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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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sich auf der linken Seite mit den siebenundsechzig Galeeren von Uludsch Ali.
    Auch wurde, um die neue Aufstellung zu unterstützen, den einundneunzig Galeeren in der Mitte Befehl gegeben, die Ruder einzuziehen und nur mit wenigen Segeln höchstens drei Knoten zu fahren. Denselben Befehl bekam die Nachhut unter Murat Dragut mit seinen acht Galeeren, fünf Galeotten und achtzehn Fusten. Sodann ließ der Großadmiral den vierzig Fregatten signalisieren, in Richtung Küste und den Untiefen des Acheloos zu rudern. In dieser Anordnung fuhr die Flotte über eine Breite von fast sechs Meilen voran.
    Er richtete den Blick wieder auf die Gegner. Zwischen den schmaleren Galeeren, die aus dieser Entfernung fast mit der Wasseroberfläche zu verschmelzen schienen, gab es eine Handvoll sehr viel beeindruckenderer Schiffe: die großen Handelsgaleeren, von denen ihm seine Kundschafter berichtet hatten und die im Arsenale für den Kampf ausgerüstet worden waren. Er erinnerte sich, dass diese Schiffe vor zwei Jahren, im September 1569, als die Pulverkammern explodiert waren, schon in den Werften gelegen hatten. Die Venezianer hatten dafür sogar sechs neue Werften gebaut. Als er sie jetzt eine Meile oder weniger vor dem Rest der Flotte fahren sah, versuchte er zu verstehen, warum diese Schiffe dort waren. Denn die in Igoumenitsa eingeholten Informationen hatten den Berichten seiner Spione nichts Neues hinzugefügt, außer dass diese Galeeren drei Kanonen am Bug und ebenso viele am Heck besaßen. Wenn es sich aber um Lastschiffe mit Soldaten, Waffen und Material handelte, warum wurden sie dann vorausgeschickt? Ein gutgezielter Schuss direkt über der Wasserlinie hätte genügt, um sie zu versenken, ein aufs Deck geworfener Brandtopf mit griechischem Feuer hätte sie in Flammen aufgehen lassen. Ihm kam der Gedanke, dass diese schweren Galeeren womöglich weit mehr Kanonen enthielten, als sie dachten, dass sie schwimmende Festungen waren, wie jene einsamen, mächtigen Bollwerke, die zum Schutz eines Tals, einerBucht, einer Hafeneinfahrt errichtet werden. Und er hätte wer weiß was gegeben, um sich in eine Möwe zu verwandeln und diese Schiffe im Flug zu erkunden.
    Der Großadmiral hielt den Moment für gekommen, jene Röhre auszuprobieren, die der Sultan persönlich ihm anvertraut hatte. Er machte einem seiner drei Offiziere ein Zeichen, und Hassan Agà Veneziano im grünen Kaftan, roten Hosen und Gürtel, mit hellem Turban und einem Lederpanzer, eilte mit einem rechteckigen, länglichen Holzkästchen herbei. Er öffnete es und überreichte es dem Admiral mit einer Verbeugung. Es enthielt zwei Röhren, die eine etwa eine Spanne lang und drei Finger im Durchmesser, die andere eine halbe Spanne lang, mit etwas kleinerem Durchmesser. Ali nahm die beiden Röhren aus dem Behältnis und betrachtete sie, unschlüssig, was er damit anfangen sollte.
    »Mach du!«, gebot er entschlossen und reichte seinem Sohn Ahmed die Röhren.
    »Ja, Vater!«
    Vorsichtig steckte der Junge eine Röhre in die andere, führte ein Ende an sein rechtes Auge und richtete das Rohr auf die feindlichen Galeeren. Zufrieden gab er es dem Vater zurück. Recht unsicher hielt der Großadmiral es in einer Hand und führte es ebenfalls ans Auge. Doch in diesem Rohr sah man nichts als wirr umherschwankende dunkle Flecken.
    »Und wo ist da der große Zauber?«, rief er zornig aus. »Das ist, als würde man die Welt durch Wasser sehen!«
    Stille.
    »Ihr müsst eine Röhre in der anderen drehen, Vater, ganz langsam, versucht es einmal«, forderte Ahmed ihn geduldig auf.
    Zunehmend misstrauisch setzte Ali das Rohr wieder an sein Auge, spähte konzentriert hindurch und begann es zu drehen. Die Flecken schienen heller zu werden und nahmen die vage Form von Schiffen an. Er drehte weiter, sah zwei große Galeeren. Ihre Größe erstaunte ihn. Er schaute mit bloßem Augehin. Eine Täuschung: Dort hinten waren sie, aber klein. Wieder blickte er durch das Rohr, doch außer der Schiffsform und einer undeutlichen Bewegung von Rudern konnte er nichts entdecken. Missmutig gab er seinem Sohn das Instrument zurück.
    »Meinen eigenen Augen vertraue ich mehr«, sagte er ärgerlich, »als diesem Spielzeug, das zu nichts anderem taugt, als das Volk auf dem Bazar zu betrügen! Dieser Jude Nassì ist ein gerissener Bursche, wir verlieren nur Zeit mit seinen Wunderversprechen!« Er wandte sich an Hassan Agà und die anderen beiden Offiziere: »Bereitet das Schiff zum Kampf vor, damit Gott uns hilft

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