Die Feuerbraut
konnte.
»Heute Abend gibt es eine Feier, musst du wissen. Du wirst dabei etliche Herren aus der Nachbarschaft kennenlernen. Vielleicht gefällt dir einer von ihnen«, erklärte sie fröhlich.
Irmela begann zu ahnen, dass ihr Aufenthalt auf dieser Burg nicht ganz so ruhig sein würde, wie sie erhofft hatte, ergab sich aber in ihr Schicksal. Nur eines wollte sie vorher noch klären. »Was macht ihr, wenn die Schweden kommen? Eure Mauern werden sie wohl kaum aufhalten können.«
Meinarda schlug heftig das Kreuz, als erschrecke sie allein der Gedanke. Dann aber sah sie Irmela lächelnd an. »Du brauchst keine Angst zu haben. Jenseits der Hügel fließt die Donau, und dort liegen mehrere Zillen für uns bereit. Sobald wir hören, dass die Schweden im Anmarsch sind, nehmen wir das Notwendigste mit und sind in wenigen Stunden in Wien. Dort werden unsere Truppen diese Ketzer wohl aufhalten können. Was Soliman der Prächtige nicht geschafft hat, wird auch dem Ochsenschädel nicht gelingen.«
»Ochsenschädel?« Irmela starrte die Freundin verständnislos an.
»Den Oxenstierna meine ich halt, den schwedischen Kanzler, der sich anmaßt, deutsche Fürsten wie Knechte zu behandeln. Dem werden wir schon heimleuchten, sage ich dir!« Meinarda antwortete so kämpferisch, dass Irmela sich fragte, ob ihre Freundin wohl selbst zur Waffe greifen würde, um sich und ihren Sohn gegen die Ketzer zu verteidigen. Diesen Gedanken schob sie rasch wieder beiseite und beschloss, auf Gott zu vertrauen und den Aufenthalt ebenso zu genießen wie die Tatsache, Helene und den beiden feindseligen jungen Damen in deren Gefolge fürs Erste entkommen zu sein.
XI.
Ehrentraud von Lexenthal hatte Mühe, ihren Magen unter Kontrolle zu halten, so stank es in der kleinen, verräucherten Stube, in die Helene sie hatte rufen lassen. Vor ihr stand die Schwarze Hexe wie eine monströse Krähe und beschmierte ihr das Gesicht mit einer braunen, stinkenden Salbe. Die Augen der alten Frau waren dabei unnatürlich geweitet, und ihre Stimme klang so dumpf, als spräche sie aus dem Grab heraus.
»Asmodi, Azathot, Azrael, segnet uns und verleiht uns die Kraft, unser Werk zu vollbringen. Lasst das narbige Fleisch dieser jungen Frau verschwinden und gebt ihr ihre einstige Schönheit zurück!«
»Asmodi, Azathot, Azrael, wir bitten euch, steht uns bei«, riefen Marthe und Santini wie aus einem Mund. Auch sie streckten nun ihre Hände aus und verstrichen übelriechendes Fett auf den Wangen der jungen Frau.
Ehrentraud wurde schwindelig, und sie hatte Mühe, sich nicht zu übergeben, doch man hatte ihr eingeschärft, dass sie die Zeremonie nicht unterbrechen dürfe, weil der Zauber sonst nicht wirken würde. Ihr Blick wanderte über die Hexen hinweg und blieb auf Helene und Johanna haften, die sich bis an die Wand zurückgezogen hatten und das Geschehen beobachteten. Sie hoffte auf eine aufmunternde Geste, doch die beiden blickten sie nicht an und verzogen auch keine Miene. Ehrentraud fragte sich, ob die Schwarze ihnen geboten hatte, ganz still zu sein und sich nicht zu rühren, oder ob der Schrecken über das gotteslästerliche Ritual sie hatte erstarren hatte.
Innerlich betete sie verzweifelt, das Tun der Hexen und des Magiers möge sie nicht die ewige Seligkeit kosten. Aber die Kunst der drei war der letzte Strohhalm, nach dem sie noch greifen konnte, denn all ihre Gebete an die Heilige Jungfrau, das Jesuskindund die vielen Heiligen hatten ihr nicht geholfen. Nach einer Weile aber hoffte sie nur noch, dass es bald vorbei sein möge und sie den beiden schrecklichen Weibern und dem Hexer entkommen konnte.
Die Schwarze, die keinen Namen zu haben schien, murmelte eine weitere Beschwörung und fuhr Ehrentraud mit einem Wieselschwanz durchs Gesicht. »Die Narben sollen vergehen, die alte Schönheit wieder bestehen!«
Sie klatschte die Hand auf die Wange mit dem stark verfärbten Wulst und grub dann ihre Fingernägel mit aller Kraft in das Narbengewebe, als wolle sie es herausreißen.
Ehrentraud schrie vor Schmerz auf, erhielt einen neuen Schlag mit der flachen Hand, und dann fuhr ihr die Schwarze mit der anderen Hand unter das am Hals offenstehende Hemd, das man ihr für die Zeremonie angezogen hatte, und fasste ihre linke Brust mit einem harten Griff.
»Ich spüre Asmodis Nähe, Azathots Anwesenheit und die Macht Azraels. Es wird uns gelingen!« Die Stimme der Hexe überschlug sich, und sie verdrehte die Augen, dass nur noch das Weiße zu sehen war.
»Die hohen
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