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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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in Nischen aufgestellt, die rechts wie links auf Augenhöhe in zwei parallelen Reihen in die Wände dieses langen Ganges gegraben waren.
    »Dies ist der unterirdische Weg, von dem ich Euch erzählt habe«, sagte der Abt. »Er ist über zweihundert Jahre alt. Es sind Tunnel, die unsere Ahnen gruben, um den Raubzügen der Briganten und dem Krieg zu entgehen. Wir benutzen sie als Zufluchtsort für die Bücher, seit böse Ideen die Werke in Gefahr bringen.« Der Gang endete mit zwei weiteren Treppen, die in einen nächsten, ebenfalls mit Büchern gefüllten Gang führten.
    »Auch diese Behältnisse stammen sicher von euch«, sagte Andrea zu Jacomo.
    »Nur teilweise«, antwortete der Glasmeister. »Wir haben sie zu dritt geschaffen, meine Glashütte, die der Vivarini und die der Familie d’Angelo.«
    Der Gang war unterdessen breiter geworden, und im Licht der Laternen tauchten zwei Druckerpressen auf, Tische mit Werkzeugen und Lettern, Regale voller Druckplatten.
    »Das ist unsere kleine Druckerei«, bestätigte der Abt mit einem Hauch Stolz.
    Sie stiegen vier Stufen hinab und gingen durch die nächsten beiden Gänge voller Bücher. Andrea schätzte, dass es mindestens zehntausend sein mussten, und dachte an die mühevolle Arbeit, die nötig gewesen war, um diese Bibliothek zu erbauen und zu erhalten. Der Abt öffnete mehrere Türen. Die Temperatur, die bis jetzt konstant gewesen war, begann zu sinken. Wieder gab es einen Windstoß wie zuvor weiter oben und nach zwanzig Schritten gelangten sie an das nächste Tor. Dann erhob sich ein diffuser Lärm, der langsam anstieg, je näher sie kamen, und in den sich das Rauschen von Wasser mischte. Als der Abt die letzte Tür geöffnet hatte, diesmal aus Holz, war es, als träte man in die Helligkeit des Paradieses. Im Licht vieler Lampen ragte vor ihnen eine Pyramide aus Säcken auf. Gleich dahinter drehte sich mitten in einem großen Raum ein Mühlstein, in den das Korn geschüttet wurde. Andrea, Sofia, Gabriele und Tomei blickten sich verwundert um. Der unterirdische Gang endete im Inneren der Mühle des Klosters, die, so erklärte der Abt, nach der Vorschrift der Ordensregel das Mehl für den täglichen Bedarf erzeugte. Der Rest wurde zu gleichen Teilen an die Armen verteilt und auf dem Markt verkauft. Das große Mühlrad wurde mit dem Wasser des Rio Calcina betrieben, über dem die kleineMühle aus Holz und Stein erbaut war. Hier arbeiteten drei Mönche. Ihre Gesichter und Hände waren mit einer Mehlschicht bedeckt, weiß, wie ihre Kutten. Sie verbeugten sich, als sie den Abt sahen, und wunderten sich ein wenig über die Fremden.
    Andrea zog Jacomo beiseite und versuchte ein letztes Mal, ihn zu überzeugen. »Kommt mit uns, im Namen Gottes! Ihr seid nicht der Mann, der sich ergibt. Ihr habt Euer Leben mehr als einmal geändert, Ihr könnt es wieder tun!«
    Jacomo legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Eure Zuneigung rührt mich, aber ich versichere Euch, dass ich nichts bereue und keine Lust habe zu fliehen. Gabriele zu retten war die letzte Aufgabe, die ich mir gestellt hatte. Lasst mich in Frieden gehen, haltet mich nicht zurück.«
    Andrea spürte, dass jedes weitere Wort zwecklos war. Er sah den Alten an. Sie umarmten sich. Dann drehte er sich um. Frate Cristoforo, Tomei und Gabriele waren schon auf das Brückchen über den Rio zugegangen und verschwanden im letzten Seufzer des Abendlichts. Sofia aber stand noch dort und wartete auf ihn. Ein letzter Gruß für den Abt, ein Blick auf Jacomo und die anderen. Dann gingen sie zusammen nach draußen.
    Die Luft war kalt und still. Sie ließen das Knarren des Mühlrads, das Knirschen des Getriebes und das Schleifen des Mühlsteins hinter sich. Es blieben das zwischen den Steinen plätschernde Wasser, sein Gurgeln an den grasbewachsenen Ufern, das Geräusch ihrer Schritte und des Karrens auf dem Kies der Straße. Andrea und Sofia fassten einander an der Hand, ohne dass einer dem anderen zuvorgekommen wäre. Der Weg fiel leicht ab, mit der gleichen Neigung wie der Fluss. Der Wald auf der linken Seite war ein dunkler Schatten, der stellenweise in die runden Wipfel großer Steineichen ausbrach. Die Sterne verliehen dem Himmel Körperlichkeit, und die gewellte Silhouette der Berge schien ihn wie ein Rahmen zu stützen. Andrea spürte, wie Sofia sich ihm näherte, um ihn zurückzuhalten, und mit demgleichen Wunsch drängte er sich dicht an sie. Er roch ihren Duft. Ihre Lippen waren so nah, dass beider Atem verschmolz. Sie streiften

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