Die Feuerbraut
Gastgeberin ihm eine goldene Brücke bauen wollte. Wenn er Irmela ihr überließ und die Hexe so bestraft wurde, wie die Äbtissin es vorgeschlagen hatte, würde auch ein so einflussreicher Herr wie Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg wenig dagegen tun können. Doch dazu war er nicht bereit. Noch während er nach Worten suchte, mit denen er der Äbtissin seine Ablehnung höflich, aber unmissverständlich klarmachen konnte, sagte er sich, dass er eher einen Scheiterhaufen mitten im Wald errichten und Irmela darauf verbrennen würde, als zuzulassen, dass die Hexe ihrem gerechten Schicksal entging.
VII.
Fabian und Gibichen wussten zuletzt nicht mehr, wie oft sie die offiziellen Gefängnisse, die Privatkerker der Klöster in der Stadt und der Umgebung und alle vorstellbaren Unterbringungsmöglichkeiten für Gefangene durchforstet hatten, ohne eine Spur von Irmela zu finden.
Inzwischen waren Stephanie, Heimsburg und Irmelas Gefolge in der Stadt eingetroffen. Albert von Rain hatte sich ihnen angeschlossen und unternahm nach einem Blick in die billige Herberge, in der Fabian und Gibichen hausten, gleich die nötigen Schritte, die Damen besser unterzubringen. Bald aber setzten sie sich zusammen und diskutierten die Frage, die sie alle bewegte: Wo war Irmela und wie ging es ihr?
Ludwig von Gibichen und Fabian mussten zugeben, dass sie nicht das Geringste erfahren hatten.
Während Stephanie hemmungslos weinte und Albert von Rain imaginären Gegnern mit wütenden Gesten die Hälse umdrehte, sah Fanny Abdur auffordernd an. »Was würdest du an der Stelle dieses Lexenthal tun?«
Der Mohr starrte Fanny verwundert an. »Woher soll ich das wissen? Ich stecke nicht in seiner Haut.«
»Versuch doch, dich in ihn hineinzudenken. Also, wenn ich Lexenthal wäre, würde ich …« Fanny stockte und hob die Hand. »Vielleicht tut er es sogar.«
»Was?«, fragten Fabian, Gibichen und Abdur fast wie aus einem Mund.
Die Zofe hob die Nase, als fühle sie sich in diesem Augenblick allen anderen überlegen. »Denkt nach! Als wir vor den Schweden aus Neuburg geflohen sind, wollte Lexenthal weiter nach Wien reisen. Doch schon nach kurzer Zeit ist er ganz in unserer Nähe in Passau aufgetaucht und dort geblieben. Wir glaubten, es geschähe aus Sorge um seine Nichte. Doch jetzt begreife ich, was er wirklich vorhatte. Er wollte meine Herrin nicht aus den Augen lassen! Meiner Ansicht nach wird er die Komtesse dorthin bringen, denn in Passau verfügt er über mehr Macht als anderswo.«
»Du meinst, er hatte es von Anfang an auf Irmela abgesehen?« Gibichen schüttelte ungläubig den Kopf.
Fabian stimmte der Magd heftig nickend zu. »Sie könnte recht haben! Vor über zwanzig Jahren hat ein Dominikanermönch versucht, Irmelas Mutter als Hexe verurteilen zu lassen, scheiterte jedoch an der Macht des Herzogs von Pfalz-Neuburg. Soweit ich gehört habe, soll es sich dabei um Lexenthal gehandelt haben. Könnte er sich an Irmela wegen der damaligen Niederlage rächen wollen?«
»Gebe die Heilige Jungfrau, dass du unrecht hast! Wenn Lexenthal nach so vielen Jahren noch auf Rache sinnt, wird er nicht eher ruhen, als bis Irmela tot ist.« Gibichen sprang auf und zog seinen Pallasch, als wolle er den Prior auf der Stelle erschlagen.
»Ich werde sie befreien oder bei dem Versuch zugrunde gehen!«Fabian trat an seine Seite und streckte ihm die Hand entgegen. »Wir werden Irmela gemeinsam befreien, mein Guter. Du glaubst doch nicht, dass ich die Freundin meiner Kindertage im Stich lasse!«
Gibichen blickte ihn vorwurfsvoll an. »Irmela ist, falls du dich noch erinnern kannst, auch deine Verlobte.«
Für ein paar Augenblicke herrschte unangenehmes Schweigen. Dann schüttelte Fabian sich wie ein nasser Hund. »Das ist ein weiterer Grund, dich nicht allein reiten zu lassen.«
»Ich komme mit!«, riefen Fanny und Abdur wie aus einem Mund, und Stephanie erklärte pathetisch, Irmela niemals im Stich zu lassen.
»Abdur kann mitkommen. Ihr anderen bleibt hier! Wenn wir Irmela finden und herausholen wollen, dürfen wir uns nicht mit Frauen und einem Kleinkind belasten.« Gibichen glaubte, damit sei alles gesagt, doch Fanny schüttelte energisch den Kopf.
»Mich braucht ihr! Ich bin die Einzige, die die Gegebenheiten in Passau aus eigener Anschauung kennt.«
Fabian machte eine abwertende Geste. »Die kann Abdur uns zeigen.«
»Der kennt nur Steglingers Haus! Ich aber habe Irmela und ihre Stiefgroßmutter auf jeder Fahrt in die Stadt begleitet und kenne auch
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