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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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der Prokurator da Mula, der Abt und Schellino sich in die Kirche begaben, um zu beten. Ihnen folgten die zehn Dominikaner des Klosters San Domenico in Venedig, ein Hauptmann und drei Soldaten, die Zutritt bekommen hatten. Alle sprachen laut den einundfünfzigsten Psalm: »Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit. Wasche mich wohl von meiner Missetat und reinige mich von meiner Sünde.   …«
    Das Gebet endete, als vom Campanile die Glocke zum Angelus erklang. Auf dem Kirchplatz erbot sich der Abt, den Inquisitor und sein Gefolge sofort in die Bibliothek des Klosters zuführen. Die Antwort auf dieses Angebot waren mehrere Blicke hinüber zu Angelo Riccio. Zum ersten Mal konnte der Frate, der in dieser unmissverständlichen Form in das Geschehen einbezogen wurde, sich nicht mehr hinter seinem Schweigen verstecken.
    »Mein gelehrter Meister und teurer Freund«, hub er mit einer Verbeugung vor dem Abt an. »Ich heiße Angelo, gehöre der Kurie Paduas an, und nur die Gerechtigkeit und die Brüderlichkeit der Seele nötigen mich in dieser schwierigen Lage, Euch um Euer Wohlwollen zu bitten   …« Er brach ab, um den Grad der Eiseskälte zu ermessen, die in den Augen des Abtes entstand.
    »Habt keine Bedenken, sprecht. Ich bin hier, um dienlich, nicht um hinderlich zu sein.«
    Es folgte eine Pause.
    »Wir wissen um Eure Frömmigkeit, Ehrwürdiger, und indizierte Bücher in Eurer Bibliothek zu suchen wäre gleichbedeutend damit, Euch persönlich und all Eure Patres zu durchsuchen. Nein, darum sind wir nicht hier. Worum ich Euch bitte, ist, mit Eurer Erlaubnis eines der Häuser Eurer Einsiedelei besuchen zu dürfen, und zwar das vierte.«
    Erst wich der Abt zurück, dann beugte er, überrascht von der Bitte, leicht das Haupt.
    »Aber in diesem Haus kann sich kein einziges Buch befinden, das versichere ich Euch!«, rief er entschieden aus.
    »Dessen bin ich gewiss, trotzdem bitte ich Euch, es uns zu zeigen«, sagte Frate Angelo freundlich.
    Die Miene des Abtes verhärtete sich für einen Moment. Dann wies er ihnen den Weg.
    Fra Fedele reagierte recht unwillig auf die Invasion, und der Abt hatte Mühe, ihn zu beruhigen. »Was denn für Bücher?«, rief er immer wieder aus. »Hier ist noch nie ein Buch hereingekommen!« Man führte ihn in den Garten und setzte ihn in die sonnigste Ecke.
    Riccio, der Inquisitor Schellino und da Mula betraten das Haus, wo das Mobiliar auf das Notwendigste beschränkt war: ein Tisch, ein Bett, ein Stuhl, die Betbank, eine Truhe. Kein Licht, kein Buch. Nur ein Kruzifix an der Wand. Besonders unbehaglich war dem Prokurator der Serenissima zumute, der angesichts dieser mönchischen Armut, verbunden mit der Blindheit des armen Frate, zunehmend das Gefühl hatte, den Ort zu entweihen. Darum war er der Erste, der fragende Blicke auf Angelo Riccio richtete, während dieser sich seinerseits fragte, wo hier Bücher versteckt sein konnten, da es weder einen Dachboden noch eine Abstellkammer gab.
    Schellino wiederum, der, wenn er einen zu durchsuchenden Ort betrat, als Erstes ein Kreuzzeichen zu schlagen und sich eine violette Stola um den Hals zu legen pflegte, begnügte sich an diesem Tag damit, niederzuknien und zu beten, wobei er sich insgeheim den Vorwurf machte, die Mission in die Euganeischen Hügel zu leichtfertig angenommen zu haben.
    Erst dachte Riccio an einen Irrtum. Es gab weitere neunzehn Häuser, alle sahen gleich aus, vielleicht mussten alle überprüft werden. Auch ein möglicher Betrug kam ihm in den Sinn. Es konnte durchaus sein, dass Filippo Tomei etwas über ihn erfahren und ihn auf eine falsche Fährte gelockt hatte. Während er sich umschaute, Vermutungen anstellte und seinen Lohn, die zehntausend Dukaten in Diamanten, schon entschwinden sah, blieb sein Blick an einem ungewöhnlichen Detail hängen: Wenn man aus einem Fenster in der Rückseite des Hauses blickte, bemerkte man einen großen Unterschied zwischen der Innenwand und der Außenwand. Als gäbe es unter dem Haus noch einen Raum. Er ging nach draußen und erhielt die Bestätigung: die Fassade war etwa dreißig Fuß hoch. Im Inneren maß dieselbe Wand jedoch nur zwanzig Fuß. Riccio fragte den Abt nach dem Grund, aber der zuckte nur mit den Achseln, er wusste es nicht. Die ungeklärte Frage belebte Lorenzo da Mula und Aurelio Schellino. Man beschloss, ein kleines Loch in die Mauerzu bohren, und der Bruder Maurer wurde gerufen. Er kam in Begleitung eines Novizen mit

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