Die Feuerbraut
hörbar auf und grinste. »Das tat gut! Ihr solltet ein wenig mehr davon trinken. Vielleicht wachst Ihr dann noch.«
Sie sagte es so treuherzig, dass Irmela lachen musste. »Größer werde ich wohl kaum mehr werden. Allerdings bin ich gewiss nicht die kleinste Frau auf Erden. Sowohl in Passau wie auch in dieser Stadt habe ich Leute gesehen, die sogar noch einen Kopf kleiner waren als ich. Zu Hause wirke ich nur deswegen wie ein Zwerg, weil Helene, Johanna und Ehrentraud recht groß gewachsen sind, und die Mägde ebenso.«
»Da habt Ihr recht, Fräulein Irmela. Aber vielleicht könntet Ihr euch einmal oben herum mit Bier einreiben. Da dürftet Ihr wirklich noch ein wenig wachsen, wenn ich mir das zu sagen erlauben darf.« Irmela kicherte, obwohl ihr eher zum Weinen zumute war. Verglichen mit Fanny, Johanna oder gar Helene war ihr Busen so winzig, dass er sich kaum unter dem Kleid abzeichnete. Zwar wünschte sie sich keine so ausladenden Brüste wie ihre Stiefgroßmutter, denn dafür hätte sie so groß sein müssen wie diese, doch ein wenig mehr hätte es sein dürfen. Ein Blick in den Spiegel verriet ihr jedoch, dass sie in ihren neuen Kleidern nicht mehr wie ein Kind aussah, und sie wünschte sich, Fabian würde sie wenigstens einmal richtig anschauen.
XVI.
Dionysia von Kerling wunderte sich, Hasso von Heimsburg im Schuppen eines Handwerkers hausen zu sehen. Jemand hatte den hinteren Teil des windschiefen Häuschens mit einer Pferdedecke abgetrennt und zwei Strohsäcke auf den Boden gelegt, wie es für Bauernknechte üblich war. Heimsburgs Bursche empfing den Gesellen des Handwerkers, der die Besucherin zu ihm führte, mit einem misstrauischen Blick, denn er glaubte, es käme wieder einer der schier zahllosen Gläubiger seines Herrn, die fast täglich auftauchten, um ihr Geld einzufordern.
Als er Frau von Kerling entdeckte, verlor sich der abweisende Ausdruck, denn er kannte die Dame und wusste, dass deren Ehemann und sein Herr eng befreundet gewesen waren. Ihm war auch klar, was die Sittsamkeit in diesem Fall gebot, und daher führte er die Dame nicht hinter den Vorhang, sondern bat sie in den kleinen Garten des Handwerkerhäuschens.
»Der Herr Hauptmann bedauert, Euch in so unwürdigen Verhältnissen empfangen zu müssen, Frau von Kerling.«
Die Besucherin presste die Lippen zusammen, dass nur noch ein schmaler Strich übrig blieb. Es sah nicht so aus, als wäre Heimsburg mit Glücksgütern gesegnet. Dabei hatte sie gehofft, in ihm einen zahlungskräftigen Gönner zu finden. Mit einem tiefen Seufzer folgte sie dem Burschen zu einem Apfelbaum und ließ sich auf einem alten Wurzelstock nieder, der als Hocker diente. Ihre Begleiterin hatte sie an der Tür zurückgelassen, so dass diese sie sehen, aber ihr Gespräch mit Heimsburg nicht belauschen konnte.
Heimsburgs Freude, die Witwe seines ehemaligen Vorgesetzten wiederzusehen, hielt sich in Grenzen. Er hatte bereits mehrere Bettelbriefe von ihr erhalten, die umgehend ins Feuer gewandert waren, und konnte sich denken, was sie von ihm wollte. Dabei verfügte er derzeit nicht einmal über die Mittel, sich selbst zu erhalten. Da Wallensteins Generäle ebenfalls nicht in der Stadt waren, hatte sich ihm noch kein neuer Posten im Heer geboten. Auch war es ihm bisher nicht gelungen, einen Gimpel zu finden, den er im Spiel ausnehmen konnte. Der letzte junge Schnösel, der von seinem adeligen Vater mit einer vollen Börse zum Heer geschickt worden war, um dort aufzusteigen, war von seinen neuen Kameraden vor ihm gewarnt worden, wobei auch das Wort Falschspiel gefallen war.
Als er auf Dionysia von Kerling zutrat, fiel ihm auf, dass sie schmaler aussah als früher und verblüht wirkte. Dabei war siekeinen Tag älter als er, und während seines Aufenthalts in ihrem Haus, in dem nun wohl irgendein schwedischer Major saß, hatte er sich ein paarmal überlegt, sie zu verführen. Das hätte ihm gelingen können, denn glücklich schien sie mit dem alten Kerling nicht gewesen zu sein. Nun war er jedoch froh, dass es nicht dazu gekommen war, sonst hätte die Frau Ansprüche an ihn stellen können, die zu erfüllen er weder willens noch in der Lage war.
Heimsburg täuschte sich nicht, denn Dionysia von Kerling sah in ihm ebenso wie in einigen anderen Offizieren mittleren Ranges durchaus einen Ehekandidaten. Die Armut, in der er lebte, ließ sie jedoch von diesem Gedanken Abschied nehmen, und sie überlegte, ob er ihr in anderer Hinsicht von Nutzen sein konnte.
»Herr von
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