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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Leben nicht, damit wir etwas Gutes für das Herz, den Geist und die Seele daraus machen?«
    »Wenn du so denkst«, fragte Kassandra und richtete sich etwas auf (sie fröstelte ohne seine Nähe), »weshalb hast du dich dann überhaupt bereit erklärt, sie zu heiraten?«
    »Damals war ich jünger«, antwortete Aeneas, »und man hatte mir mein ganzes Leben lang eingeredet, es sei meine Pflicht, jede Prinzessin zu heiraten, die mein Vater mir bestimmen würde. Damals glaubte ich noch, eine Frau sei im wesentlichen wie die andere. « 
    »Ist es nicht so?«
    »Nein«, erwiderte Aeneas heftig, »nein, so ist es nicht! Kreusa ist eine gute Frau, aber dir so unähnlich wie Wein dem Quellwasser. Ich sage nichts gegen die Mutter meiner Kinder. Aber damals hatte ich noch nie eine Frau getroffen, die mir mehr bedeutet hätte als jede andere, und die ich wirklich begehrte. Ich möchte eine Frau, die mir in allen Dingen ebenbürtig und eine Freundin ist. Ich schwöre dir, Kassandra, hätte ich vor der Hochzeit mit Kreusa Gelegenheit gehabt, mehr als einmal mit dir zu sprechen, hätte ich Priamos und meinem Vater gesagt, daß ich keine andere Frau auf der Welt heirate! Ich hätte hinzugefügt, wenn ich dich nicht bekäme, würde ich mein Leben lang unverheiratet bleiben.«
    Kassandra fragte wie betäubt: »Das kann nicht dein Ernst sein. Machst du dich über mich lustig?«
    »Weshalb sollte ich das?« fragte er. »Ich wollte - ich will nicht mein Leben zerstören, dir deinen Frieden nehmen oder Kreusa weh tun. Aber ich glaube, die Göttin der Liebe, die Paris so übel mitgespielt hat, will mich auch durcheinanderbringen. Ich mußte dir einmal sagen, was ich fühle.«
    Sie wußte kaum, was sie tat, als sie die Hand ausstreckte und ihn berührte. Seine Finger schlossen sich fest um ihre. Leise sagte er: »Als ich dich zum ersten Mal mit sittsam niedergeschlagenen Augen zwischen den anderen Mädchen sitzen sah, wußte ich sofort, daß ich dich liebe. Ich hätte auf der Stelle zu Priamos und meinem Vater gehen und es ihnen sagen müssen…«
    Kassandra lächelte bei dieser Vorstellung.
    »Und was hätte Kreusa dazu gesagt?«
    »Das hätte für mich nicht von Bedeutung sein dürfen«, sagte Aeneas, »es ging um mein Leben. Sag mir, Kassandra, hättest du mich geheiratet, wenn ich Kreusa abgelehnt und statt dessen dich als Gemahlin gefordert hätte - als Preis dafür, daß ich für Troia kämpfe …«
    Bei seinen leidenschaftlichen Worten schlug ihr Herz heftig. »Ich weiß nicht«, antwortete sie schließlich, »es ist gleichgültig, was ich damals gesagt oder getan hätte, denn dafür ist es jetzt zu spät.« 
    »Es muß nicht zu spät sein«, widersprach er und zog sie in die Arme. Kassandra wurde erst bewußt, daß sie weinte, als Aeneas ihr eine Träne wegwischte.
    »Weine nicht, Kassandra. Ich will dich nicht unglücklich machen. Aber ich kann den Gedanken nicht ertragen, daß es jetzt, nachdem ich weiß, daß ich dich liebe, für uns nie mehr geben kann als das.« Er umarmte sie so ungestüm, so verlangend, daß die Welt um sie herum versank. Sie ertrank, erstickte, wurde ausgelöscht und konnte an nichts mehr denken. Nach einer Ewigkeit, die aber viel zu kurz zu sein schien, löste sie sich aus seinen Armen und wischte sich mit einem Zipfel ihres Gewands die Augen.
    So ist das also.
    Sie hörte ihre zitternde Stimme, als sie sagte: »Du bist der Mann meiner Schwester. Du bist mein  Bruder .«
    »Bei meiner unsterblichen Ahne! Glaubst du, ich hätte mich nicht damit herumgeschlagen, bis es mich ganz krank gemacht hat?« murmelte er. »Ich bitte dich nur, mir nicht böse zu sein.«
    »Nein«, sagte sie, und es kam ihr in diesem Augenblick so albern vor, daß sie kichern mußte, »nein, ich bin dir nicht böse, Aeneas.« Er zog sie noch einmal in seine Arme, und sie konnte und wollte sich nicht dagegen wehren. Aber diesmal lag in seiner Umarmung auch Vorsicht, als bemühe er sich darum, sie nicht zu verletzen oder zu erschrecken. 
    Er flüsterte in ihr Ohr: »Sag mir, daß auch du mich liebst, Kassandra.«
    »Oh, ihr Götter«, seufzte sie hilflos, »mußt du das fragen?« Seine Lippen preßten sich so fest auf ihre, daß sie nicht wußte, ob er sie überhaupt verstanden hatte.
    »Nein«, flüsterte er, »ich muß nicht fragen, aber ich muß es aus deinem Mund hören. Ich glaube, ich kann nicht weiterleben, wenn du es nicht sagst.«
    Plötzlich hatte Kassandra das Gefühl, unendlich viel geben zu können. Es lag in ihrer Macht,

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