Die Feuerbraut
Zwar hatte der Feldherr sich mit aller Sorgfalt ankleiden lassen, doch weder der schwarze Samt seines Rocks noch der federgeschmückte Hut auf seinem Kopf vermochten die Schwäche seines Körpers zu verbergen. Er hatte die Lippen fest zusammengepresst, als müsse er sie daran hindern, seinem Schmerz Ausdruck zu geben, und griff mit seiner Linken immer wieder an die Seite. Dabei verschleierte sich sein Blick, und für einige Augenblicke schien er seine Umgebung nicht mehr wahrzunehmen.
In Irmelas Augen gehörte der Mann ins Bett, um sich auszukurieren. Stattdessen ging er unruhig auf und ab, trat dann zu einem der vier Schreiber, die vor ihren Pulten an der Rückwand standen, und nahm einem von ihnen den halbfertigen Brief ab. Während er ihn durchlas, zuckten seine Wangen vor Ärger.
»Schreibe Er Strdlika, dass ich die dreitausend neuen Musketen innerhalb eines Monats brauche und nicht am Sankt-Nimmerleins-Tag! Bei Gott, muss ich denn alles dreimal sagen?« Damit warf er dem Schreiber das Blatt wieder hin, welches an den zugreifenden Händen des Mannes vorbei zur Erde segelte, und wandte sich Irmela zu.
»Wo waren wir stehengeblieben?«
Irmela senkte den Kopf, damit der Feldherr ihr Gesicht nicht sehen konnte. Mindestens dreimal hatte sie begonnen, ihr Begehren vorzutragen, doch jedes Mal war sie von etwas unterbrochen worden, das Wallenstein wichtiger erschienen war als ihr Anliegen. Aus Angst, es könnte eine Unterbrechung eintreten,die all ihre Hoffnungen zunichte machen würde, entschloss sie sich, all die höflichen Floskeln, die bei einem solchen Gespräch eigentlich unerlässlich waren, beiseite zu lassen und sofort auf den Kern der Sache zu kommen.
»Es geht um mehrere Güter hier in Böhmen, die seit alters meiner Familie gehören und die von Euer Gnaden in dem Glauben, Besitz von Ketzern zu sein, beschlagnahmt worden sind.«
Eine solch offene Sprache war dreist und hätte bei den meisten hohen Herren Ärger und Abwehr hervorgerufen. Der Generalissimus nickte jedoch nur und trat zu einem anderen Schreiber, um dessen Arbeit zu kontrollieren.
Beinahe im selben Augenblick klopfte es an die Tür, und der Leutnant der Wache trat ein. Es war Fabian. »Verzeiht, Euer Gnaden, doch eben ist ein Kurier aus Wien erschienen, vom Kaiserhof.«
Irmela verdrehte die Augen und machte ihrem Freund mit einer hilflosen Geste klar, dass sie bis jetzt noch nichts erreicht hatte und nach dieser erneuten Störung wohl auch nichts mehr erreichen würde.
Wallenstein las den Brief durch, den er diktiert hatte, ohne sich um Fabian zu kümmern. Erst als er das Schreiben mit mehreren Änderungswünschen zurückgegeben hatte, kam er auf Fabian zu. »Ein Kurier des Kaisers? Der bringt doch nur wieder einen Haufen dummes Geschwätz. Führt ihn herein und sorgt dafür, dass er gut untergebracht wird. Wenn möglich, am anderen Ende der Stadt!«
Die Freude des Feldherrn über eine Nachricht seines kaiserlichen Herrn schien sich in Grenzen zu halten. Irmela wunderte sich darüber, erwartete aber doch, aufgefordert zu werden, das Zimmer zu verlassen. Wallenstein schien sie jedoch vergessen zu haben, denn er winkte eine seiner Ordonanzen zu sich und erteilte ihr einige Befehle. Der Mann verbeugte sich und verließ denRaum. An der Tür stieß er beinahe mit jemand zusammen, der eben eintreten wollte. Es handelte sich um einen hageren Herrn, der die Hälfte seines Lebens bereits seit einigen Jahren überschritten hatte. Als er den Hut vom Kopf nahm und den Kopf gerade so weit senkte, dass es als knappe Verneigung angesehen werden konnte, kam schütteres, an den Schläfen bereits graues Haar zum Vorschein. Irmela zog die Schultern hoch, als wolle sie sich in sich selbst verkriechen, denn das starre Gesicht und die blassen Augen, die alles um ihn herum wahrzunehmen schienen, machten ihr den Edelmann sofort unsympathisch.
»Harlau! Welcher Wind hat Euch zurück nach Böhmen geweht?« Wallenstein begrüßte den Mann scheinbar leutselig, aber Irmela bemerkte eine gewisse Abwehr in der Haltung des Feldherrn. Wie es aussah, mochte er den Besucher ebenfalls nicht.
»Weniger der Wind als vielmehr der Befehl Seiner Allerchristlichsten Majestät, Kaiser Ferdinand«, gab der Ankömmling beleidigend schroff zurück.
Wallensteins vorher so blasse Wangen färbten sich dunkel, und er presste die Hand gegen den Leib, als müsse er gegen eine besonders starke Schmerzattacke ankämpfen. Dennoch rang er sich eine moderate Antwort ab. »Es hätte ja auch
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