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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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erfahrener als dieses Küken, das sie in die Welt hinausbegleitet hatte.
    Irmela merkte den Unmut ihrer Zofe, wollte aber Fanny nicht mit Dingen belasten, die über deren Verständnis gehen mochten. Außerdem hatte sie anderes zu tun, als neugierige Fragen zu beantworten. Sie legte ein Blatt Papier bereit, tauchte die Feder in die Tinte und saß dann erst einmal still. Eigentlich hatte sie den Brief an Fabian schreiben wollen, doch der verehrte Wallenstein wie einen Vater, und sie hatte Angst, er würde sich voll und ganz auf dessen Seite schlagen, mochte dies auch Verrat am Kaiser bedeuten.
    »So geht es nicht! Die Situation muss Fabian eindringlicher erklärt werden, als ich es mit ein paar Zeilen vermag.« Irmela wollte bereits Kiermeiers Namen auf den Brief schreiben, erinnerte sich aber noch rechtzeitig daran, dass dieser ebenso wie Fabian durch Wallensteins Gunst aufgestiegen war. Damit blieb ihr nur noch Gibichen. Der war zwar auch von Wallenstein befördert worden, doch sie hielt ihn für vernünftig genug, alle Möglichkeiten zu bedenken, bevor er handelte. Außerdem hatte Gibichen Verwandte im Herzogtum Bayern und stand Wallenstein gewiss kritischer gegenüber.
    »Werter Freund!«, begann sie mit zierlicher, schnörkelloser Schrift. »Verzeiht, wenn ich Euch behellige, doch in Wien pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass Seine Gnaden, der Herzog von Friedland und Generalissimus der Reichsarmee nicht mehr das Vertrauen und die Gunst Seiner Majestät, des Kaisers besitzt. Aus diesem Grund erscheint es mir nötig, Euch und unseren gemeinsamen Freunden eine Warnung zukommen zu lassen, nichts Unbedachtes zu tun, sondern Eurem Gewissen und Eurem Verstand zu folgen.« Irmela setzte noch ein paar belanglose Sätze hinzu, dann faltete sie das Blatt und versiegelte es mit dem Ring, den bereits ihre Mutter für solche Zwecke benutzt hatte.
    Danach betrachtete sie den Brief lange und fragte sich, ob sie ihnwirklich abschicken sollte. Fabian, Gibichen und Kiermeier mussten eigentlich weitaus besser informiert sein als sie, und sie hatte Angst, sich vor den drei Herren zu blamieren.
    »Hätte Judith so gedacht, als sie zu Holofernes ging, oder Johanna von Orléans vor dem ersten Kampf mit dem englischen Feind, sähe die Welt wohl ganz anders aus als jetzt.« Mit diesen Worten kratzte sie allen Mut zusammen und läutete nach einem der Zimmermädchen.
    Als dieses verwundert über die späte Zeit, zu der sie gerufen wurde, erschien, drückte Irmela ihr den Brief in die Hand. »Bringe Sie dieses Schreiben dem Kastellan mit meinem Wunsch, ihn umgehend seinem Empfänger zukommen zu lassen.«
    »Gerne, Komtesse.« Das Mädchen, das nicht mehr als zwölf oder dreizehn Jahre zählen konnte, knickste verlegen und fragte sich, was es denn so Dringendes geben mochte, dass Komtesse Irmela den Brief noch zu so später Stunde abschicken wollte.

IV.
    Zur gleichen Zeit saß Graf Harlau in seinem Zimmer und starrte auf einen Brief, der mit schlechter Tinte geschrieben und mit einfachem Kerzenwachs gesiegelt war. Seit Tagen schon nahm er diesen Wisch immer wieder zur Hand und hatte ihn mittlerweile so oft durchgelesen, dass er den Inhalt auswendig kannte. Das Schreiben stammte von einem ihm unbekannten Hauptmann namens Heimsburg, der in Piccolominis Armee diente, und deutete in vorsichtig gewählten Worten an, dass ein Leutnant Birkenfels sich Harlaus Gemahlin in unziemlicher Weise genähert habe, ohne abgewiesen worden zu sein.
    Es hätte dieses Briefes nicht bedurft, um Harlaus Verdacht zuwecken. Auch wenn die Anstandsdame seiner Frau in Pilsen krank gewesen war, hatte sie ihre Augen und Ohren offen gehalten und ihm berichtet, Stephanie habe eine übertriebene Vorliebe für einen jungen Offizier entwickelt. Heimsburgs Schreiben bewies ihm zudem, dass das Verhalten seiner Gemahlin auch anderen aufgefallen war. Nun würde er sich wohl zeit seines Lebens mit der Frage herumschlagen müssen, ob das Kind, das sie unter dem Herzen trug, das seine war oder nicht.
    »Ausgerechnet dieses Nichts von einem Niemand musste es sein!« Wütend starrte er auf Heimsburgs Zeilen. Der Tonfall, in dem dieser ihm geschrieben hatte, verriet, dass der Absender eine Belohnung von ihm erwartete. Doch wie sollte er einen Mann belohnen, der ihm mitteilte, dass er zum Hahnrei geworden war, und der diese Tatsache jederzeit weitererzählen konnte?
    Harlau ballte die Fäuste. Auf seine Ehre durfte kein Schatten fallen, und er beschloss, die Wirren, die

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