Die Feuerbraut
fälligen Auseinandersetzung mit ihrer Stiefgroßmutter stellen müssen, und davor fürchtete sie sich. Von Gibichen, der noch immer in Wien weilte, hatte sie einen Brief erhalten, in dem stand, dass Walburgas früherer Ehemann Rudolf Steglinger in Helenes Namen nach ihrem Vermögen griff und dabei versuchte, sich als ehemaliger Untertan Pfalz-Neuburgs die Unterstützung des Herzogs Wolfgang Wilhelm zu sichern.
Irmela war so in ihre Überlegungen verstrickt, wie sie sich verhalten sollte, dass sie die Person nicht bemerkte, die ganz in ihrer Nähe hinter einem Gitterwerk hockte und die Zeremonie verfolgte.Es handelte sich um Xaver von Lexenthal, der am Vorabend eingetroffen war und Irmela hasserfüllt anstarrte. Am liebsten hätte er sie auf der Stelle verhaften lassen, doch der Abt hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass er eine Störung der Hochzeitszeremonie nicht zulassen würde.
Lexenthal hätte Daniel von Rain für seine Weigerung am liebsten in Fesseln schlagen lassen, doch dieser besaß als Hausherr nun einmal die Macht in diesem Kloster, und er konnte sich keinen Affront gegen einen höher gestellten Kirchenmann leisten. Daher tröstete er sich mit der Vorstellung, dass er am nächsten Tag, wenn sein Sekretär mit den angeforderten Soldaten hier erschienen war, durchgreifen und die Hexe dingfest machen konnte.
Trotz dieser Gewissheit fiel es ihm schwer, mit ansehen zu müssen, wie die junge Hexe keine zehn Schritte von ihm entfernt scheinbar andächtig der Trauzeremonie folgte und anschließend die Braut küsste. Am liebsten hätte er sie gepackt und ihr ins Gesicht geschrien, welch verworfenes Geschöpf sie sei, wie sie hier Freude heuchelte und dabei Böses ausbrütete. Eingehüllt in ein Gespinst aus Hass und der Verzweiflung über Ehrentrauds Tod nahm der Prior das Ende des Hochzeitsgottesdienstes gar nicht wahr. In seinen Ohren hallten noch immer die längst verstummten Lieder der Sängerknaben des Klosters, und als er sich schließlich aus der Enge seines Verstecks befreite, stöhnte er auf, denn der Rücken tat ihm weh, und sein rechtes Bein war wie taub.
»Das muss die Hexe gewesen sein! Sie weiß, dass ich hier bin.« Lexenthal packte die Angst, Irmela könnte ihm entkommen, und er hielt einen der Mönche auf, die den Hochzeitsschmuck im Kirchenschiff entfernen sollten.
»Wo ist der ehrwürdige Vater Daniel?«
»Hier bin ich!« Der Abt war in die Kirche getreten und fandLexenthal in einem Zustand vor, der ihn kaum mehr zurechnungsfähig erscheinen ließ.
»Beruhigt Euch, Bruder!«, sagte er, doch Lexenthal schüttelte wild den Kopf.
»Die Hexe muss sofort gefangen genommen werden, sonst entkommt sie uns noch.«
Daniel von Rain wusste nicht so recht, was er von Lexenthals Anschuldigungen halten sollte. Er hatte Irmela in den Wochen, die sie auf Rain geweilt hatte, recht gut kennengelernt und nichts entdeckt, das auf ein böses Gemüt oder gar Hexenwerk hingedeutet hätte. Dennoch musste er die Anklage des Priors ernst nehmen. Der Teufel verlieh denen, die ihm besonders teuer waren, ein angenehmes Äußeres und ein einnehmendes Wesen, damit sie in seinem Sinne die Menschen verderben konnten.
»Wenn Ihr es wünscht, werde ich Schloss Rain überwachen lassen!« Das war das einzige Angebot, welches er Lexenthal im Augenblick machen konnte, doch dieser fuhr herum, als hätte ihn die Natter gestochen. »Vermögen Eure Leute der Hexe auch in die Lüfte zu folgen, wenn sie einen Besen ergreift, um zu ihrem höllischen Herrn zurückzukehren?«
»Nun, das nicht, aber …«
Der Prior ließ ihn nicht ausreden. »Ihr habt das Wirken dieser Teufelshexe nicht erlebt! Ich aber musste zusehen, wie meine Nichte durch sie in die Grube gefahren und eine Beute Satans geworden ist. Bei Gott, ich wünschte, ich wäre für Ehrentraud gestorben!«
»Aber Bruder, so dürft Ihr nicht denken!« Der Abt ahnte nichts von den Selbstvorwürfen, die Lexenthal sich machte, weil er Ehrentraud als Spionin gegen Irmela eingesetzt hatte. Er beschloss, den Bruder Apotheker zu bitten, seinem Gast einen Trank zuzubereiten, der diesen beruhigen und in der Nacht schlafen lassenwürde. Sein Vater und Walburga sollten ungestört Hochzeit feiern können. Daniel von Rain wusste aber auch, dass er am nächsten Tag nicht umhinkommen würde, Irmela von Hochberg festsetzen zu lassen. Lexenthal war entschlossen, das teuflische Treiben dieses Mädchens aufzudecken, und er durfte sich selbst und sein Kloster nicht dem Verdacht
Weitere Kostenlose Bücher