Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
Vom Netzwerk:
und tugendhafter muss derjenige sein, der sie zieht.«
    Wieder folgte Schweigen.
    »Was Ihr da sagt, Signore«, begann Andrea Dolfin, der seine charakteristische Reizbarkeit nicht zügeln konnte, in scharfem Ton, »bedeutet, wohlwollend verstanden, dass wir mindestens unvorsichtig sind!«
    »Ich will sagen«, erwiderte da Ponte im gleichen Ton, »dass ich gegen diese Verhaftung bin, wenn es keine absolute Gewissheit gibt.« Er wartete. »Ich bin jedoch für eine Anweisung, die Andrea verpflichtet, die Stadt nicht zu verlassen. Ich kann für ihn bürgen. Andrea ist immer vertrauenswürdig gewesen.«
    »Ihr habt recht, Senatore!«, rief Mocenigo aus, um den nutzlosen Streit im Keim zu ersticken. Zu Dolfin gewandt, fragte er: »Was denkt Ihr darüber?«
    Unwillig, mit angespanntem Kiefer, antwortete das Haupt der Zehn: »Ich bin einverstanden.«
    »Gut!«, rief Mocenigo aus und fügte, da Ponte ansprechend, hinzu: »Und was das Problem der Klöster betrifft, meint Ihr nicht auch, dass es angebracht wäre, jede Art Ermittlungen vorerst einzustellen?«
    Das ist sie, die Schlange, die mir die Rechnung präsentiert, dachte da Ponte sofort, aber er dachte auch, dass Mocenigo recht hatte. Und wenn er in diesem Punkt nachgab, würde er ein gewisses Wohlwollen für Andrea herausschlagen. Also nickte er.
    »Ja, das erscheint mir weise, wenigstens im Moment«, sagte er.
    »Im Moment«, beeilte sich Mocenigo zu versichern.

109
    Es war ein besonderer Abend in der Locanda della Torre. Ein Abend, zu dem Andrea eingeladen worden war. Secantin, der junge Arbeiter, der damals mit Francesco d’Angelo in den Rio gesprungen war, um Andrea und Sofia zu retten, heiratete ein Mädchen aus Chioggia, das er in Burano kennengelernt hatte, wo sie die Kunst des Spitzenklöppelns lernte. Die Feierlichkeiten hatten schon am Morgen begonnen, die Tische, an die Wände geschoben, bogen sich unter Speisen, Tellern, Schüsseln, Krügen, Glaskaraffen, Bechern und Besteck. Die Gäste tanzten mit einer Kerze in der Hand zur Musik von Lauten, Flöten und Trommeln. Sie drehten sich paarweise und schlossen sich zu einem Kreis zusammen, um dann wieder zu zweit zu tanzen. Alle vereinte die festliche Kleidung aus schwarzem oder tiefblauem Samt, dazu ein weißes Hemd und Bluse.
    Lorenzo, der Wirt, tanzte mit ihnen, im Unterschied zu den anderen in elegantem rotem Samt und einem auffälligen Hemd aus gelber Seide, das farblich zu den Strümpfen und Stoffschuhen passte. In einer Ecke lachte Maria, umringt von einer Schar fröhlicher junger Männer. Graziosa drehte sich anmutig aus dem Tanz mit ihrem Kavalier, und Andrea hatte plötzlich ihre Kerze in einer Hand, in der anderen die Hand des Mädchens. So hatte er zuletzt mit Taddea getanzt, vor langer Zeit. Schon nach einer Umdrehung leerte sich die Tanzfläche, um diesem ungewöhnlichen Paar Platz zu machen. Lorenzo betrachtete seine zur Frau gereifte Tochter und träumte, Maria aber schaute grimmig drein.
    Als der Missièr Grande und seine Männer den Raum betraten und sich einen Schritt vom Eingangsbogen entfernt aufstellten, zogen sie alle Blicke auf sich, die Musik begann zu holpern und verstummte, die Tanzenden erstarrten. Andrea sah den bärtigen Carlo Varotto mit schwarzem Barett, einem eleganten roten Anzug aus damasziertem Stoff und einem mit Wolle gefüttertenschwarzen Mantel auf sich zukommen. Begleitet wurde er von Celso Calbo im schwarzen Gewand und zwei Sbirren.
    Als Erstes dachte Andrea an seinen Vater. »Ist dem Dogen etwas zugestoßen?«, rief er erschrocken aus.
    Varotto schüttelte den Kopf und blickte sich verlegen um, gehemmt durch all die Blicke, die auf ihm lagen, dann zog er ein gefaltetes Papier mit dem Siegel der Zehn hervor und überreichte es Andrea. »Wir sind hier, um Euch das zu übergeben, Ser Loredan.«
    Andrea, der die Prozedur der Benachrichtigung kannte, spürte, wie ihm ein Schauder vom Nacken durch den ganzen Körper fuhr. Er hatte die Vorladung noch nicht aus den Händen des Missièr entgegengenommen, als ein dumpfer Schlag alle Blicke auf sich zog: zwei Schritt entfernt, lag Graziosa ohnmächtig auf dem Holzboden.
    Um in dieser Nacht schlafen zu können, hatte Andrea seine halbe Kleidertruhe geleert und die wärmsten Sachen angezogen. Es gab kein Kohlebecken oder Kaminfeuer, das ihm Erleichterung hätte verschaffen können. Sogar das Wasser in der Waschschüssel war gefroren, und in den neuen Deckenbalken aus Eiche, die nach der Explosion eingesetzt worden waren, flüsterte

Weitere Kostenlose Bücher