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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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Jahre tausendfünfhundertfünfundfünfzig am dreizehnten Tag des Monats Oktober geboren.«
    »Ja, wenn Ihr es wisst   … warum fragt Ihr mich dann?«, rief Gabriele erstaunt aus, begriff aber noch im selben Augenblick, dass er respektlos gewesen war, und legte sich eine Hand auf den Mund, wie um den soeben entwischten Satz zurückzuhalten. Gleichzeitig erhob sich eine andere Hand, die des Sekretärs Milledonne, der im Begriff war, diesen unverschämten Jungen mit einer Ohrfeige zu strafen.
    »Was tut Ihr?« Die Stimme eines der Häupter ließ den Sekretär innehalten. Pizzamano blickte ihn streng an, worauf Milledonne nichts anderes übrigblieb, als eine demütige Verbeugung anzudeuten.
    Der neue Standort der Kerze erlaubte Gabriele, die drei Richter und die Wand hinter ihnen, die seine Aufmerksamkeit erregt hatte, genauer zu betrachten. Dort hatte ein Maler auf einem Gemälde ein Schlachtfeld dargestellt und üppig mit Toten, Flammen und Ruinen ausgestattet. In einer Ecke des Bildes geschah etwas Entsetzliches: Ein Wesen mit Wolfsschnauze und grünlichen, krummen Gliedern, Schwanz und ausgefransten Flügeln hatte mit den Krallen das rechte Handgelenk eines nackten jungen Mannes gepackt, der gebeugt auf einem Stein saß, wie um über seine Sünden nachzudenken, während es ihn mit der anderen Krallenhand am Kopf packte, um ihn mit sich zu ziehen.
    Als der alte Richter den Jungen in die Betrachtung des Bildes vertieft sah, fiel er wieder in den drohenden Ton des Inquisitors. »Siehst du! Wer nicht die Wahrheit sagt   … den nimmt der Teufel mit sich!«
    Gabriele löste sich von dem Gemälde und blickte den Mann an, worauf der ihm mit dröhnender Stimme, wohl um seinen letzten Widerstand zu brechen, eine furchtbare Anklage entgegenschleuderte: »Gestehe, Gabriele Ruis, und was du sagst, soll aufgezeichnet werden, damit die Menschen sich erinnern und urteilen können, denn Gott der Herr weiß alles und hat dich schon gerichtet!« Er machte eine Pause, um dem Schreiber Zeit zu geben, die Feder in Tinte zu tauchen. Dann sagte er, jedes Wort betonend: »Hast du Tonino Ruis, deinen jüngeren Bruder, acht Jahre alt, getötet, indem du ihm mit einem spitzen Eisen das Herz durchbohrt hast?«
    Gabriele öffnete den Mund, riss die Augen auf und begann den Kopf zu schütteln, erst unmerklich, dann, als erwache er aus dem Traum, der ihn betäubt hatte, immer nachdrücklicher. »Nein«, flüsterte er. »Nein«, sagte er halblaut. »Nein!«, schrie er, und seine Schreie verwandelten sich alsbald in Weinen.

41
    Obwohl die Stufen des Ponte della Paglia niedrig und breit waren, war Sofia Ruis in der hitzigen Eile auf ihren Rock getreten und hatte einen Streifen Saum abgerissen, der jetzt hinter ihr her über die Pflastersteine schleifte wie eine Schlange. Der Zwischenfall hatte sie nicht aufhalten können, sondern anscheinend nur noch mehr angestachelt, so dass Andrea und sein Assistent kaum mit ihr Schritt halten konnten.
    »Sofia, ich bitte Euch, hört mich an«, versuchte Andrea sie zu besänftigen, wohl wissend, dass seine Worte nichts nützten.
    Ohne sich umzudrehen, fuhr sie von der höchsten Stelle der Brücke aus die Menschen an, die um diese Zeit das Ufer und die Arkaden des Palazzo Ducale bevölkerten: »Gerechtigkeit? Von wegen Gerechtigkeit! Ein Kind gefangen zu nehmen! Einen kleinen Jungen! Ihn wie einen Banditen zu behandeln! Schande! Schande über den Dogen und all seine Gerichte!« Manch einer lächelte, andere nickten, wieder andere starrten sie böse an, während sie ihr den Vortritt ließen. Sofia aber war schon weiter und kratzte mit ihren Absätzen über die abwärts führenden Stufen.
    Andrea schätzte, dass es von hier bis zur Porta del Frumento, dem Eingang zum Dogenpalast, in dem er die unüberschreitbare Schwelle vor der Katastrophe sah, nur noch etwa dreißig Schritte sein mochten. »Hört mich an, Signora! Ihr müsst mich anhören! So werdet Ihr Eurem Sohn nur schaden!« Der flehende Appell verflog wie ein Windstoß. Da wagte Andrea, sie an einem Arm festzuhalten.
    »Lasst mich los!«, fauchte sie mit funkelnden Augen.
    »Ich habe Euren Fall genau studiert. Ihr habt das Recht auf Eurer Seite«, fuhr er fort. »Wir werden eine Bittschrift an den Rat der Zehn richten und Gabrieles sofortige Freilassung fordern. Es gibt keine Beweise gegen ihn. Und auch wenn es sie gäbe, verhängt man gegen einen Jungen unter vierzehn Jahren eigentlich keine Strafe!«
    »Ich habe kein Vertrauen in Eure Justiz!«
    »Wenn

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