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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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über dieser traurigen Erinnerung den Gesprächsfaden verloren. »Sagt mir, wie kann ich Euch helfen?«, fügte er hinzu.
    Ihre Augen leuchteten auf wie vom Wind belebte Glut.
    »Ich bitte Euch nur um Wahrheit und Gerechtigkeit für meinen Sohn.«
    Andrea zögerte. Am Abend des Vortages waren einige in den Mord verwickelte Personen verhaftet worden, so lauteten wenigstens die Nachrichten, die aus dem Umfeld des Rates der Zehn durchsickerten.
    »Ihr werdet sie bald bekommen, zweifelt nicht daran«, erwiderte Andrea, im Geiste abwägend, ob er sie von der neuesten Entwicklung in Kenntnis setzen sollte. Denn die Untersuchung unterlag als Teil der umfassenderen Ermittlungen zur Explosion des Arsenale nach dem Willen der Zehn strenger Geheimhaltung.
    »Ihr müsst wissen, Signora, dass ich mit Eurem tragischen Fall nicht befasst bin, und gewisse Dinge dürfte ich Euch gar nicht sagen. Die Nachricht ist noch nicht offiziell, aber die Signori di Notte al Criminal haben gestern einen jungen Mann festgenommen   …«, die Worte erstarben auf seinen Lippen, als die Frau den Kopf schüttelte und ihn mit einem aus Bitterkeit und Resignation gemischten Lächeln anschaute.
    »Eccellenza, genau darum bin ich ja hier. Der Junge, den sieverhaftet haben, hat nichts mit dem Tod meines Tonino zu tun«, sagte sie im Ton absoluter Gewissheit. Andrea sah sie verwirrt an. »Dieser Junge«, sprach sie weiter mit vor Kummer brüchiger Stimme, »ist Gabriele, mein älterer Sohn. Nur er ist mir geblieben.« Sie legte sich eine Hand vor den Mund, um ihr Schluchzen zu unterdrücken, ehe sie die Kraft fand, weiterzureden: »Gestern Nacht ist er zu mir gekommen, bevor er sich den Sbirren stellte, und hat mir alles erzählt   …«
    In diesem Moment betrat Maria, die Frau des Wirts, mit ihrem hinkenden Gang den Vorratsraum.
    »Entschuldigt«, sagte sie eilig, doch ohne eine Spur von Verlegenheit, als wollte sie hervorheben, dass sie hier die Herrin war. »Aber die Gäste wollen Wein und Stockfisch.« Sie drückte sich an der Wand entlang zu einem Dutzend Trockenfische, die an einem Stock hingen. Mit einem Messer schnitt sie einen herunter, und dabei ging ihr Blick zwischen Andrea und der Frau hin und her. Ihre Bewegungen waren langsam, die Neugier hatte deutlich Oberhand über die Eile.
    »Kommt mit mir«, sagte Andrea daher zu Sofia. »In meinem Zimmer können wir ungestört sprechen.«
    Die junge Frau zögerte kurz, dann ging sie ihm voraus. Die Wirtin folgte ihnen mit den Blicken, während sie sich anschickte, den zweiten Fisch abzuschneiden, diesmal in wütender Eile.

15
    Das zitternde, rötliche Licht einer Laterne gelangte kaum durch das winzige Guckloch, um die Umrisse der Zelle, einer der neun unteren Zellen der Pozzi, aus dem Dunkel zu holen. In diesem weichen Halbdunkel ließen die beiden Körper, hell wie der Stein an der gewölbten Decke oder die Lärchenholztafeln, die Fußboden und Wände verkleideten, sich kaum unterscheiden. Filippo Tomei, der Maler aus Florenz, und Angelo Riccio,das Mönchlein aus Padua, schienen ein einziges, formloses Etwas zu bilden, ein Urwesen aus Gliedmaßen und Köpfen. Nackt lagen sie zusammengekauert auf der Pritsche aus groben Balken. Tomei, mit dem Rücken zur Wand, presste sich fest an den Rücken des Geliebten, damit er ihm Trostworte ins Ohr flüstern konnte und beider Körperwärme sich verband, so dass sie etwas weniger froren.
    »Ich danke Gott, dass ich dich habe   … mein Engel«, sagte der Florentiner mit derselben Zärtlichkeit, mit der er seinem Gefährten über die Haare strich. Im schwachen Licht kondensierte sein Atem zu vielen kleinen Wölkchen. Der andere zitterte und weinte leise.
    »Das ist Gottes Strafe für unsere Sünden   …« Die Stimme des jungen Mönchs brach in einem Schluchzer. Er zuckte.
    »Das ist die Strafe, die uns die Menschen auferlegen.« Tomei küsste ihn auf die Haare. »Ich bitte dich um Vergebung, dass ich dir so viel Leid zugefügt habe.«
    »Mein Liebster.« Das Mönchlein drehte sich auf eine Seite, klammerte sich an Tomei und legte die Wange an seine Brust wie ein Kind. »Sie beschuldigen dich entsetzlicher Verbrechen«, fuhr er bewegt fort. »Weil sie nicht wissen, wie viel Liebe du geben kannst.«
    Um ein Geständnis zu erpressen, hatte der Rat der Zehn den Gefangenen nicht nur ihre Kleider weggenommen, sondern auch das Öllämpchen in der Zelle und alle Laternen draußen entfernt, bis auf eine, die im Hauptgang stand und mit einem roten Glas abgeschirmt

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