Die Feuerbraut
Haltung übertrug sich auf die Äbtissin, und diese wies mit zitternder Stimme ihre Mägde an, der Gefangenen keinerlei Freiheiten zu gestatten. »Säubert sie und sperrt sie gut ein!«
Dann deutete ihr dürrer Zeigefinger auf Lexenthal. »Ihr werdet mir berichten, was es mit dieser Hexe auf sich hat!«
Der Prior nickte, er wusste, dass er dieser Forderung würde nachkommen müssen. Mit angespannter Miene sah er zu, wie die vier grobschlächtigen Frauen Irmela packten und fortschleppten. Dann verbeugte er sich vor der Äbtissin und wurde von ihr zum Abendessen eingeladen.
»Heute werden meine Damen ohne mich der Abendmesse beiwohnen müssen. Oder wollt Ihr sie halten?« Sie sah Lexenthal fragend an.
Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Lasst dies nur Euren Prediger tun. Ich werde mich vor dem Zubettgehen ins Gebet versenken. Jetzt aber will ich Euch Rede und Antwort stehen.«
Während Lexenthal der Äbtissin ins Haus folgte, wurde Irmela wie ein Sack durch ein Seitentor und eine Treppe hinabgeschleppt. Sie musste an den Felsenkerker denken, in dem Stephanie und Fabian gefangen gehalten worden waren, und befürchtete, die groben Weiber würden sie ebenso tief in die Eingeweide der Erde tragen. Doch schon nach zwei Treppenabsätzen bogen sie in einen Gang ein, in dem ihre Schritte von den Wänden und der Decke widerhallten. Wenig später hörte Irmela, wie eine der Frauen mehrere Riegel zurückzog, und kurz darauf wurde sie wie ein Gepäckstück auf dem kalten Steinboden abgesetzt.
»Wir schneiden dir jetzt das Kleid vom Leib und waschen dich. Wage aber nicht, auch nur mit der Wimper zu zucken«, erklärte eine der Mägde.
Wie sollte ich das tun – mit verbundenen Augen?, fragte Irmela sich. Sie spürte, wie die anderen ihr Kleid straff zogen, und hörte, wie eine Schere den Stoff durchtrennte. Als man die Fetzen unter ihr weggezogen hatte, lag sie nackt und vor Kälte zitternd auf dem rauhen Steinboden. Die Frauen schienen sich die Arbeit so leicht wie möglich machen zu wollen, denn sie schütteten mehrere Eimer kalten Wassers über ihr aus und fuhren ihr mit einem rauhen Lappen zwischen die Beine. Dann wurde sie hochgezerrt, und ihre Handfesseln wurden gelöst. Zwei Mägde hielten sie so fest, als sei sie in Schraubstöcken eingezwängt, und eine Dritte streifte ihr ein härenes Hemd über den Kopf. Anschließend wurde sie wieder gefesselt und auf eine Strohschütte geworfen. Sie hörte, wie die Mägde den Keller verließen und ihn mehrfach verriegelten. Als die Schritte verhallt waren, gab es nur noch das Trippeln und Fiepen der Tiere, die diese Räume bevölkerten.
Noch nie hatte Irmela sich so elend gefühlt wie in dieser Stunde, und sie verfluchte Lexenthal, der ihr nicht einmal einen Schluck Wasser gönnte.
VI.
Unterdessen saß der Prior beim Mahl und berichtete seiner Gastgeberin von den Untaten, die er Irmela zuschrieb. Er tat es mit so feurigen Worten, als stände er bereits vor dem Tribunal, das sie verurteilen sollte, und erwartete Zustimmung und Lob für sein entschlossenes Handeln.
Doch als er sich seine Wut auf Irmela von der Seele geredet hatte, schüttelte die Äbtissin den Kopf. »Ihr spielt ein kühnes Spiel, mein Freund. Nicht wenige werden Euch vorwerfen, Ihr wollt an der Tochter Rache nehmen, weil Ihr der Mutter nicht habt schaden können. Es wird Eurem Aufstieg im Orden nicht dienlich sein.«
»Was kümmern mich Ordensränge! Ich will die Hochberg-Hexe brennen sehen, damit meine arme Nichte gerächt wird!«
»Es ist Gott, der urteilt«, mahnte die Äbtissin.
»Ich bin das Werkzeug seiner Rache. Er hat mir die Hexe in die Hand gegeben, damit sie ihre gerechte Strafe finden kann.« Lexenthal vergaß ganz, dass er als Gast in diesen Mauern weilte und nicht als Gebieter über das Kloster.
Die Äbtissin presste die Lippen aufeinander, wollte dann aber doch einen letzten Versuch wagen, dem fanatischen Ordensmann ins Gewissen zu reden. »Ich kann Euch nicht hindern, das zu tun, was Ihr im Sinn habt. Doch wie ich schon sagte, wird Eure Tat wenig Zustimmung finden. Man klagt keine Dame aus hohen Kreisen der Hexerei an! Derlei Dinge werden weitaus diskreter gelöst. Steckt das Mädchen in ein Kloster, in dem man es in einem Turm einmauert und nur eine kleine Klappe offen hält, durch die es zu essen bekommt. In dem Fall wird Euch niemand tadeln. Eine Komtesse Hochberg auf den Scheiterhaufen zu schicken benötigt mehr Mut, als ich aufbringen würde.«
Lexenthal spürte, dass seine
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