Die Feuerbraut
an seinen Empfänger weiterleiten lassen?«
»Das tue ich gerne.« Herr von Rain neigte kurz den Kopf und sagte sich, dass Meinarda das Mädchen bald wieder einladen musste. Mit einem Seufzer nahm er Siegmar auf den Arm, um diesen wieder in die Obhut seiner Kinderfrau zu geben.
Irmela eilte unterdessen in ihre Kammer und wies Fanny an, die gerade eine Reisekiste packte, ihr Papier, Tinte und Feder zu bringen. »Was nicht noch alles?«, stöhnte die Zofe, bequemte sich aber, die Kiste stehen zu lassen und das Schreibzeug zu holen.
»Ihr wollt wohl Eurem Verlobten von Eurer Weiterreise berichten«, mutmaßte sie, erhielt jedoch keine Antwort.
Während Irmela ihren Landesherrn in gezierten Worten bat, sich am Wiener Hof für sie zu verwenden, dachte sie an Fabian und Gibichen und hoffte, dass es beiden gut ging. Zuletzt wanderten ihre Gedanken zu Helene und Johanna, und sie fragte sich, was die beiden in der Zwischenzeit alles getrieben haben mochten.
XX.
Helene von Hochberg stieg aus ihrer Kutsche und sah sich um. Auf dem höchsten Punkt der Landzunge, die vom Zusammenfluss von Donau und Inn gebildet wurde, hatte sie eine gute Sicht auf den prachtvollen Dom und die reich verzierten Patrizierhäuser. Diese kündeten von den Vermögen, die unter der Herrschaft des Krummstabs in dieser Stadt erworben worden waren. Der große Krieg, der seit Jahren viele Teile des Reiches verheerte, hatte auch hier starke Einbußen für den Fernhandel mit sich gebracht, doch einigen Kaufherren war es gelungen, ihren Besitz mit Heereslieferungen zu mehren. Einer der erfolgreichsten war Rudolf Steglinger, der inzwischen das Bürgerrecht der Stadt Passau erhalten und eines jener prachtvollen Häuser erstanden hatte. Helene hätte weniger als hundert Schritte gehen müssen, um vor dem Portal mit den aufwendigen Schnitz- und Steinmetzarbeiten zu stehen, aber derzeit war ihr Ziel die fürstbischöfliche Residenz.
Dies hinderte sie jedoch nicht, sich in Gedanken weiter mit Steglinger zu beschäftigen, und sie stellte sich vor, wie es sein würde, als Herrin in sein Haus einzuziehen. Bislang war der Heereslieferant all ihren Versuchen, ihn zur Heirat zu bewegen, geschickt ausgewichen, denn er hoffte immer noch, ihre Tochter zu ehelichen. Diesen Gedanken, das schwor sie sich, würde sie ihm gründlich austreiben. Dabei tastete sie nach dem Fläschchen,das sie in einer versteckten Tasche in ihrem Kleid mit sich trug. Es stammte noch von der Schwarzen Hexe, und sein Inhalt sollte deren Worten zufolge den Willen eines Menschen demjenigen unterwerfen, der ihm den damit versetzten Trank beibrachte. Helene hatte bisher nicht gewagt, dieses Mittel anzuwenden, doch inzwischen hatte sie sichere Nachricht erhalten, dass der Vatikan Rudolfs Ehe mit Walburga aufgelöst hatte. Jetzt wurde es Zeit, denn sie wollte nicht riskieren, dass Steglinger sich ein anderes Eheweib suchte, weil er Johanna nicht bekommen konnte.
Schritte auf dem Kiesweg ließen sie aufschauen, und sie sah Lexenthals Sekretär, einen jungen Mönch in einer langen, um seinen mageren Leib schlotternden Kutte auf sich zukommen. »Der hochehrwürdige Herr Prior hat nun Zeit, Euch zu empfangen.«
Helene neigte hoheitsvoll den Kopf, obwohl sie innerlich vor Anspannung zitterte, denn sie fürchtete das unberechenbare Wesen des Priors. Seine Botschaft hatte nur die kurze Aufforderung enthalten, ihren nächsten Besuch in der Bischofsstadt nicht allzu lange hinauszuzögern, da er sie zu sprechen wünsche, und nun fragte sie sich, ob er Dinge erfahren hatte, die ihr schaden konnten.
Mit starkem Herzklopfen trat sie hinter dem Mönch in einen dunkel getäfelten Raum. Nicht weit vom Fenster saß Lexenthal auf einem Stuhl mit hoher Lehne und wies den Sekretär an, seinem Gast einen Schemel zu besorgen. Helene wertete das als gutes Zeichen, denn das hätte er nicht getan, wenn er einen Verdacht gegen sie hegen würde. So fiel es ihr leicht, seinen Gruß demütig zu erwidern und die ihr hingestreckte Hand zu küssen.
Der Prior atmete tief durch und sah sie dann durchdringend an.
»Habt Ihr etwas Neues über die Hexe erfahren?«
Helene schüttelte den Kopf. »Nicht das Geringste, Euer Ehrwürden. Ich habe von dem Tag an, seit Irmela Passau verlassen hat, nichts mehr von ihr gehört.«
»Das ist bedauerlich, denn ich habe gehofft, Ihr hättet Nachricht von ihr erhalten. Immerhin seid Ihr die nächste Verwandte. Ich habe nur in Erfahrung bringen können, dass sie Pilsen wohlbehalten erreicht hat
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