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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Gesicht. Aber die Freude des Kindes über die Schlange war unverkennbar.
    »Warum gibst du ihr nicht ein kleines Kätzchen?« fragte Hekabe. »Das wäre doch ein passenderes Tier zum Spielen.«
    Kassandra lachte. »Sie ist zufrieden mit den Tieren, die ich ihr gebe. Du solltest sie einmal mit unserer großen Schlange sehen, die beinahe Bienes Umfang hat.«
    »Schlangen sehen nicht gut. Hast du keine Angst, sie könnte das Kind aus Versehen verschlingen?« fragte Andromache ängstlich. Kassandra erwiderte: »Sie kennen die Menschen, die sie versorgen. Biene hat die Schlange mit Tauben und Kaninchen gefüttert. Aber das ist nicht das richtige Thema in deinen Gemächern, Mutter.«
    Hekabe fragte lachend: »Die Schlange - oder das Kind?«
    »Beides«, antwortete Kassandra und umarmte ihre Mutter noch einmal. »lch will jemand rufen, der sie badet und umzieht. Dann sieht sie hübscher aus, und außerdem hat sie seit heute morgen nichts gegessen.« Sie bat Hekabe mit einem Blick um Erlaubnis, rief eine Dienerin und befahl ihr, das Kind und die Schlange in den Tempel des Sonnengottes zu bringen.
    »Ich fürchte, ich sollte mich dort auch bald sehen lassen«, sagte sie, »obwohl sie sicher nichts dagegen hatten, daß ich meine Mutter und meine Familie begrüße. Und ich würde natürlich auch gerne Helenas Söhne sehen.«
    »Ach, Helenas Söhne«, sagte Hekabe trocken, »im achaischen Lager kursiert der Witz, daß Helena ein Heer für Troia zur Welt bringen möchte.«
    »Wie ich es für Hektor nicht tun kann«, seufzte Andromache, und in ihren Augen standen Tränen.
    »Wie kannst du so etwas sagen!« widersprach Hekabe. »Du hast Pech gehabt. Mehr nicht. Du hast Hektor einen prächtigen Sohn geboren, und jeder Mann im Heer kennt und bewundert ihn. Was willst du mehr?«
    »Nichts«, sagte Andromache, »und unter uns gesagt, ich bin mehr als froh, daß mir erspart bleibt, alle zwei Jahre schwanger zu sein. Ich habe Hektor erklärt, wenn er wie sein Vater fünfzig Söhne haben will, muß er sie sich auf die gleiche Weise beschaffen wie sein Vater. Aber bis jetzt will er nur in mein Bett und hat sogar gefangene Achaierinnen abgelehnt. Vielleicht liebe ich Kinder nicht so sehr wie Helena, aber ich hätte gern eine Tochter, ehe ich zu alt bin. Da wir gerade von Töchtern reden … Kassandra, weißt du schon, daß Kreusa ihrer zweiten Tochter den Namen Kassandra gegeben hat?« 
    »Nein, das habe ich noch nicht gehört«, erwiderte Kassandra und überlegte, ob Kreusa oder Aeneas darauf gekommen war.
    »Erzähl mir von meiner Mutter, ehe du zum Tempel gehst«, bat Andromache.
    Kassandra berichtete ihr von der Geburt der Thronerbin in Kolchis, und Andromache seufzte.
    »Ich wünschte, ich könnte nach Kolchis, damit Hektor dort König würde. Vielleicht läßt es sich einrichten, wenn dieser unglückselige Krieg einmal zu Ende ist.«
    »Imandra hat die Vorstellung, daß ihre kleine Perlenprinzessin als künftige Königin erzogen wird«, sagte Kassandra. »Und Hektor würde sich nicht damit zufriedengeben, am Fuß des Throns zu sitzen, wie der Gefährte deiner Mutter es tut, und sich die Zeit mit Fischen und Jagen in Gesellschaft seiner Freunde zu vertreiben.« 
    Andromache seufzte. »Vielleicht nicht. Aber ich nehme an, er würde sich daran gewöhnen, so wie ich mich daran gewöhnt habe, im Haus zu bleiben und zu spinnen, bis die Finger wund sind«, sagte sie eine Spur gereizt. »Da du jetzt wieder hier bist, Kassandra, können wir vielleicht ein paar Ausflüge vor die Mauern machen. . «
    »Wenn die Achaier es zulassen… «
    Oder wenn sie es leid sind, vor den Mauern zu sitzen und Steine nach unseren Leuten zu werfen«, sagte Andromache, »das ist so ungefähr das einzige, was sie in den letzten Monaten zustande gebracht haben, obwohl sie ein- oder zweimal versucht haben, die Mauern zu stürmen, und dabei sogar besonders lange Leitern herbeischafften. Aber Hektor hatte einen guten Einfall. Er ließ den großen Kessel mit Suppe, die gerade für die Männer gekocht wurde, über ihre Köpfe ausgießen, und ich kann dir versichern, sie waren sehr viel schneller unten als oben.« Sie lachte schallend. »Jetzt haben sie immer einen großen Kessel auf der Mauer, in dem etwas kocht, und wenn es nichts Schlimmeres als Suppe ist, haben die Angreifer Glück. Das letzte Mal war es Öl, und seit dieser Zeit haben sie es nicht mehr versucht. 0 je, in dieser Nacht haben wir Schreie aus dem achaischen Lager gehört! Alle ihre Heilpriester sangen

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