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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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aussetzen, einer Hexe helfen zu wollen.

SIEBTER TEIL

Die Feuerbraut

I.
    Irmela wachte am späten Vormittag mit dem Gefühl auf, ihr Kopf müsse jeden Augenblick platzen. Mühsam erinnerte sie sich an Albert von Rain, der seine Hochzeit mit Walburga kräftig gefeiert und dabei die Gäste immer wieder dazu angehalten hatte, mit ihnen anzustoßen. Sie selbst hatte ein paar Gläser Wein mehr getrunken, als sie gewohnt war, und bekam nun die Folgen zu spüren. Ihr war übel, und sie fragte sich, was Menschen daran finden mochten, sich zu betrinken, wenn das Erwachen am nächsten Tag so unangenehm war.
    »Na, endlich ausgeschlafen?« Fanny steckte den Kopf zur Tür herein, nahm Irmelas elenden Zustand wahr und seufzte. »Wenn Ihr den Wein nicht vertragt, solltet Ihr ihn lieber aus dem Leib lassen. Ich musste Euch in der Nacht zu Bett bringen wie ein kleines Kind. Ihr konntet Euch nicht einmal mehr selbst zudecken.«
    »So schlimm war es gewiss nicht.« Irmela stöhnte, denn Fannys Stimme stach ihr wie Messerspitzen ins Gehirn.
    »O doch! Ich war schon kurz davor, Abdur zu bitten, mir zu helfen, Euch ins Zimmer zu bringen, denn ich musste Euch halb tragen.« Fanny klang ein wenig beleidigt, denn sie hatte eigentlich Dank für ihre Mühen erwartet. »Frau Meinarda und Walburga sind schon lange wach und haben bereits gefragt, wo Ihr so lange bleibt.«
    Irmela quälte sich aus dem Bett und sah sie mit weit aufgerissenen Augen an. »Sag bloß, ich soll heute sticken?«
    »Davon haben sie nichts gesagt. Sie wollten nur wissen, wie es Euch geht.«
    »Scheinheilige Biester! Die haben mich doch zum Trinken überredet. Ich wollte ja gar nicht. Hast du das Waschwasser dabei?«
    Der abrupte Themenwechsel überraschte Fanny wenig. Sie kannte ihre Herrin und deren kleine Schwächen gut und wusste damit umzugehen. »Eine Magd bringt es gleich. Ich wollte zuerst die Kleider herauslegen, die Ihr heute tragen werdet.«
    »Nimm ein düsteres, am besten ein Büßergewand«, stöhnte Irmela, der noch übler zu werden begann. »Ich weiß nicht, was Herr von Rain sich denkt, seinen Gästen so schlechtes Zeug vorzusetzen. Da muss sich einem ja der Magen herumdrehen.«
    »Andere vertragen es halt«, spottete Fanny, um sofort wieder ernst zu werden. »Am besten, Ihr lasst das Trinken in Zukunft sein, da es Euch nicht bekommt. Ich bin ohnehin der Ansicht, dass Wein nur etwas für Männer ist, auch wenn die nach zu viel Trinken ihre Beherrschung verlieren und eher Tieren gleichen als dem Ebenbild Gottes.«
    Die Zofe musste an den Bauern denken, den sie hätte heiraten sollen und der schon vorher von ihr Dinge verlangt hatte, die man der heiligen Kirche zufolge nur im Ehebett tun sollte. Der Mann war betrunken gewesen und hatte alle Hemmungen verloren. Fanny erinnerte sich nur noch mit Grausen an jene Nacht und war, wenn sie es recht bedachte, nun sehr froh, dass die Ehe wegen der entstellenden Verletzung, die sie sich kurz danach zugezogen hatte, nicht zustande gekommen war. Unbewusst berührte sie die Narbe mit den Fingerspitzen ihrer rechten Hand und wunderte sich, wie glatt und samtig die Stelle geworden war.
    »Bertram Lohner ist ein Meister seiner Kunst. Er hätte auch Fräulein Ehrentraud helfen können. Doch der war selbst das bisschen Schmerz bei der Operation zu viel.«
    Irmela begriff, dass ihre Zofe einem kaum nachzuvollziehenden Gedankensprung erlegen war, wie es ihr selbst häufig passierte, und lächelte trotz ihres schlechten Zustands. Dann musste sie an Ehrentraud denken und wurde wieder ernst. »Wie mag es ihr gehen?«
    »Wem?« Fanny riss verwundert die Augen auf, denn sie hatte ihre Worte bereits wieder vergessen.
    »Ehrentraud! Weißt du, es mag lächerlich klingen, aber ich mache mir Vorwürfe, sie mit Helene und Johanna allein gelassen zu haben. Ich traue den beiden zu, dass sie sie mit bösen Bemerkungen verletzen und schlecht behandeln.«
    Fannys wegwerfende Handbewegung fiel heftig aus. »Um die braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen. Helene kümmert sich wie eine Glucke um sie, weil sie sich das Wohlwollen des Priors Lexenthal erhalten will, und Johanna – nun, Ihr wisst ja selbst, was sie und Ehrentraud miteinander treiben.«
    In ihrer Stimme schwang abgrundtiefe Verachtung für das, was die beiden jungen Frauen taten. Es war eine Sünde, die ihnen gewiss etliche Jahrhunderte Fegefeuer einbringen würde. Von solchen Menschen musste man sich fernhalten, um nicht selbst beschmutzt zu werden. Aus diesem Grund war Fanny

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