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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Bedeutung seiner Wunde aber noch nicht bewußt. Nach einiger Zeit sah Kassandra, wie er sich bückte, sich an der Ferse kratzte und einen seiner Männer herbeiwinkte, der die Wunde verband. Sollten sie es nur versuchen! Kassandra wußte, selbst wenn man ihm den Fuß abtrennen würde - bei kleinen Wunden wie dieser hatte man das schon getan , das Gift war in seinem Blut und Achilleus bereits ein toter Mann.
    Er marschierte noch kurze Zeit überheblich auf und ab, dann stolperte er und stürzte. Er krümmte sich. Unter den Myrmidonen brach Verwirrung aus. Dann erhob sich ein durchdringender Schrei des Zorns und der Verzweiflung - ähnlich wie beim Tod von Patroklos. Von der Ringmauer, wo die Frauen standen, drangen Jubel, Rufe und schließlich ein lauter Dank an Apollon herauf. Aber Kassandra befand sich inzwischen bereits wieder in dem geheimen Raum, legte Maske, Gewand und Sandalen in die Truhe zurück und verschloß sie wieder. Als sie ins Freie trat, strömten die Troianer in Scharen hinunter zur Mauer, um zu erfahren, was geschehen war.
    Einer der achaischen Anführer ist tot!« rief jemand Kassandra zu, »vielleicht sogar Achilleus. Man sagt, Apollon ist hoch auf den Mauern über Troia erschienen und hat ihn mit SEINEN Feuerpfeilen getroffen.«
    »Ach ja?« erwiderte sie zweifelnd. Als ihr die Geschichte das nächste Mal erzählt wurde, sagte sie nur: »Nun ja, es war auch Zeit.«

13
    Nach dem Tod des Achilleus erfaßte eine Welle der Hoffnung Troia; jeder erwartete, der Krieg würde jetzt schnell zu Ende sein. Es gab keinen Waffenstillstand, um Achilleus zu betrauern, und keine Wettkämpfe. Kassandra vermutete, daß die Achaier kaum wirklich trauerten, obwohl am Scheiterhaufen ritualisierte Klagen ertönten. Sie dachte an Briseis, die aus freien Stücken zu Achilleus gegangen war, und fragte sich, ob die junge Frau um den Mann trauerte, den sie verherrlicht hatte. Sie hoffte es beinahe. Es wäre nicht gerecht gewesen, wenn selbst um jemanden wie Achilleus niemand getrauert hätte.
    Doch Agamemnon, der den Oberbefehl über alle achaischen Truppen hatte und sogar die Myrmidonen dazu brachte, weiter zu kämpfen, schien keinen Zweifel am Ausgang des Krieges zu haben. Die Achaier begannen im Süden, eine gewaltige Rampe aufzubauen, von der sie die Mauer stürmen wollten, die an dieser Stelle beim letzten Erdbeben teilweise eingestürzt war. Es dauerte ein paar Stunden, ehe die Troianer begriffen, was sie vorhatten. Dann schickte Paris alle ihm zur Verfügung stehenden Bogenschützen auf die höchste Mauer und ließ auf die Achaier schießen. Die Männer arbeiteten unter dem Schutz übergroßer Schilde, die man über ihre Köpfe hielt, noch einige Zeit weiter. Aber nachdem die Schildträger schneller fielen, als sie ersetzt werden konnten, gaben die Achaier schließlich den Versuch auf und zogen sich zurück.
    Kassandra hatte sich weder den brennenden Scheiterhaufen des Achilleus noch die Schlacht der Bogenschützen angesehen. Aber die Frauen im Tempel berichteten ihr alle Einzelheiten. Im Tempel herrschte Trauer um die Mutter der Schlangen, und daran würde sich auch noch längere Zeit nichts ändern. Schlangen dieser Art fand man in der Umgebung von Troia nicht. Man mußte sie aus Kolchis oder sogar aus Kreta kommen lassen. Insgeheim glaubte Kassandra, daß der Tod der Schlange nicht nur den Tod des Achilleus angekündigt hatte, sondern den Fall Troias, der nicht mehr fern sein konnte.
    Sie sprach eines Abends im Palast darüber, wohin sie gegangen war, um ihre Mutter zu besuchen.
    Hekabe hatte sich von Hektors Tod nicht erholt. Sie war inzwischen erschreckend zerbrechlich und dünn. Ihre Hände schienen nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen. Sie aß kaum noch etwas und sagte immer: »Gebt meinen Teil den kleinen Kindern. Die Alten sind nicht mehr so hungrig wie sie.« Das klang zwar vernünftig, aber manchmal hatte Kassandra das Gefühl, daß ihre Mutter nicht mehr so ganz bei Verstand war. Sie sprach oft von Hektor, schien dabei zu vergessen, daß er tot war. Sie redete, als sei er irgendwo in der Stadt bei den Truppen.
    »Was haben die Achaier jetzt vor?« fragte Kassandra ihre Schwester Polyxena.
    »Sie haben viele Bäume gefällt und bearbeiten sie. Ich habe mich mit der Frau unterhalten, die den achaiischen Soldaten Honigkuchen verkauft, und sie berichtete, sie habe von einem Plan gehört, Poseidon einen großen Altar zu bauen und dem Gott viele Pferde zu opfern.
    Poseidon wäre wahrhaftig ein Freund der

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