Die Feuerbraut
würde es ihm außerdem erleichtern, seine Töchter an den Mann zu bringen.
»Wenn Ihr erlaubt, würde ich die Zeit bis zu Eurer Rückkehrauf Burg Rain verbringen. Freiin Meinarda ist eine gute Freundin von mir, und ich …« Stephanie brach ab, da sie nicht wusste, wie sie ihre Bitte richtig begründen sollte. Ihr Mann war in Gedanken bereits bei Hofe. »Tut, wie Euch beliebt.«
Während ihr bisheriger Gastgeber nicht wusste, ob er erleichtert oder enttäuscht sein sollte, rief Stephanie nach ihrer Zofe und befahl ihr, alles für die Weiterreise zu packen.
Harlau deutete eine Verbeugung vor Stephanie an und wandte sich seinem Gastgeber zu, ohne sie weiter zu beachten.
V.
Diesen Weg hätte Helene von Hochberg höchstens ihrer schlimmsten Feindin gewünscht, doch ihr blieb nichts anderes übrig, als ihn selbst zu gehen. In ihren Gedanken verfluchte sie die Schwarze Hexe, Marthe und Santini, die sie in diese entsetzliche Situation gebracht und sich umgehend aus dem Staub gemacht hatten. Sich selbst verschonte sie ebenso wenig, war sie doch viel zu leichtgläubig gewesen. Nach dem Opferritual und der großen Beschwörung hatten die beiden Hexen und der Magier Stein und Bein geschworen, der Zauber wäre gelungen und Ehrentraud in einen tiefen, magischen Schlaf gefallen, aus dem sie in alter Schönheit wieder erwachen würde.
Helene hatte ihnen geglaubt und das Offensichtliche selbst dann noch nicht akzeptieren können, als es nicht mehr zu leugnen gewesen war. Im Gegensatz zu ihr hatte das Hexengesindel den Braten gerochen und war am nächsten Tag nicht mehr aufzufinden gewesen.
Nach der Flucht der drei hatte Helene die Augen nicht mehr davor verschließen können, dass Ehrentrauds toter Leib bereits in Verwesung übergegangen war, und hatte die junge Frau in einerPanikreaktion begraben lassen. Erst ein paar Tage später war ihr der Gedanke gekommen, dass Lexenthal seine Nichte wohl in der Familiengruft beisetzen lassen wollte.
Sie hatte behauptet, Ehrentraud sei der Pest zum Opfer gefallen, die sich immer weiter ausbreitete. Allerdings hatte es gerade zu diesem Zeitpunkt um Passau herum keinen Ausbruch der Seuche gegeben, und daher erschien es zweifelhaft, ob der Prior sich mit dieser Erklärung zufriedengeben würde.
Entsprechend nervös stieg Helene die Treppe der fürstbischöflichen Residenz hoch und spürte zum ersten Mal ihr Alter. Das ärgerte sie, denn bis jetzt hatte sie sich für so agil wie ein junges Mädchen gehalten. Seit die Sorgen jedoch überhandnahmen, musste sie ihren Lebensjahren Tribut zollen. Andererseits spielte es ihr jetzt vielleicht in die Hände, dass sie müde und erschöpft aussah, denn das würde der Trauer um Ehrentraud, die sie dem Prior vorzuspielen gedachte, eine glaubhafte Note verleihen.
Vor dem Eingangsportal trat ein Diener auf sie zu und musterte sie hochnäsig. Besucher, die nicht sechsspännig vorfuhren, schienen unter seiner Würde zu sein. Doch Irmelas Vermögensverwalter hatten ihre Bitte, ihr ein standesgemäßes Auftreten zu ermöglichen, stets abgelehnt, und das Geld, welches sie aus ihren Geschäften mit Steglinger zog, wollte sie nicht für Äußerlichkeiten opfern, sondern für neue Einlagen, die ihr zu größerem Reichtum verhelfen sollten.
»Ich wünsche, den höchstehrwürdigen Herrn Prior Xaver von Lexenthal zu sprechen!« Was Arroganz betraf, vermochte Helene jeden Lakaien auszustechen. Der Mann zuckte ein wenig zurück, denn Lexenthal war nicht gerade für seine Freundlichkeit bekannt, und die Besucher, die er empfing, stammten zumeist aus höchsten Kreisen. Erst als Helene im Vorzimmer ihren Mantel ablegte, nahm der Lakai wahr, dass ihr Kleid aus bestem Stoff und nach der neuesten Mode gefertigt war.
»Wen darf ich dem Herrn Prior melden?«, fragte er um einiges devoter.
»Gräfin Helene von Hochberg«, gab Helene forsch zurück. So mutig, wie sie sich gab, fühlte sie sich jedoch bei weitem nicht. Was war, wenn Portius, der während der Beschwörung geflohen sein musste, nicht im Wald umgekommen war, wie von ihr erhofft, sondern Lexenthal aufgesucht und ihm von den Teufelsanbetern und ihrem Treiben berichtet hatte? Der Prior war als scharfer Feind des Hexenunwesens bekannt und würde mit Sicherheit eine Untersuchung einleiten.
Der Gedanke verlieh Helene seltsamerweise neue Zuversicht. Würde Lexenthal wissen, was geschehen war, hätte er längst gehandelt. Sie musste einfach fest bei der Aussage bleiben, die Pest hätte Ehrentraud hinweggerafft, und
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