Die Feuerbraut
aufzufallen.« Die Lippen der Schwarzen bogen sich vor Verachtung, als spräche sie über eine Fremde.
Helene kannte die hohe Meinung, welche die Hexe von sich hatte, und sie wusste auch, dass diese in jüngeren Jahren auf den Schutz etlicher hoher Herren hatte bauen können. Auch war es ihr bisher immer gelungen, der Aufmerksamkeit von Männern wie Xaver von Lexenthal zu entgehen. Nun rechnete sie wohl damit, für ihre letzten Jahre den Schutz des Priors genießen zu können, indem sie ihm die Nichte unversehrt zurückgab.
Für ein paar bange Augenblicke fragte Helene sich, was geschehen würde, wenn die Kräfte der Hexen versagten. Kam Lexenthal dahinter, dass hier Schwarze Magie zelebriert wurde, würde er sie alle auf den Scheiterhaufen bringen. Ihr Herz verkrampfte sich in der Brust, doch dann streifte sie die Vorstellung ab und verzog höhnisch die Lippen. Sie würde schon dafür sorgen, dass der Prior nichts erfuhr. Zudem war die Magie der Schwarzen Hexe unvorstellbar mächtig, und im Bund mit Marthe und Santini würde die Alte Ehrentraud zu einer wunderschönen Frau machen.
»Es muss euch gelingen!« Zwar vertraute Helene den Künsten der drei, aber dennoch schwang eine nicht zu überhörende Warnung in ihrer Stimme mit. Die beiden Frauen wussten selbst, auf welch schmalem Grat sie in diesem Leben wandelten, zuckten jedoch mit den Schultern. Bislang hatten sie sich auch dann, wenn ihre Zauber misslungen waren, dem Zugriff der Obrigkeit entziehen können, und das würde diesmal nicht anders sein.
»Ehrentraud von ihren entstellenden Narben zu befreien ist ein schwieriges Werk, aber es wird geschehen. Ich werde mich mit Santini beraten. Er hat die alten Zauberbücher studiert undkann mir etliche Dinge nennen, die wir für unsere Aufgabe benötigen.«
Die Schwarze wollte den Raum verlassen, doch Helenes Ruf hielt sie auf. »Halt, ich will noch über etwas anderes mit dir sprechen und auch mit Marthe.«
Die beiden Hexen blickten sie erwartungsvoll an. Wie es aussah, gab es hier noch mehr zu tun und damit auch zu verdienen.
»Was stört dich sonst noch, meine Liebe?«, fragte die Schwarze Hexe.
»Die Umstände, die es mir unmöglich machen, den Besitz meines verstorbenen Gemahls zu übernehmen, da dieser laut den Erbregeln der Hochbergs an die Tochter meines Stiefsohns fällt.«
Die Schwarze lachte amüsiert auf. »Wenn es weiter nichts ist! Mit einem Erbschaftspülverchen kann ich dir gerne aushelfen.«
»Ginge es auf diese Art, würde ich dich nicht brauchen, denn ich kenne selbst genug Gifte. Ich kann es jedoch nicht wagen, eines davon anzuwenden. Käme es in diesem Haus zu einem plötzlichen Hinscheiden der Erbin, ganz gleich, auf welche Art, würden Irmelas Verwandte sich sofort auf mich stürzen und mich als Mörderin hinstellen. Käme ihnen zudem noch zu Ohren, dass ihr bei mir gewesen seid, würden sie uns dem Hexenrichter überstellen. Also muss Irmela auf eine Art und Weise ums Leben kommen, die nicht mit mir in Verbindung gebracht werden kann. Am besten wäre ein Zauber, der aus der Ferne wirkt.« Helene sah die beiden Hexen dabei erwartungsfroh an und wurde nicht enttäuscht.
»Solche Zauber gibt es, doch sie wirken nur dann, wenn man genau weiß, wo sich die betreffende Person aufhält«, erklärte die Schwarze.
»Ich habe sie zu Wallenstein nach Böhmen geschickt, in der Hoffnung, dass ihr unterwegs etwas passiert. Aber da ich bisher keinerlei Nachricht bekommen habe, weiß ich nicht, ob sie nochlebt. Doch eine Komtesse Hochberg zu Karlstein verschwindet nicht spurlos. Nun wird sie in Pilsen sein oder in Prag.«
Die Hexe winkte ab. »Das ist mir zu ungenau. Um herauszufinden, wo sie sich aufhält, benötige ich einen Gegenstand, der eng mit ihr verbunden ist. Am besten ein Knäuel Haare, abgeschnittene Teile von Fingernägeln oder das, was aus ihrem Körper herausgekommen ist.«
»Für Letzteres ist sie schon zu lange fort, aber vielleicht finde ich etwas Brauchbares in ihrer Kammer.« Helene ärgerte sich über sich selbst, weil sie trotz ihrer Erfahrung mit den dunklen Künsten nicht daran gedacht hatte, sich etwas von Irmela zu sichern, hoffte aber, wenigstens noch Haare zu finden, denn das Gesinde war faul und säuberte die Räume nur dann gründlich, wenn man ihm genau auf die Finger sah. Als sie Irmelas Zimmer betrat, wirkte das Innere so karg wie die Zelle einer Nonne. Früher war ihr das nicht aufgefallen, doch seit sie für sich, Johanna und Ehrentraud neue Möbelstücke hatte
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