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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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gewonnen?«
    »Natürlich haben wir gewonnen. Wenn wir verloren hätten, hätten die Kentauren uns in ihr Lager geschleppt und die Beine gebrochen, damit wir nicht fliehen könnten«, sagte Stern, und Kassandra dachte an die verkrüppelte Frau in Chairons Lager. »Aber wir haben Frieden mit ihnen geschlossen. Wir haben ihnen ein Jahr lang einen Hengst geliehen, um ihre Herden zu verbessern. Und wir willigten ein, sie und nicht Chairons Männer in diesem Jahr in ihrem Dorf zu besuchen. Penthesilea hat gesagt, wir sind mit Chairons Stamm inzwischen zu nahe verwandt, und es sei besser, ein paar Jahre nicht zu ihm zu gehen, denn es sei nicht klug, zu viele Generationen hintereinander bei den eigenen Brüdern und Vätern zu liegen. Penthesilea sagte, sonst würden die Säuglinge schwach und könnten sogar sterben.«
    Kassandra verstand das nicht und sagte es auch. Stern lachte: »Dich würde man ohnehin nicht gehen lassen. Denn um in die Dörfer der Männer zu gehen, mußt du eine Frau sein und kein kleines Mädchen mehr.«
    »Ich bin eine Frau«, erwiderte Kassandra. »Ich kann schon seit zehn Monden Kinder bekommen.«
    »Trotzdem mußt du dich erst als Kriegerin bewähren. Ich bin seit über einem Jahr erwachsen und darf trotzdem nicht zu den Männern in die Dörfer. Aber ich habe es nicht eilig. Schließlich möchte ich nicht neun Monde schwanger sein und dann nur einen nutzlosen Sohn zur Welt bringen, den man dem Stamm seines Vaters überlassen muß«, sagte Stern.
    »Weshalb gehen die Frauen in die Dörfer der Männer«, wollte Kassandra wissen, und Stern sagte es ihr.
    »Ich glaube, das bildest du dir ein«, sagte Kassandra. »Mein Vater und meine Mutter würden so etwas niemals tun.« Sie konnte das bei einer Stute und einem Hengst verstehen, aber die Vorstellung, daß ihre königlichen Eltern sich auf diese Weise paarten, erschien ihr abstoßend. Trotzdem dachte sie unfreiwillig daran, daß wenn ihr Vater eine der vielen Frauen im Palast in sein Schlafgemach kommen ließ, und dann früher oder später (meist früher als später) ein Kind im Palast zur Welt kam. Wenn es ein Sohn war, ging Priamos zum Goldschmied, und die neue Lieblingsfrau und ihr Kind bekamen Ringe, Ketten und goldene Becher von ihm geschenkt. Also erzählte ihr Stern vielleicht doch die Wahrheit, so seltsam es auch klang. Kassandra hatte gesehen, wie Kinder geboren wurden; aber ihre Mutter hatte gesagt, es gehöre sich für eine Prinzessin nicht, auf das Geschwätz der Palastfrauen zu achten; nun fielen ihr auch wieder gewisse derbe Witze ein, die sie damals nicht verstanden hatte, und sie stellte fest, daß ihre Wangen glühten. Ihre Mutter hatte erzählt, die Erdmutter lege den Frauen die Säuglinge in den Leib, und Kassandra hatte sich gefragt, warum die Göttin ihr keinen Säugling schenkte, denn sie liebte kleine Kinder.
    »Deshalb sperren die Stadtbewohner ihre Frauen in besonderen Frauengemächern ein«, sagte Stern. »Sie behaupten, die Stadtfrauen seien so lüstern, daß man sie nicht sich selbst überlassen kann.« 
    »Das stimmt nicht«, widersprach Kassandra und wunderte sich, warum sie so wütend war.
    »Es stimmt doch! Warum müßten ihre Männer sie sonst in den Häusern einsperren. Unsere Frauen sind nicht so«, sagte Stern. »Aber die Stadtfrauen sind wie Ziegen. Sie paaren sich mit jedem Mann, der ihnen über den Weg läuft.« Stern grinste Kassandra höhnisch an und sagte: »Du kommst doch aus einer Stadt, nicht wahr. Hat man dich nicht eingesperrt, um dich von den Männern fernzuhalten?«

    Kassandra preßte die Knie gegen den Pferdeleib; sie beugte sich vor und warf sich mit einem Wutgeheul auf Stern. Stern kratzte sie, und Kassandra packte Sterns locker geflochtenen Zopf und versuchte, sie vom Pferd zu zerren. Während sie miteinander kämpften, sich schlugen und schrien, wieherten ihre Pferde und stiegen. Der Ellbogen des Mädchens traf Kassandras Nase, und Kassandras Nägel wurden blutig, als sie Sterns Wange aufriß.
    Penthesilea und Elaria erschienen und trieben lachend ihre Pferde zwischen die Mädchen. Penthesilea zog Kassandra aus dem Sattel und hielt sie unter den Armen fest, während Kassandra wütend in der Luft herumfuchtelte.
    »Schäm dich, Kassandra. Wenn wir untereinander kämpfen, wie können wir dann hoffen, mit den anderen Stämmen in Frieden zu leben! Behandelt man so die eigenen Schwestern? Weshalb habt ihr euch gestritten?«
    Kassandra ließ den Kopf hängen und gab keine Antwort. Stern grinste immer

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