Die Feuer von Troia
Achaier, wenn sie HIN überreden könnten, unsere Mauern einstürzen zu lassen. Ihre Priester wissen das, wenn sie die Feldherren überredet haben, den Erderschütterer anzurufen. Sie stand auf und ging zu Helena. Sie wußte seit langem, daß Paris nicht auf sie hörte. Aber manchmal gelang es ihr über Helena, ihn zur Einsicht zu bringen. Helena begrüßte sie mit der gewohnten liebevollen Umarmung.
»Freu dich, Schwester, ich weiß jetzt mit Gewißheit, daß die Göttin uns ein Kind schickt, um mich über den Verlust der anderen zu trösten, die Poseidon mir genommen hat.« Da Kassandra nicht lächelte, bat sie: »Freu dich doch für mich!«
»Ich freue mich ja für dich«, erwiderte Kassandra langsam, »aber in dieser Zeit - ist das klug?«
Helena lächelte und hatte Grübchen in den Wangen. »Die Göttin schickt uns die Kinder nicht, wenn wir wollen, sondern wenn SIE will«, erinnerte sie Kassandra, »aber du bist keine Mutter, und deshalb verstehst du das noch nicht.«
»Mutter hin, Mutter her, ich glaube, ich würde mich bemühen, für mein Kind eine bessere Zeit als das Ende einer Belagerung auszusuchen, selbst wenn das bedeuten würde, daß ich meinen Mann bei Vollmond, oder wenn der Wind aus dem Süden weht, zum Schlafen zu den Soldaten schicke.«
Helena errötete und sagte: »Paris muß einen Sohn haben. Ich kann nicht verlangen, daß er Nikos zu seinem Erben macht und den Sohn des Menelaos auf den troianischen Thron setzt.«
»Daran hatte ich nicht gedacht«, erwiderte Kassandra, »aber soll nicht Andromaches Sohn Hektors Nachfolger werden? Hat Paris beschlossen, ihm seinen Platz streitig zu machen?«
»Ein Kind kann nicht über Troia herrschen«, sagte Helena. »Ein Kind als König bekommt jedem Land schlecht. Paris müßte zumindest viele Jahre an seiner Stelle herrschen. «
»Dann wäre es vielleicht besser, wenn Paris keinen Sohn hätte«, entgegnete Kassandra, »damit er nicht versucht wäre, den rechtmäßigen Thronfolger zu entmachten. « Helena wirkte verstimmt, und deshalb fügte Kassandra hinzu: »Wie auch immer, Paris hat bereits einen Sohn von der Flußpriesterin Oenone, die als seine Frau hier im Palast wohnte, bis er dich aus Sparta mitbrachte. Es ist nicht richtig, daß Paris sich weigert, seinen Erstgeborenen anzuerkennen. «
Helena dachte nach und sagte: »Paris hat von ihr gesprochen. Er sagt, er kann nicht sicher sein, daß er der Vater von Oenones Kind ist.«
Kassandra sah die Mißbilligung in Helenas Augen und beschloß, das Thema nicht weiter zu verfolgen.
»Ich bin nicht gekommen, um darüber zu sprechen. Gibt es im Lager der Achaier mehr Pferde, als gebraucht werden, um die Streitwagen von Agamemnon und der anderen Könige zu ziehen?«
»Ich habe keine Ahnung. Von solchen Dingen verstehe ich nichts«, antwortete Helena, beugte sich über den Tisch und berührte Paris an der Hand. Sie wiederholte ihm die Frage, und Paris dachte nach.
»Nein, ich glaube, viele Pferde haben sie nicht. Sie versuchen seit einiger Zeit, die Pferde von unseren Streitwagen zu erobern. Dafür lassen sie sogar Gold liegen oder verzichten auf die Streitwagen.« Kassandra sagte erregt: »Wenn sie Poseidon einen Altar errichten, glaubst du doch nicht, daß die Könige die Pferde opfern, die ihre Streitwagen ziehen? Ich bitte dich, doppelte Wachen bei allen Pferden in Troia aufzustellen, ganz gleich, wo sie untergebracht sind.«
»Unsere Pferde sind alle innerhalb der Mauern«, erklärte Paris unbekümmert. »Die Achaier kommen ebensowenig heran, als stünden sie in den Ställen des Pharao von Ägypten!«
»Bist du sicher? Odysseus ist sehr schlau. Er könnte sich durch eine List in die Stadt schleichen und die Pferde stehlen.« Paris lachte nur.
»Ich glaube, er kommt nicht durch unser Tor, selbst wenn es ihm gelingen sollte, sich als Zeus zu verkleiden«, sagte er, »das Tor öffnet sich keinem Menschen oder Unsterblichen. Selbst König Priamos oder mir würde es schwerfallen, jemanden zu überreden, es nach Einbruch der Dunkelheit zu öffnen. Und wie glaubst du, würde er aus der Stadt kommen, wenn es ihm gelingen sollte, sich irgendwie hereinzuschleichen? Wenn Agamemnon Pferde opfern will, dann muß er seine eigenen opfern, denn troianische wird er nicht bekommen.«
Kassandra fand, er schob diese Möglichkeit etwas zu leichtfertig beiseite. Aber sie konnte unmöglich weiter in ihn dringen. Paris würde die Schwächen seiner Verteidigungsmaßnahmen nie eingestehen - ganz bestimmt nicht
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