    Die Miene des Nuntius zeigte Bestürzung. »Seine Heiligkeit wird einen Skandal von solchen Ausmaßen keinesfalls dulden, Maestro Dardano und die Servitenpatres haben einflussreiche Beschützer in der römischen Kurie. Das wäre das Ende für die Heilige Liga.«
    »Das fürchte ich auch«, bestätigte Mocenigo.
    »Wir müssen das unbedingt verhindern. Klärt diese unerfreuliche Situation.«
    »Ich werde es versuchen, Hochwürden.«
    Sie musterten sich eingehend, um die Vertrauenswürdigkeit des anderen abzuschätzen, und es sah aus, als kreuzten sie die Klingen.
    Die erste Figur der Arsenalotti, die die Herkules-Wettkämpfe eingeleitet hatte, wurde mit Applaus bedacht. Vor allem die Frauen klatschten hingerissen, etwas weniger begeistert stimmtendie Männer ein. Die adeligen Damen hatten sich von ihren Tischen erhoben und im Halbkreis um das Quadrat der Arsenalotti gestellt, die andere Hälfte für die Auf- und Abtritte von der Bühne frei lassend.
    »Kommt Ihr nicht, Eminenz?«, fragte Mocenigo. »Die Marangoni bereiten die ›Ente‹ vor, eine menschliche Pyramide aus zweiundvierzig Männern und einem Jungen an der Spitze.«
    »Geht Ihr, ich werde die Spiele von hier beobachten, wenn Ihr nichts dagegen habt.«
    »Wie Ihr wünscht. Ich muss die Honneurs machen.« Mocenigo verabschiedete sich mit einer halben Verbeugung.

104
    Die Krapfenverkäufer

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