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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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neben der Waschschüssel lag, tauchte diesen in das kalte Wasser und begann sich von oben bis unten zu reinigen. Das Gesicht wagte sie jedoch nicht zu berühren.
    Auch wenn die Bewegungen ihr die letzte Kraft abforderten, tat ihr das kalte Wasser gut, und sie spürte, wie ihr Kopf freier wurde. Nun schöpfte sie Hoffnung, dass der Zauber gelungen war, schwor sich aber, dieses Haus umgehend zu verlassen. Das Hexengesindel war ihr zutiefst zuwider, und ein Teil dieser Abneigung übertrug sich nun auf Helene und Johanna. Ehrentraud glaubte, sich an deren Mienen erinnern zu können, als die Schwarze das Messer bei ihr angesetzt hatte. Es war jene Mischung aus Hohn und Sensationsgier gewesen, die sie auch bei der Verbrennung der alten Hexe an ihnen beobachtet hatte. Nun wurde ihr klar, dass Johanna nie ihre Freundin gewesen war, sondern nur Mitleid geheuchelt hatte, um sie für ihre Spiele auszunutzen.
    Ehrentraud fror bei dieser Erkenntnis nun auch innerlich. »Hätte ich mich doch nie diesen beiden lügnerischen Weibern anvertraut!«
    Mit steifen Schritten ging sie zu ihrer kleinen Truhe hinüber, öffnete sie und nahm den Spiegel heraus. Sie atmete noch einmal tief durch und blickte hinein. Zuerst glaubte sie, ein Dämon starre ihr daraus entgegen, und die Angst schnürte ihr die Kehle so zu, dass sie nicht zu schreien vermochte. Vorsichtig tastete sie nach ihrer Wange und sah ihre eigenen Finger im Spiegel auftauchen. Es war ihr Gesicht, welches sie sah, und es bestand nur aus blutenden Wunden. Dort, wo der dickste Teil der wurmähnlichenNarbe gesessen hatte, klaffte ein schwärzliches Loch, durch das sie den Knochen sehen konnte, und als sie an sich herabblickte, stellte sie fest, dass auch ihre Brüste wie zerfleischt wirkten.
    Sie verlor den Boden unter den Füßen. So viel hatte sie über sich ergehen lassen, und nun sah sie nicht einmal mehr menschlich aus. Es war, als sei sie in einen Alptraum geworfen worden, der niemals mehr enden würde. Da breitete sich ein gnädiger Schleier über ihrem Denken aus, und etwas in ihr flüsterte ihr zu, die Wunden müssten nur verheilen, dann würde alles gut. Obwohl ein Teil in ihr wusste, dass ihre Schönheit unwiederbringlich verloren war, klammerte sie sich an diese Hoffnung. Wie stark der Zauber dieser Hexen wirkte, merkte sie ja daran, dass sie kaum Schmerzen empfand.
    Ihr Magen lenkte sie ab, denn er schien mit einem Mal zu kochen, und sie stieß hallend auf. Danach ging es ihr ein wenig besser. Nun spürte sie, wie durstig sie war, doch es gab nur das Wasser in der Waschschüssel, und das war so dreckig und stinkend, dass es ihr den Atem verschlug. Schwankend und über ihre eigenen Beine stolpernd ging sie zu der Tür, die in den Flur führte, und versuchte, sie zu öffnen. Doch ihre Kraft reichte dazu nicht, und sie rief krächzend um Hilfe. Doch erst, als sie aus lauter Verzweiflung gegen das Holz schlug, tat sich draußen etwas.
    Eine der Mägde öffnete und prallte mit schreckgeweiteten Augen zurück. Da wurde es Ehrentraud bewusst, dass sie nicht nur entsetzlich aussah, sondern zudem auch noch nackt war.
    »Bring mir etwas zu trinken!«, flehte sie die Frau an. Sie hatte das Gefühl, als würde sie schreien, doch sie verstand kaum ihre eigenen Worte. Die Magd aber hielt sich die Ohren zu und rannte davon. Gleichzeitig kam Johanna die Treppe herauf und sagte etwas, das Ehrentraud nicht verstand.
    »Was hast du gesagt?«
    »Brüll mich nicht so an!«, gab Johanna ärgerlich zurück. »Du hast uns Sorgen genug bereitet. Selbst die Schwarze wusste nicht, ob du noch einmal wach werden würdest. Aber du hast es geschafft.«
    Ihr Blick streifte dabei Ehrentrauds Gesicht, und in ihrer Miene machte sich jener faszinierte Abscheu breit, den Ehrentraud schon oft bei ihr wahrgenommen hatte, ohne ihn jedoch richtig deuten zu können. Nun begriff sie mit entsetzlicher Klarheit, dass Johanna in ihr nur eine Art grotesker Jahrmarktskreatur gesehen hatte, die man normalerweise für ein paar Groschen zur Schau stellte, und eine Sklavin zur Befriedigung ihrer Leidenschaften.
    Selbst diese Erkenntnis tat nicht mehr weh. »Ich hätte gerne etwas zu trinken«, erklärte Ehrentraud leise genug, um Johanna nicht erneut zu verärgern. Sie selbst verstand jedoch ihre eigene Stimme nicht mehr und begriff, dass die Tränke der Hexe sie fast taub gemacht hatten.
    »Lass dich ansehen!« Johanna rief einer anderen Magd, die neugierig um die Ecke blickte, zu, Wein oder Bier zu holen, und

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