Die Feuerbraut
anfertigen lassen, war der Unterschied deutlich zu merken. Das Bett war alt und das Holz von Würmern zerfressen, die Beine des Tisches waren nur notdürftig festgenagelt, und der einzige Stuhl sah aus, als müsste er unter einer schwereren Person als Irmela zusammenbrechen.
Ich muss die Kammer neu einrichten, fuhr es Helene durch den Kopf. Wenn Irmela tot war, würden deren Verwandte sich hier versammeln wie Krähen auf einem Saathaufen und ihr die Vernachlässigung des Mädchens vorwerfen. Von da bis zu dem Verdacht, dass es bei deren Ableben nicht mit richtigen Dingen zugegangen sein könnte, war es nur ein kleiner Schritt. Für einen Augenblick bedauerte sie, nicht auch für Irmela neue Möbel besorgt zu haben. Dann aber schalt sie sich eine Närrin. In diesem Fall wären die alten Sachen verbrannt worden, und sie hätte keine Möglichkeit mehr, an Haare oder dergleichen zu kommen.
So aber wurde ihre Suche bereits auf den zweiten Blick von Erfolggekrönt, denn auf dem nur nachlässig zurechtgezupften Kissen lagen mehrere lange, dunkle Haare. Sie sammelte sie ein und kehrte zu den beiden Hexen zurück. Diese hatten Helenes Lieblingsraum verdunkelt und eine unterarmlange, schwarze Kerze angezündet, welche die ausladenden Formen einer Frau aufwies, deren Geschlechtsteile auffallend hervorstachen.
Die Schwarze lächelte, als sie Helenes fragenden Blick bemerkte. »Diese Kerze habe ich aus den Wachsresten derer gemacht, die Herzog Maximilian von Bayern in Altötting, Weltenburg und Benediktbeuren hat entzünden lassen, um von den himmlischen Mächten den Sieg für seinen Feldherrn Tilly zu erflehen. Es kostete mich viel Geschick, das Wachs an mich zu bringen, doch dafür steckt in meiner Kerze eine ungewöhnlich große Kraft!«
»Ich würde eher sagen, sie verbreitet großen Gestank!« Helene rümpfte die Nase, denn in diesem Zimmer würde sie sich erst wieder aufhalten können, wenn es ausreichend gelüftet worden war.
»Damit die Kerze jene Macht besitzt, die ich benötige, musste ich einige andere Ingredienzien unter das Wachs mischen wie Krötenblut, die Leber eines Iltis und …« Die Hexe merkte, dass sie dabei war, Zutaten zu ihren Zaubermitteln zu verraten, und brach mitten im Satz ab. Stattdessen blickte sie Helene fragend an. »Hast du gefunden, was ich dir zu suchen aufgetragen habe?«
Helene behagte es wenig, von der Schwarzen wie eine Dienstmagd behandelt zu werden, doch sie kannte deren Ruf und hütete sich, sie zu reizen. Da die Alte nach getaner Arbeit keine unverschämten Forderungen stellte und zudem als sehr verschwiegen galt, war sie die beste Helferin, die sie sich wünschen konnte. Aus diesem Grund nahm sie den Tonfall der Schwarzen Hexe lächelnd hin und reichte ihr die Haare.
Die Hexe legte sie Stück für Stück auf ihre flache Hand undschnupperte daran wie ein Jagdhund auf der Fährte. »Schwarz wie der Flügel eines Raben und so gesund, wie ein junges Mädchen in diesem Alter nur sein kann. Es wird eines starken Zaubers bedürfen, ihr zu schaden.«
»Aber du kannst es doch?«
Ein empörter Blick traf Helene. »Natürlich kann ich es! Hiermit werde ich herausfinden, wo sich das Mädchen befindet. Für den eigentlichen Zauber aber brauche ich mehr von ihr, und wenn du den Nachttopf unter ihrem Bett auskratzen musst!«
Diese Vorstellung war nicht gerade angenehm, doch Helene war auch dazu bereit. Jetzt schaute sie zu, wie die Schwarze eines von Irmelas Haaren mit spitzen Fingern ergriff, kurz darauf blies und es in die Kerzenflamme hielt. Obwohl es in der Kammer nach allem Möglichen stank, stach ihr sofort der Geruch nach versengten Haaren in die Nase, und ihr wurde so übel, dass der Boden unter ihr zu tanzen schien.
»Der Zauber ist stark«, erklärte die Schwarze zufrieden und sog ihre Lungen voll Luft. Etliche Augenblicke hielt sie den Atem an und starrte unverwandt auf die Flamme. Ihre Augen weiteten sich, und sie öffnete den Mund wie zum Schrei.
Es kam jedoch nur ein Flüstern von ihren Lippen. »Jetzt weiß ich, wo sie ist, und kann ihr schaden.«
»Tu es gleich!«, drängte Helene, die Irmela endlich aus dem Weg geräumt sehen wollte.
Die Schwarze schüttelte den Kopf und wies auf einen hölzernen Becher, in den unverständliche Zeichen eingeschnitten waren. »Ich darf diesen Trunk nur einmal am Tag zu mir nehmen, sonst würde er mich vergiften. Dieses Werk wird morgen vollbracht.«
Helene begriff, dass die Hexe ihre Abwesenheit ausgenützt hatte, um sich ihren
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