Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
Vom Netzwerk:
Passierschein des Dogen mit dem Dispens des Patriarchen Trevisan.« Er suchte weiter und holte ein Ledersäckchen hervor. »Dreißig Dukaten. Gebraucht sie mit Vernunft.« Riccio warf ihm einen flammenden Blick zu und nahm das Säckchen. »Das Brevier«, Formento reichte ihm ein in Leder gebundenes Büchlein, »und was ich Euch außerdem mitgebracht habe   …«, er kramte in einem Korb, »hier, seht doch nur, was für ein Schmuckstück!« Mit diesen Worten reichte er dem Frate eine kompakte kleine Pistole. »Eine Terzetta mit kurzem Lauf, leicht und präzise.«
    »Nein!«, wehrte der Frate kopfschüttelnd ab.
    Der Sekretär zögerte. »Wie Ihr wollt«, sagte er dann, wickelte die Pistole in ein Tuch und legte sie in den Korb zurück, unter die Weintrauben. Dann fragte er: »Wohin schicke ich Euch die Gondel?«
    »Nirgendwohin. Ich habe schon selbst vorgesorgt. Wartet am Ausgang der Paglia auf mich, vor Sonnenaufgang.«
    Der Sekretär nickte, schob die Vorhänge beiseite und befahl dem Gondoliere, auf das Ufer zuzusteuern.

18
    Die im Fischgrätmuster ausgelegten Backsteine der Riva degli Schiavoni, die vom Brackwasser, von Stürmen und Karrenrädern übel zugerichtet waren, wackelten unter jedem Schritt.Andrea hatte Sofia Ruis nach Hause gebracht. Nachdem er die arme Frau unter tausend Empfehlungen an der Bragola zurückgelassen hatte, war er auf dem Rückweg über die fondamenta am Canale San Marco gegangen. Dieses Ufer wurde durch zahlreiche Fackeln und Laternen beleuchtet, um die Anlegeplätze und Lagerhäuser zu kennzeichnen, und von vielen Sbirren und Garden kontrolliert. Wer hingegen zu dieser späten Stunde durch die inneren Calli ging, lief Gefahr, ein Messer an die Kehle gesetzt zu bekommen, auch wenn er ein kräftiger junger Mann wie Andrea war.
    Es war eine ruhige Nacht im Frühherbst, die leichte Brise von Osten, die dem Sonnenaufgang vorausging, erfrischte die Luft, kühlte sie aber nicht aus. Hinter San Giorgio leuchtete der Mond, eine große orange Scheibe wie ein frisch aufgeschnittener Kürbis. Er stand tief und warf einen breiten Lichtstreifen aufs Wasser, der von den dunklen, reglosen Silhouetten vieler Schiffe mit ihren Anlegerlaternen bevölkert wurde. Einige waren groß und beeindruckend wie der Palazzo Ducale, mit Rundungen wie die Kuppeln von San Marco. Andere niedrig, lang und schmal wie auf dem Wasser liegende Campanili. Aus allen ragte ein Gewirr aus Masten und Rahen mit Tauen auf, so dass sie an kleine Inseln mit entlaubten Wäldern gemahnten. Es waren Koggen, Galeeren und Karacken, die Venedig im ersten Licht des neuen Tages verlassen würden. Oder andere, die soeben angekommen waren und darauf warteten, ihre Ladung am Kai löschen zu können.
    Diese Nacht regte zu heiteren Gedanken an. Andrea aber dachte an Gabriele Ruis, den kaum erwachsenen Jungen, der sein Leben für zwei Dukaten verpfuscht hatte. Nach den zwischen 1523 und 1563 erlassenen Gesetzen reichten die Strafen für Kirchenraub von der Verbannung aus venezianischem Gebiet über die Ruderbank auf einer Galeere bis zum Abhacken der Hände und dem Galgen. Wie auch immer es ausging, er war gebrandmarkt. Nach dem Konzil von Trient wehte auch im freien Venedig ein anderer Wind, nichts war mehr wie früher, und wer in der Kirche gestohlen hatte, wurde wegen der drohenden göttlichen Verdammnis nicht nur im Viertel, sondern oft auch in der Familie auf Distanz gehalten. So beschlossen manche, wegzugehen, um sich als Freiwillige am Ruder zu verdingen. Die erste Heuer war attraktiv, immer über zwanzig Dukaten, und übers Jahr verdiente man noch einmal so viel. Doch meist traf man auf einen gerissenen Kapitän, der einen Teil der Löhne einbehielt, um Meutereien zu vermeiden, und man teilte das Leben an Bord mit Sklaven und Galeerensträflingen, die keinen Spaß verstanden. Außerdem gab es Stürme und Schiffbrüche. Und man musste kämpfen, wenn die Galeere angriff oder angegriffen wurde. Türken, Uskoken oder Piraten aus dem Westen, das war kein Unterschied. Kurzum, viele der Freiwilligen konnten ihr Alter nicht mehr genießen.
    Abgesehen von der Sorge um die Zukunft des Jungen, gab es das nicht geringere Problem seiner Verteidigung. So wie sie durch die ersten Maßnahmen des Anwalts Zon eingeleitet war, schien seine Verurteilung schon gewiss. Denn als Gefängnisanwalt hätte er sofort die Strafunmündigkeit des Jungen ins Feld führen und eine Rekonstruktion der Ereignisse verlangen müssen, um darauf eine robuste Verteidigung zu

Weitere Kostenlose Bücher