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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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ihm etwas zu. Darauf trat Mocenigo zum Botschafter du Ferrier, um ihm mitzuteilen, dass die beiden Gäste nunmehr getrennt werden konnten.
    »Dieser Unglücksmensch!«, krächzte du Ferrier, als bedaure er den Schlamassel, in den sein Landsmann sich gebracht hatte.
    »Habt Ihr etwas gesagt?« Mocenigo tat, als hätte er nichts gehört.
    » Monsieur du Bourg est absolument extravagant !«, bemerkte du Ferrier ein wenig vorsichtiger.
    Mocenigo nickte nur, dabei überwachte er das Grüppchen aus Du Bourg, Mahmut, Andrea Dolfin und dem Nuntius Facchinetti, das von einem Gemälde zum anderen wanderte und den Erläuterungen lauschte, die Ottavio da Magi gab, ein überragender Latinist, Literat, Kunstkenner und Vertrauensmann Alvises.
    »Ihr müsst Euch von jetzt an um ihn kümmern, Monsieur l’Ambassadeur.« Mocenigos Ton war honigsüß geworden. »Wenn Du Bourg von der Verhaftung Mahmuts erfährt, wird er Gift und Galle speien.«
    Der Botschafter, darin geübt, Konflikte zu entschärfen, überließ es seinem Schweigen, zu demonstrieren, dass Sand noch die stärkste Welle aufzunehmen vermag.
    »Alles ist bereit, Ihr könnt unbesorgt sein«, sagte er darauf freundlich. »Du Bourg bleibt zunächst bei mir im Palazzo Michiel, damit wir die Form wahren. Später werde ich ihm raten, Venedig zu verlassen, und Ihr könnt ihn verhaften.«
    Nun schwieg auch Mocenigo eine Weile, um nicht den Eindruck zu erwecken, es gäbe einen Disput zwischen ihm und dem Botschafter.
    »Ihr müsst verstehen, wir haben schon viel zu viele Probleme«, sagte er ruhig. »Wir werden beide gut behandeln, für Mahmut haben wir einen goldenen Käfig in einem schönen Haus auf der Giudecca vorbereitet.«
    »Mein Freund«, sagte du Ferrier konziliant, »handelt nach Eurem Dafürhalten, meine Einwilligung habt Ihr. Der Türke darf nicht in Paris ankommen, das will der König nicht.«
    Nun wurde Mocenigos Ton verschwörerisch, und er flüsterte du Ferrier ins Ohr: » Alors, vite, vite! Fahren wir fort, und zwar rasch!«

106
    Granzo dachte, er wäre noch einmal davongekommen. Er hatte den Käse aufgegessen und lag unter lauwarmem Stroh in einem Stall. Mit dem Plan, zur Furt des Po zurückzugehen und wieder die Via Francigena einzuschlagen, um über die Berge ans Meer zu gelangen, war er eingeschlafen. Er würde diesen Plan durchführen, denn unter einem Herrn oder schlimmer, in einem Kloster zu leben, hätte er niemals ertragen.
    Aus dem Nichts erschien der Lauf einer Arkebuse und hob sich langsam bis zu seinem Gesicht. Dann ein Tritt, und Granzo fand sich in einer bitteren Wirklichkeit wieder: Die beiden Sbirren hatten ihn gefunden.

107
    Die Mascaréta lag an der Anlegestelle des Rio della Tetta auf der Rückseite der Locanda. In Andreas Boot stand eine halbe Handbreit Wasser und neigte es ein wenig zur Seite. Andrea wollte die Mascaréta für den nächsten Tag vorbereiten, damit alles glattging. Zuerst nahm er einen Eimer und begann, das Wasser auszuschöpfen. Eine langwierige Arbeit, die ihm Zeit zum Nachdenken gab. Am morgigen Karnevalsdienstag würden so viele Boote auf der Lagune sein wie Sterne am Himmel. Sein Plan war verrückt, aber der einzig mögliche. Wenn sie Sofia befreit hatten, vorausgesetzt, es gelang ihnen, sollte Bernardo zurückkehren, während Andrea und Sofia an Bord der Mascaréta zu den Marschen von Lizza Fusina fuhren. Von dort gelangte man durch den Sumpf und die Kanäle leicht bis nach Mirano auf der Terraferma, wo die Loredan große Ländereien besaßen. Hier lebte in einem Bauernhaus Moreta, die Amme, die Andrea nach dem Tod von Lucrezia gestillt hatte. Er nannte sie mammina , und eine Mutter war sie für ihn geblieben. Moreta lebte allein und hätte alles für ihn getan. Andrea wollte sie bitten, Sofia zu verstecken und zu beschützen. Er würde nach Venedig zurückkehren und sich freiwillig den Signori di Notte stellen, um sein Vergehen zu büßen und Sofia zu verteidigen.

108
    Ein großes Stück Putz war im Saal der drei Häupter der Zehn von der Decke gefallen, und die Schreie von Silvioto, dem Maurermeister, hörte man bis zum Senat. Der alte Vorarbeiter zürnte mit seinen Maurern, die die Decke nicht ordentlich abgestützt hatten.
    Alvise Mocenigo warf einen letzten Blick auf den »Triumph der Tugend über das Böse«, das Gemälde von Veronese, das ein Stück herunterfallender Putz getroffen hatte. Sein Herz krampfte sich zusammen, denn ausgerechnet das Gesicht der Tugend war betroffen, der jungen Frau, die seiner

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