Die Feuerbraut
Franz von Rain versucht hatte, ihn mit viel Geld abzuwerben. Der junge Offizier wollte einen Mohren in malerischer Tracht haben, mit dem er Eindruck schinden konnte und der ihm gleichzeitig den Burschen ersetzen sollte. Abdur fühlte jedoch wenig Neigung, erneut in türkische Kleidung gesteckt und wie eine Trophäe herumgezeigt zu werden. Seine jetzige Herrin hatte ihm als Erstes befohlen, sich wie ein Christenmensch zu kleiden, und daher unterschied er sich nur noch durch seine Hautfarbe von den Leuten in dieser Gegend und erregte weitaus weniger Aufsehen als früher.
»Fang an, alles vorzubereiten. Fanny soll dir helfen!«
Irmelas Anweisung ließ Abdur ein paar Fingerbreit wachsen. Es erfüllte ihn mit Stolz, von seiner Herrin mit Aufgaben betraut zu werden, die einem Reisemarschall angemessen waren, anstatt nach der Pfeife eines der vier anderen Männer tanzen zu müssen, die Steglinger der Komtesse mitgegeben hatte. Von diesen bemühte sich allerdings auch keiner, der Herrin mehr als notwendig zu Diensten zu sein. Noch mehr freute es Abdur, dass IrmelaFanny aufgetragen hatte, ihn zu unterstützen, und er beschloss, dies sofort auszunützen.
»Hast du dafür gesorgt, dass die Kleidung Ihrer Erlaucht jederzeit eingepackt werden kann?«
Fanny blies die Backen auf und blitzte ihn an. »Ich weiß selbst, was ich zu tun habe, du Kaminkehrer! Sieh lieber zu, dass du deine Suffköpfe ans Arbeiten bringst, sonst steht keine Kutsche bereit, wenn die Komtesse aufbrechen will. Also, husch ans Werk.« Dabei wedelte Fanny mit den Händen.
Diese Geste erinnerte Irmela so stark an das Verscheuchen eines aufdringlichen Huhns, dass sie sich ein Kichern verkneifen musste. »Du bist wirklich garstig gegen den armen Abdur! Was hast du gegen ihn?«, fragte sie, als der junge Mann das Zimmer verlassen hatte.
Ihre Zofe spitzte schnippisch die Lippen. »Gar nichts! Aber man muss diesem Rußfeger immer wieder einmal klarmachen, wo sein Platz ist.«
»Und wo wäre dieser deiner Ansicht nach?«
»Irgendwo ganz unten«, antwortete Fanny leichthin. Da begriff sie, was sie gesagt hatte, und blickte Irmela mit einem um Entschuldigung bittenden Lächeln an. »So ist Abdur ja ganz in Ordnung, und dumm ist er auch nicht. Es ist halt nur, weil er so schwarz ist. Na ja, so stark stört mich das auch nicht. Schließlich kann er nichts dafür.«
Dann siegte ihr Übermut über die Einsicht, und sie lachte hell auf. »Man muss den Mannsleuten doch zeigen, wer hier das Sagen hat, sonst denken sie noch wunder was, wer sie sind.«
Mit diesen Worten verschwand sie, um die Dienerschaft in der Burg aufzufordern, Irmelas Reisekoffer aus dem Speicher zu holen.
XIX.
Meinarda wirkte gekränkt, als Irmela sie informierte, dass sie bereits am nächsten Morgen aufbrechen wolle. »Muss es wirklich schon sein? Wir haben doch noch so viel zu tun, um Franz und seine Soldaten auszurüsten.«
Das klang so verärgert, dass Albert von Rain sich genötigt sah einzugreifen. »Aber meine Liebe, Irmela hat genug für Franz und sein Regiment getan, und er ist ihr dafür dankbar. Hast du Irmela übrigens schon das kleine Präsent überreicht, das Franz für sie geschickt hat?«
Bei diesen Worten wurde Meinarda rot. Das kleine Schmuckstück hatte ihr so gut gefallen, dass es in ihre eigene Schatulle gewandert war. Sie hatte Irmela ein anderes dafür geben wollen, es aber über all der Arbeit vergessen, und nun schämte sie sich.
»Ich hole es«, rief sie und verließ rasch den Raum.
Albert von Rain schüttelte lächelnd den Kopf. »Sie ist wohl etwas übereifrig, aber sie wünscht sich für meinen Franz nur das Beste. Sie wird ihm eine ebenso gute Ehefrau sein wie Walburga für mich.«
Ihm schien die Aussicht auf diese Ehe nicht weniger zu gefallen als Walburga, welcher der Aufenthalt auf Rain so guttat, dass sie um Jahre verjüngt wirkte. Hier hatte sie eine Aufgabe, und die bestand nicht nur aus der Leitung des Gutsbetriebs, sondern schloss auch die sanfte Führung ihres Zukünftigen mit ein. Albert von Rains jüngere Kinder waren ebenfalls zufrieden mit ihrer neuen Mutter, obwohl sie deren liebevolle, aber auch feste Hand bereits jetzt zu spüren bekamen. Auch der kleine Siegmar lehnte sich inzwischen mehr an Walburga an als an seine Mutter. Walburga verdonnerte ihn nämlich nicht dazu, Garn zu sortieren und andere eher weibliche Arbeiten zu verrichten. Der Jungesah sich bereits als großer Krieger, der den bösen Schweden all das Unheil, das sie über seine
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