Die Feuerbraut
die bischöfliche Residenz.« Fanny unterschlug dabei, dass sie das Schloss nie betreten hatte.
Ihre Behauptung erzielte die gewünschte Wirkung, doch es war Gibichen, der eine Entscheidung traf. »Das ist gut! Du kommst ebenfalls mit, aber wir werden keine Rücksicht auf dich nehmen. Entweder du hältst dich auf einem Gaul, oder du bleibst unterwegs zurück.«
Seine Drohung verfing nicht. Fannys Gesicht glühte unternehmungslustig auf, und sie nahm Abdur nicht einmal die Bemerkung übel, er würde sie notfalls auf ihrem Pferd festbinden.
Während Fabian und Gibichen die Reiseroute festlegten, wechselten Stephanie und Dionysia von Kerling einen beredten Blick. Die beiden sahen gar nicht ein, weshalb sie brav in Wien bleiben sollten, während Irmela in höchster Gefahr schwebte. Sie würden den beiden Männern in der Kutsche folgen und hofften, Passau noch früh genug zu erreichen, um Irmela beistehen zu können. Nun blickten sie Hasso von Heimsburg, der sie begleiten und unterwegs beschützen sollte, auffordernd an. Er hatte ja schon angekündigt, Irmela retten zu wollen, um die versprochene Belohnung von ihr zu erhalten.
Als Heimsburg Zustimmung signalisierte, wurde es Frau von Kerling warm ums Herz, und sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln. In ihren Gedanken mischten sich die Gefühle für diesen Mann mit durchaus praktischen Erwägungen. Heimsburg war präsentabel, und die Belohnung mochte ihn in den Stand versetzen, an eine Ehe zu denken. Da sie sich Stephanies, aber auch Meinardas und Walburgas Schützenhilfe sicher sein konnte, glaubte sie erreichen zu können, dass er um ihre Hand anhielt. Sie schob ihre persönlichen Hoffnungen jedoch schnell wieder beiseite und gab Fanny noch einige Ratschläge, was diese unbedingt einpacken müsse, um Irmela nach der Befreiung mit Kleidung zu versorgen. Zwar ging nicht viel in die Satteltaschen hinein, die Fanny und Abdur mitnehmen konnten, doch Irmela sollte wenigstens halbwegs standesgemäß auftreten können.
Gibichens Überlegungen gingen weiter in die Zukunft. Wenn ihnen der Streich gelang und sie Irmela befreien konnten, würde ihrer aller Leben verwirkt sein. Er starrte eine Weile mit versteinertem Gesicht ins Leere und zog dann Fabian zur Seite.
»Ich hoffe, du hast begriffen, auf was wir uns einlassen! Wenn wir Irmela aus dem Kerker holen, müssen wir diese Landeschnellstens verlassen und zu den Protestanten fliehen. Ich weiß, wie sehr du die Schweden hasst, aber du wirst diesen Hass überwinden und notfalls an ihrer Seite reiten und kämpfen müssen. Bist du dazu bereit?«
Die Frage traf Fabian wie ein Faustschlag in den Magen, denn weiter als bis zu jenem Augenblick, in dem sie Lexenthal einholen und Irmela befreien würden, hatte er bislang nicht gedacht. Er sah Gibichen ein paar Augenblicke entsetzt an und nickte dann mit grimmiger Miene.
»Für Irmela würde ich in die Hölle gehen und mit dem Teufel paktieren!«
»Dann sind wir schon zwei! Lass uns noch unsere Sachen packen. Wenn morgen der Tag graut, will ich den Hufschlag unserer Pferde auf der Straße hören.«
VIII.
Lexenthal betrachtete seine Gefangene wie ein Habicht, der sich seiner Beute sicher ist. Irmela saß eingekeilt zwischen zwei derben Mägden, die die Äbtissin dem Prior zur Verfügung gestellt hatte, und dämmerte vor sich hin. Seit drei Tagen hatte sie weder etwas zu trinken noch etwas zu essen erhalten und war so schwach, dass sie ohne den Halt durch die Frauen nicht aufrecht hätte sitzen können. Auf diese Weise, so hoffte Lexenthal, war sie nicht mehr in der Lage, Schaden anzurichten. Dennoch blieb er auf der Hut. Möglicherweise täuschte sie ihren Zustand nur vor, um einen Augenblick der Unachtsamkeit abzuwarten, in dem sie fliehen konnte.
Einer der Mägde, einem flachsblonden Ding mit rundem Gesicht, war aufgefallen, wie der Prior die gefesselte Hexe anstarrte, und sie griff unter Irmelas Kinn und hob ihren Kopf hoch.»Wenn die Hexe auch heute nichts zu trinken erhält, wird sie die Nacht nicht überleben!«
Lexenthal biss sich auf die Lippen und streckte den Kopf durch die Fensteröffnung des Kutschenschlags. »Wie weit sind wir gekommen?«, fragte er einen der bewaffneten Begleiter.
»Wir haben Ybbs bereits passiert und nähern uns Bindenmarkt, hochehrwürdiger Herr!«
Eigentlich hatte Lexenthal in Amstetten übernachten wollen, doch das schien ihm nun zu riskant. »Können wir Ardagger erreichen?«
Der Reiter verzog missmutig das Gesicht, denn nach Ardagger
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